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Veranstalter Max Heckel über Bewährtes und Neues beim Festival "Folk in die Nacht!" am 30. August in Stendal "Vergesst mit uns eine Nacht den Alltag"

02.08.2014, 01:23

Am 30. August heißt es im Klostergarten wieder "Folk in die Nacht!". Donald Lyko sprach mit Veranstalter Max Heckel über die Vorbereitung und das, was die Gäste erwartet.

Volksstimme: Folk in die Nacht! erlebt in diesem Jahr die sechste Auflage. Was wird anders sein? Was bleibt?

Max Heckel: Als lokale Band wird wieder Nobody Knows auftreten. Konstant bleibt die Versorgung mit Speisen, Guinness und Wein, angeboten von den Partnern der Vorjahre. Neu wird sein, dass Bühne und Technik von Kupfermusik aus Salzwedel gestellt wird. In den vergangenen Jahren gab es hinsichtlich des Sounds immer "Beschwerden", aber mit Maik Rossat bin ich überzeugt, dass das dieses Jahr nicht der Fall sein wird. Dass das Feuerwerk wieder von Wild Pyros aus Tangermünde ausgerichtet wird, rührt daher, dass ich gern regionale Unternehmen mit an Bord weiß, und dass sie einfach eine Spitzenarbeit machen. Außerdem doppelt sich die Tanzgruppe Erin Circle, die 2013 auch mit dabei war.

Zum Neuen gehören aber die anderen Bands...

Richtig, die Bands haben sämtlich ihr Debüt beim Festival. No Cash habe ich als Rezensent für diverse Magazine kennengelernt. Sie touren nun durch Deutschland und haben von mir ein wenig Unterstützung erfahren. Außerdem bin ich ein großer Johnny-Cash-Fan und habe noch nie eine Band gehört, die derart nah ans Original heranreicht. The Irish Bastards habe ich bei einem Festival kennengelernt. Sie dürfen am Ende den sprichwörtlichen Sack zumachen und werden den Freunden des traditionellen Irish Folk zur Satisfaktion gereichen. Clonmac Noise haben sich bei mir beworben, und auch da stimmte der Ton, so dass wir zueinander gefunden haben. Mosaique werden mit ihrer Feuershow überzeugen - die ich insbesondere dafür schätze, dass sie kein Standardformat erfüllt, sondern beispielsweise bei der Musikauswahl (20er-Jahre-Musik) den Traditionen des Bekannten entsagt. Zu guter Letzt habe ich den Ballonkünstler Peter Dahlmann gebucht, der eine famose Pausenunterhaltung bietet, da er hunderte unterschiedliche Luftballonfiguren modellieren kann. Ich bin sehr gespannt, was die Besucher am Ende dazu sagen werden.

Wer entscheidet über das Programm? Setzen sich die Noboby-Knows-Mitglieder zusammen und stimmen ab?

Beim ersten Festival war das noch der Fall. In den Folgejahren habe ich dann das Konzept allein erstellt und den Kollegen präsentiert. Dann folgte zumeist Zustimmung. In diesem Jahr ist einiges anders, da ich das Festival allein, das heißt ohne die Kollegen von Nobody Knows, plane und veranstalte. Natürlich ist Gabriele Bark vom Altmärkischen Museum wieder mit dabei, aber das Festival ist planungstechnisch nun einzig in meiner Hand. Das bietet zwar auch Vorteile, zum Beispiel, dass ich ganz allein nach meinem Geschmack entscheiden kann. Das hat aber den enormen Nachteil, dass ich das finanzielle Risiko zur Gänze allein trage. Wenn das Festival also ein Flop würde,

müsste ich das restliche Jahr meine Schulden abbezahlen.

Bewerben sich mittlerweile Künstler für "Folk in die Nacht!", weil die Veranstaltung nicht nur in der Altmark einen Namen hat?

Ich bekomme pro Jahr etwa 80 Bewerbungen für dieses Festival. Von der Bewerbungsarbeit von Nobody Knows kenne ich es zur Genüge, dass man schaut, wer wo spielt und sich daraufhin bewirbt. Bisher sind fast 20 Acts bei den Festivals aufgetreten, so dass mit jeder hinzukommenden Band der Anteil der Bewerbungen, die

bei mir eingehen, wieder steigt. Wer am Ende genommen wird, entscheidet nicht nur mein musikalischer Geschmack, sondern insbesondere, wie sich das Miteinander mit den jeweiligen Musikern im Vornherein gestaltet.

Gibt es via Facebook, Gästebuch, E-Mails Vorschläge, welche Künstler eingeladen werden sollten?

In allen Formen. Als es noch eine Homepage zum Festival gab, die ich derzeit jedoch nicht pflegen kann, waren die lieblosen Bewerbungseingänge, das heißt CD und Visitenkarte, in einen Umschlag und dann ohne Schreiben an mich verschickt, sehr häufig. Da es die Seite aber derzeit nicht gibt, sind die Bewerbungen, die mich erreichen, mit einem nicht unerheblichen Aufwand verbunden, so dass die Lieblosigkeiten eklatant abgenommen haben. Ansonsten kriege ich natürlich viele Anregungen von Freunden und Bekannten, aber auch auf Festivals, bei denen wir sind.

