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Stendaler Sparkassen-Skandal Staatsanwaltschaft Magdeburg lässt brisante Akten schreddern

In der juristischen Aufarbeitung des Stendaler Sparkassen-Skandals ist
es zu einer schier unfassbaren Panne gekommen. Die Staatsanwaltschaft
Magdeburg hat wichtiges Beweismaterial schreddern lassen.

23.09.2014, 16:23

Magdeburg l Die Abteilung Wirtschaftskriminalität der Magdeburger Staatsanwaltschaft ermittelt seit fast einem Jahr wegen des Verdachts der Untreue gegen den langjährigen Stendaler Sparkassen-Chef Dieter Burmeister, den ehemaligen Abteilungsleiter Gerhard U. und den Stendaler Bauunternehmer Hans-Joachim M. Es geht um zahlreiche Kompetenzverstöße, Scheinleistungen, Doppelrechnungen, Zahlungen "ohne sparkassenbetriebliche Veranlassung". Die Verfehlungen summieren sich auf einen Betrag von fast zwei Millionen Euro.

Zu Jahresbeginn hatte die Staatsanwaltschaft etliche brisante Unterlagen vorsorglich bei dem Kreditinstitut sichergestellt. Mitarbeiter beobachteten den diskreten Abtransport. Die Akten-Verlagerung aus der Altmark nach Magdeburg erfolgte nicht ohne Grund: In Sparkassen-Kreisen kursierte das Gerücht, dass vor Ort plötzlich Unterlagen aus Ordnern gefehlt hätten. Stendal galt als nicht mehr sicher, Magdeburg schon - ein Trugschluss.

Die Sache flog auf, als Ende voriger Woche, am 18. September, der Rechtsanwalt von Gerhard U. in der Asservatenkammer der Staatsanwaltschaft Einsicht in Akten nehmen wollte. Erst da wurde bemerkt, dass ausgerechnet am vermeintlich sicheren Ort wichtige Unterlagen verschwunden waren.

Der Sprecher der Magdeburger Staatsanwaltschaft, Frank Baumgarten, bestätigte am Dienstag der Volksstimme: "Einzelne Akten-Bestandteile sind vernichtet worden." Einzelne Aktenordner seien "versehentlich" an eine Berliner Entsorgungsfirma herausgegeben worden. Diese habe die Unterlagen "geschreddert und gewässert".

Nur einzelne Akten-Bestandteile?

Nach Volksstimme-Informationen wurden 63 Aktenordner mit Originalbelegen, vor allem von Bauunterlagen, vernichtet. Wegen eines Fehlers im System? Wegen der Schusseligkeit von Mitarbeitern? Vielleicht sogar absichtlich? Baumgarten sagte, es werde jetzt geprüft, was falsch gelaufen sei. "So etwas darf nicht passieren. Punkt. Aus." Er beteuerte: "Es sind keine Kernbeweismittel abhanden gekommen." Und: "Ich bin guter Hoffnung, dass die geschredderten Akten rekonstruiert werden können." Zugleich räumte der Oberstaatsanwalt mit Blick auf eine mögliche Anklage ein, es drohe die Gefahr, dass Ermittlungsergebnisse angezweifelt werden könnten.

Eine Sprecherin des Justizministeriums fordert eine zügige Aufklärung. Sie sprach von einem "bisher einmaligen Fall" in Sachsen-Anhalt.