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  7. Rauschgift sollte Folgen der Chemotherapie lindern

24-Jähriger aus Elb-Havel-Winkel darf sich zwei Jahre bewähren Rauschgift sollte Folgen der Chemotherapie lindern

Von Wolfgang Biermann 23.01.2015, 01:04

Stendal l Das Amtsgericht hat am Dienstag einen jungen Mann aus dem Elb-Havel-Winkel wegen des "Anbaus von Rauschgift in nicht geringer Menge" mittels sogenannter Indoor-Anlage zu einer Haftstrafe von sechs Monaten verurteilt und die Strafe für zwei Jahre zur Bewährung ausgesetzt.

Der 24-Jährige hatte den Anbau von Cannabis zur Gewinnung von Marihuana eingeräumt und ihn mit Eigenbedarf zur "Beruhigung und als Appetitanreger" erklärt. Er begründete seinen Bedarf damit, dass er die bei ihm gefundenen fast 600 Gramm zur Milderung von Begleiterscheinungen einer Chemo-Therapie konsumieren wollte. 2012 sei er an einem Tumorleiden erkrankt, das eine Chemo-Therapie nach sich gezogen habe. Er hätte an Appetitlosigkeit gelitten und sich insgesamt schlecht gefühlt. Das hätte sich mit dem Rauchen von Gras (Marihuana) gebessert. "Das ist in begründeten Ausnahmefällen wohl erlaubt, ist aber an harte Auflagen gebunden. Eine Erlaubnis hätten Sie wohl kaum bekommen", sagte Thomas Schulz, Vorsitzender Richter des Schöffengerichts, zum Angeklagten. Der gab zu, dass er sich gar nicht erst um eine Erlaubnis bemüht hatte. Die Setzlinge und das nötige Zubehör für den Cannabis-Anbau habe er sich übers Internet beschafft. Staatsanwalt und Gericht nahmen dem Angeklagten die "nicht widerlegbare Angabe" ab, dass er das Cannabis nur für den Eigenbedarf angebaut habe. Sie werteten die Tat strafmildernd als minderschweren Fall. "Auch wenn es nicht ganz nachvollziehbar ist, dass Sie für etwa zwei Jahre vorproduziert haben", merkte Richter Schulz an.

Der sprichwörtliche Kommissar Zufall brachte die Polizei auf den Angeklagten. Als Beamte ihn wegen nicht erfolgten Antritts einer Ersatzfreiheitsstrafe und mit Haftbefehl in der Tasche zu Hause aufsuchten, fanden sie sechs große Cannabis-Pflanzen in einer Indoor-Anlage unter dem Dach vor.

Gericht: Eigenbedarf nicht widerlegbar

Zusätzlich fanden sie weitere 80 leere Pflanzbehältnisse. Doch der Angeklagte bestritt vehement, mehr Cannabis-Pflanzen angebaut zu haben. So blieb es bei den 600 Gramm mit einem Wirkstoffgehalt von 54,7 Tetrahydrocannabinol (THC). Das ist laut Staatsanwalt Thomas Kramer das Sieben- bis Achtfache der gemäß Betäubungsmittelgesetz strafbewehrten nicht geringen Menge.

Fünf Mal war der Angeklagte zuvor wegen kleinerer Delikte zu Geldstrafen im unteren Bereich verurteilt worden.