Gibt es treue Fans, die seit Jahren von weit her zum Festival anreisen?

Derer gibt es sogar eine recht stattliche Zahl. Zu jedem Festival kommen Bandfreude aus Berlin, Bremen, Pforzheim, Halle und so weiter, was mich sehr erstaunt, weil die Anfahrt bei diesen Orten nicht zu unterschätzen ist. Im letzten Jahr hätte sich daraus beinahe ein Problem für mich ergeben, weil ich die Übernachtungszimmer für die Bands erst auf den sprichwörtlich letzten Drücker gebucht habe und beinahe alles ausgebucht war, was für mich in Frage kam.

"Folk in die Nacht!" hat sich zum Höhepunkt in Stendals Kultursommer entwickelt. Macht dies das Organisieren leichter oder erhöht es den Druck, dem Anspruch immer wieder gerecht zu werden?

Zum einen freue ich mich natürlich sehr über die Einschätzung des "Höhepunktes", weil das die viele geleistete und noch anstehende Arbeit, von der die meisten nichts wissen, auf eine Art und Weise ehrt, die mich wirklich hoch erfreut. Zum anderen erwächst aus einer Veranstaltungsreihe - auch wenn sie nur einmal jährlich stattfindet - immer ein gewisser Druck. Ein Gutteil der Anwesenden wollten dieses Jahr, wie in allen Vorjahren, die Cobblestones im Line-Up wissen. Ein anderer Teil hat sich eindeutig dagegen positioniert und sich mehr Abwechslung gewünscht. Bisweilen kriege ich auch vollkommen utopische Wünsche von Gästen, die mir Bands vorschlagen, die allein so viel kosten, wie ein ganzes Festival. Wie also soll ich einen Mittelweg finden? Ich bin, was

die Bands angeht, ein vollkommener Egoist und Unpragmat. Die Leute werden Bands und Acts sehen, die mir selbst gefallen - und nichts anderes. Im günstigsten Fall entspricht das dem, was sich die meisten Zuschauer wünschen, im ungünstigsten Fall "verliere" ich potentielle Zuschauer. Bisher hat das einigermaßen gut funktioniert, und ich hoffe sehr, dass das weiterhin der Fall sein wird. Der Druck ist also jedes Jahr da - aus Booking- und dieses Jahr eklatant aus Finanzperspektive.

Was wird Nobody Knows auf der Bühne spielen?

Am 30. August ist nicht nur mein Festival, sondern auch der Release-Termin für das neue Album von Nobody Knows, das unter dem Namen "Kleinstadtrhapsodien" veröffentlicht wird. Dieser Silberling ist nicht nur in der Hinsicht ein Novum, das erstmalig nur eigene Titel auf der Scheibe Platz finden, sondern auch hinsichtlich des Umstands, dass die CD ihrem Namen gerecht wird: Wir haben eine Hommage an unsere kleinstädtische Heimat produziert und dabei jede Menge Auftrittserfahrungen verarbeitet. Zeitgleich wird dazu ein Liederbuch von Nobody Knows veröffentlicht mit Noten und Texten der "Klassiker" unseres Programms, aber auch mit unsinnigen Unweisheiten aus 13 Jahren Bandgeschichte.

Auf welche Künstler freuen Sie sich selbst am meisten?

Das kann ich gar nicht mit Gewissheit sagen. Auf das Feuerwerk freue ich mich, weil es mit der Musik unseres neuen Albums unterlegt wird. Auf No Cash, weil ich Johnny Cash so sehr mag, und die Musiker, mit denen ich über die Distanz Spanien-Deutschland ein Album mitproduziert habe, zum ersten Mal sehen werde. Mit Dalli hatte ich bisher immer große Freude und bin gespannt, welche Luftballonfigur er mir machen wird. Clonmac Noise lerne ich auch erst in Echtzeit kennen, und The Irish Bastards machen einfach schöne Tanzmusik. Da sie als letzte Band auftreten, werde ich dann vor der Bühne tanzen und die Restfrüchte meiner Vorbereitungsarbeit genießen können. Ich freue mich auf das Willkommenheißen der Besucher - eigentlich auf alles. Ich kann nicht sagen, was mein persönliches Highlight sein wird, denn das ist eher das Zusammenspiel aller positiven Emotionen des Abends und des familiären Miteinanders an einem innerstädtischen Ort, der für mich eine Nacht lang mit einem emotionalen Zauber versehen sein wird. Um das Klischee zu bemühen: Das Ganze ist auch hier mehr als die Summe seiner Teile.

Gibt es noch Karten für das Festival?

Die gibt es noch. Ich hoffe jedoch, dass es wie in allen anderen Jahren, keine Tickets mehr an der Abendkasse geben wird. Da bin ich auch Egoist, denn alles, was vor dem Festival verkauft wird, mindert das Risiko eines finanziellen Desasters.

Wenn Sie mit einem Satz eine Einladung aussprechen dürften, wie würde die lauten?

a) Wer nicht kommt, ist nicht dabei.

b) Vergesst mit uns eine Nacht den Alltag.

So recht kann ich mich da nicht entscheiden!