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Briefwahl-Fälschung Erstaunen über Ermittler-Wechsel

Der Volksstimme-Bericht zur Übernahme der polizeilichen Ermittlungen in
der Affäre um die gefälschte Briefwahl durch die Polizeidirektion Nord
in Magdeburg hat am Wochenende in der Landespolitik für Aufsehen
gesorgt.

01.12.2014, 10:00

Stendal/Magdeburg l "Es mutet schon erstaunlich an, dass dies nach mehreren Wochen intensiver Ermittlungsarbeit in Stendal geschieht", kritisierte am Sonnabend die innenpolitische Sprecherin der Linke-Fraktion, Gudrun Tiedge, in einer Pressemitteilung.

"Fakt ist, dass damit die nun aus Magdeburg kommenden Ermittlerinnen und Ermittler zunächst gründlich in die Materie einarbeiten und im Grund von vorne anfangen müssen", so Tiedge weiter. Nicht nur bei den Linken "löst all dies eine gewissen Verwunderung aus", merkte Tiedge an. Sie fordert "ungeachtet der erfolgten Zuständigkeitsänderung" die Vorgänge um die Stadtratswahl in Stendal "umfassend und gründlich aufzuklären".

Innenminister schaltete sich selbst ein

Polizeidirektions-Sprecher Frank Küssner betont indes: "Es wird eine nahtlose Anschlussbearbeitung geben." Die Ermittler in der Abteilung Zentrale Kriminalitätsbekämpfung könnten umgehend auf die Ermittlungsergebnisse und Beweismittel zugreifen. Überdies werde es einen engen Austausch mit den Stendaler Ermittlern geben.

Polizeikenner hatten sich ohnehin gewundert, dass ein Verfahren in dieser Dimension nicht schon viel früher an die Polizeidirektion übergegangen ist.

Nach Volksstimme-Informationen waren es jedoch nicht Fachkompetenzen, die hier den Ausschlag gegeben haben sollen. Vielmehr hatte die Hausspitze des Innenministeriums Alarm geschlagen, als sie vor wenigen Tagen erfuhr, dass der stellvertretende Leiter des Stendaler Polizeireviers, Chris Schulenburg, für die CDU im Kreistag sitzt und dem Kreisparteivorstand angehört.

Offiziell äußert sich das Ministerium in dieser Frage nicht. Wie es aus Kreisen der Landespolitik heißt, sei Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) alles andere als amüsiert gewesen sein, als und dass er dies erst jetzt erfuhr. Der Minister wies den Wechsel umgehend an, um jeden Verdacht zu vermeiden, dass bei den Ermittlungen parteipolitische Einflussnahme erfolgen könnte. Dies ist dem Vernehmen nach auch nicht der Fall gewesen. Schulenburg war in den Fall nicht eingebunden. Von den Durchsuchungsaktionen am ersten November-Mittwoch - darunter in der CDU-Kreisgeschäftstelle und beim bisherigen CDU-Stadtrat Holger Gebhardt - muss er erst unmittelbar vor den unangemeldeten Besuchen erfahren haben.

Landes-CDU geht auf Distanz zum Fall Stendal

Stahlknechts Aktion soll damit gewissermaßen auch einen Hoffnungsträger in seinem Dienstbereich schützen. Dies zeigt aber zugleich auf, wie angespannt die Nerven bei der Landes-CDU im Fall Stendal sind.

Schon CDU-Landesvorsitzender Thomas Webel hatte nach Bekanntwerden des ganzen Ausmaßes des Skandals seine Stendaler Parteifreunde aufgefordert, sie müssten "im Rahmen ihrer Möglichkeiten einen eigenen Beitrag zur vollständigen und schonungslosen Aufklärung der im Raume stehenden Vorwürfe leisten". Mit der Forderung nach personellen Konsequenzen hält sich die Parteispitze zurück, bis die Ermittlungen abgeschlossen sind. Solidaritätserklärungen sehen allerdings anders aus.

Die Ermittlungsakten gehen übrigens zunächst nicht nach Magdeburg. Sie liegen gerade bei der Stendaler Staatsanwaltschaft. Dort will man sich offenbar einen Überblick verschaffen. Es wird derzeit gegen mehr als zehn Beschuldigte ermittelt.

Wie es heißt, sind die Ermittler bei ihren mehr als 100 Vernehmungen durchaus weit gekommen. Daher soll man bei der Staatsanwaltschaft in der Scharnhorststraße nicht begeistert über den Wechsel nach Magdeburg sein.

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