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Sparkassen-Prozess Aufträge in Stendal nach "gefühlsmäßiger" Prüfung

Von Donald Lyko 23.10.2014, 03:04

Stendal (dly) l Dächer als Regenschutz über dem Personal- und dem Kellereingang der Schönhauser Geschäftsstelle; Abdichtungsarbeiten im Kellerraum der Filiale Schollene - zwei Baumaßnahmen der Sparkasse Stendal, mit denen sich am Mittwoch einmal mehr die Zivilkammer 1 des Landgerichtes Stendal beschäftigt hat.

Es geht - wie bei einem zweiten laufenden Prozess in derselben Konstellation - um Geld. Geld, das Bauunternehmer Hans-Joachim M. von der Sparkasse haben möchte für erbrachte Leistungen. Das die Sparkasse aber nicht zahlen oder mit Forderungen ihrerseits (Stichwort Schadensersatz) verrechnen möchte, weil ihrer Ansicht nach ein Teil der Arbeiten nicht erbracht worden ist, konkret im Schollener Filialkeller. Um Licht in den Streitfall zu bringen, wurden gestern vier Zeugen gehört. Ihre Aussagen sollten Antworten geben auf die zentralen Fragen: Wer hat wem in welcher Form die Aufträge erteilt? Wurden die Aufträge wie abgesprochen ausgeführt?

Angebote entsorgt

Fall Schönhausen: Der Bauunternehmer schilderte, wie er bei zwei Vor-Ort-Terminen mit Gerhard U., dem damals bei der Sparkasse zuständigen Abteilungsleiter, die Arbeiten besprochen habe. Bei einem dritten Treffen habe er das Angebot an U. übergeben, erklärte M. Dabei habe der Abteilungsleiter ihm gleich mündlich den Auftrag erteilt. Dieses Vorgehen bestätigte U. gestern. Bei der Auftragsvergabe habe er aber klar gesagt: Die Summe des Angebotes gilt als Festpreis. "Ich wollte keine Nachforderungen", erklärte er, denn bei vorhandener Bausubstanz könne während der Arbeiten immer etwas Ungeplantes auftreten. Nicht nachvollziehbar sei dann, so ein Einwand des Gerichtes, warum es bei vereinbartem Festpreis Rechnungen mit Einzelposten gibt. Gerhard U.: "Ich wollte sehen, ob die Rechnung mit dem Angebot identisch ist."

Als dann die Abrechnung vorlag und die Summe dem Angebot entsprach, habe er aus seinen Unterlagen die Angebote entsorgt. Warum hebe er diese nicht für eine spätere Gewährleistung auf?, fragte Landgerichtsvizepräsidentin Haide Sonnenberg als Vorsitzende Richterin der Kammer. Antwort: Weil er ja die Rechnung habe. Und warum hat er die Festpreisabsprachen nicht vermerkt? Gerhard U.: "Weil ich es ja wusste."

Fehler in Rechnungen

Andere Angebote als das von Bauunternehmer M. habe er nicht eingeholt. Bei Investitionen unter 10000 Euro sei das seit Jahren die Praxis gewesen, erklärte U., dann wurden gelistete Firmen beauftragt - auch andere als die von M. Geprüft habe er das Angebot für Schönhausen "gefühlsmäßig", erklärte der Ex-Abteilungsleiter. Im Laufe der Berufsjahre habe er ein Gefühl dafür entwickelt, "ob die Flächen und die Preise passen", zudem habe er sich an Ausschreibungen von Architekten orientiert. Dass in der Endrechnung noch eine Bauvariante steht, die schon beim zweiten Vor-Ort-Treffen verworfen worden war, habe er wohl "übersehen". Er habe zwar Management-Lehrgänge besucht, erklärte der Bauingenieur, aber fachlich sei er nicht ausgebildet worden, Kalkulationen zu prüfen. Das Ergebnis: In den separaten Rechnungen für die Regenschutzdächer sind beide mit einer Fläche von zwei mal drei Metern ausgewiesen, obwohl sie unterschiedlich groß sind. Und für das sogar kleinere Dach wurde auch noch eine höhere Summe berechnet. Das sei nicht "plausibel" und vermutlich eine Verwechslung, erklärte U.

Am 12. November will die Kammer ihre Entscheidung in diesem Streitfall verkünden.