1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Stendal
  6. >
  7. Schwieriges Gelände im Auto-Sumpf

Sparkassen-Skandal Schwieriges Gelände im Auto-Sumpf

Wie viele Dienstwagen fuhr der Ex-Vorstandschef der Kreissparkasse
Stendal parallel? Was macht ein Kreditinstitut mit einem Oldtimer? Wozu
wurde ein Groß-Traktor eingesetzt? Diese Fragen standen am Dienstag im
Mittelpunkt des Schadensersatz-Prozesses der Sparkasse gegen Ex-Chef
Dieter Burmeister.

05.11.2014, 01:09

Stendal l Wozu brauchte die Sparkasse den gediegenen Geländewagen vom Typ Mercedes ML 270? Und den auch noch mit Anhänger-Kupplung. Ein ehemalige Fahrer des Kreditinstituts auf die Frage von Richterin Elisabeth Nortmann nicht verlegen: "Für schwieriges Gelände. Wir sind eine ländliche Region. Für Kundenbesuche bei der täglichen Arbeit - etwa bei Landwirten - kann man ihn gut nutzen." Damit sorgte der 58-Jährige zumindest für Lacher im Publikum.

Ansonsten kämpfte sich Nortmann selbst gestern den ganzen Vormittag über fünf Stunden mit acht Zeugen durch ein zähes Terrain. Im Sitzungssaal 122 des Landgerichtes kamen dabei durchaus unterschiedliche Versionen.

Wieviele Dienstwagen waren auf Dieter Burmeister zugelassen? Offiziell nur einer - anderes lässt die Steuerregelung ohnehin nicht zu. Doch wie viele Wagen nutzte er? Darüber gingen die Aussagen gestern auseinander.

Der für den Fuhrpark zuständige Abteilungsleiter Gerhard U., der selbst in anderen Verfahren als Beschuldigter vor Gericht steht, führte aus, dass der Ex-Chef einen Wagen aus dem Fuhrpark nur genutzt habe, wenn sein Auto in der Werkstatt gewesen sei.

Marketing ohne die zuständige Abteilung

Die Schilderungen von drei Fahrern zeichneten an dem Vormittag indes ein ganz anderes Bild. Einer sagte: "Es gab einen Wagen für die Fahrten nach Hause. Und einen für Fahrten zu Beratungen und Kongressen, die weiter entfernt waren - dafür gab es den etwas schöneren und besseren aus der Garage." Dieser sei jedoch auch von anderen Vorstandsmitgliedern mitgenutzt worden, bestätigten alle drei. Dabei handelte es sich unter anderem um einen Mercedes E 500.

Interessante Versionen gab es auch zum Kauf des Oldtimers Austin Seven Ruby aus dem Jahr 1937. Gerhard U. versuchte mehrfach die Wirksamkeit des bordeaux-roten Oldtimers für Marketingzwecke hervorzuheben.

Das hatte zuvor der für das Marketing zuständige Vertriebsleiter jedoch vehement bestritten. "Zum Zeitpunkt der Anschaffung hatte ich keine Idee, wie der Wagen zu nutzen war." Der von Burmeister in Hamburg persönlich ausgesuchte Wagen sei auch von seiner Abteilung nie eingesetzt worden, war aber seiner Kostenstelle zugeordnet.

Einen werbewirksamen Auftritt hatte der Austin - und das ausgerechnet in Arendsee, also außerhalb des Sphäre der Stendaler Sparkasse.

Dort eröffnete das Schmuckstück mit Gerhard U. als Beifahrer eine Oldtimer-Rallye. Der Fahrer erinnert sich: "Wir hatten die Startnummer 1. Es war schon lustig für Herrn Burmeister, dass er die Rallye im Geschäftsgebiet der Sparkasse Altmak West eröffnet hat." Gestern guckten nach diesem Satz Burmeister und sein Anwalt Gerald Zimmer jedenfalls eher etwas gequält.

Unterschiedliche Versionen gibt es auch zum Sinn und Zweck der Anschaffung eines Groß-Traktors der Marke Kioti. Er war nach dem schneereichen Winter 2010 gekauft worden, insbesondere um das Sparkassen-Gelände an der Arneburger Straße freizuräumen. "Zum Kehren und Rasenmähen war er eher ungeeignet", sagte der heutige Leiter des Fuhrparks aus. Er war "für unsere Belange zu groß". Daher sei er "überwiegend gar nicht genutzt" worden und "auch mal" durch Herrn Burmeister: "Was er damit gemacht hat, kann ich nicht beurteilen."

Gerhard U.: "Ein Fahrer für 24 Stunden. Für eine Frau!"

Die Befragung des Fuhrpark-Personals ergab, dass der Traktor "schon hilfreiche Technik" gewesen sei. Inzwischen wurde er verkauft. Ob er denn fehle, fragte Richterin Nortmann einen Fahrer. "Ja", antwortete der. "Natürlich fehlt etwas, wenn es nicht mehr da ist", kommentierte Sparkassen-Anwalt Bernhard Steinkühler diese Einlassung trocken.

Wie tief die Kluft zwischen Dieter Burmeister und seiner Nachfolgerin Kerstin Jöntgen gewesen sein muss, offenbarte Burmeisters Vertrauter, Ex-Abteilungsleiter U.: "In all den Jahren hat Herr Burmeister fast immer selbst das Auto gefahren. Für Frau Jöntgen musste ich immer einen Fahrer abstellen. 24 Stunden. 365 Tage im Jahr." Das war U. so wichtig, dass er am Ende fürs Protokoll noch einmal unterstrich: "Mir ging es darum, dass ich einen Fahrer vorhalten musste. Eine Kostenstelle. Für eine Frau!"

Wie Richterin Nortmann den gestrigen Tag sieht, wird sie Mitte Januar verkünden. Die drei Komplexe von gestern sind nur einzelne Bausteine der Schadensersatzforderungen in diesem Zivilprozess. In deren Fokus stehen nicht zuletzt die häufig gewechselten persönlichen Dienstwagen Burmeisters und die Unregelmäßigkeiten bei den Bauvergaben.