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Gefeierte Premiere von "Wir alle für immer zusammen" auf der Bühne des Rangfoyers im Theater der Altmark Über Eltern und andere Peinlichkeiten

Von Birgit Tyllack 23.03.2015, 01:32

Stendal l Eine tolle Geschichte, viele Rollen, drei Schauspieler. Am Sonnabend feierte "Wir alle für immer zusammen" im Theater der Altmark Premiere. Das Publikum war begeistert. Von der Inszenierung an sich und den drei wunderbaren Akteuren auf der Bühne des Rangfoyers.

Simone Fulir ist eine gute Stunde lang als elfjährige Polleke stets präsent und spielt die gesamte Bandbreite des jugendlichen Seins überzeugend aus: mal vom Verhalten der Erwachsenen peinlich berührt und genervt, dann zweifelnd und verletzlich, im nächsten Moment kindlich ausgelassen. Es ist eine Freude, ihr zuzusehen.

Ebenso ihren zwei Kollegen, Annett Siegmund und Tom Weber. Die beiden spielen sämtliche anderen Rollen: die Mutter, den Lehrer, die Mitschüler, die Großeltern, den Vater und, und, und. Das bedeutet fliegender Wechsel zwischen verschiedenen Akzenten, Körperhaltungen und natürlich Kostümen. Grandios gemeistert und äußerst amüsant.

Jürg Schlachters Inszenierung von "Wir alle für immer zusammen" strotzt vor witzigen Regieeinfällen und wartet mit einem tollen Bühnenbild auf. Bühnenbildnerin Sofia Mazzoni schafft mit einigen Wänden, Fenstern und drehbaren Elementen eine ganze Welt, Pollekes Welt.

Die Elfjährige ist gerade verzweifelt: Ihr Lehrer ist in ihre Mutter verliebt! Das ist eklig, peinlich, ja regelrecht "abartig"! Mimun, ihr marokkanisch-stämmiger Mitschüler darf nicht mehr mit ihr "gehen", Pollekes leiblicher Vater stürzt immer mehr ab... Zum Glück gibt es noch den Bauernhof, auf dem Oma und Opa samt Kühen leben, und - ganz wichtig!- die Gedichte, die Polleke in den Sinn kommen. Diese Verse helfen ihr, Trost zu finden, wieder klar zu sehen und den Humor nicht zu verlieren.

Trotzdem: "Das Leben ist manchmal ein Brechmittel!" Denn Erwachsene verstehen nie, "was geht und was nicht." Wenn der Lehrer und die Mutter ein Paar sind, das geht zum Beispiel nicht. Ihren Vater liebt Polleke, obwohl er ein "UP" ist, also ein unnormaler Papa. Freundin Caro hat sogar einen "SUP", einen super unnormalen Papa. "Früher gab es normale Väter! Die kamen nach Hause, sahen fern und tranken Bier!" Die beiden Mädchen sind sich sicher, dass es so etwas heutzutage nicht mehr gibt.Die Romane von Guus Kuijers über Teenagerin Polleke sind in seiner Heimat, den Niederlanden, bekannt und beliebt. Sie handeln von Familien, die längst nicht immer mehr aus Vater, Mutter und Kind bestehen. Einfühlsam spricht Kuijer Probleme, Ängste, Sorgen, aber auch Freuden der Jugendlichen an. Mit einer wunderbaren Leichtigkeit und einem humorvollen Ton.

Leichtigkeit und Humor haftet auch der Stendaler Inszenierung an, ohne dass der Inhalt an Tiefe und Bedeutung verliert.

"Wir alle für immer zusammen" ist großes Theater auf der kleinen Bühne des Rangfoyers. Wärmstens zu empfehlen für Zuschauer ab zehn Jahren, besonders für Töchter und Söhne, Mütter und Väter, Lehrer, Kuhliebhaber und Poeten. Ein musikalisches Sahnebonbon gibt es als Zugabe: Tom Weber hat eigens ein Lied komponiert. Für Polleke und ihre Kühe.

Nächste Aufführungen: Dienstag, 24. März, 10 Uhr, Montag, 6. April, 15 Uhr und Donnerstag, 9. April, 10 Uhr. Für die Vorstellungen gibt es einen besonderen Familientarif. Jeder zahlende Erwachsene bekommt eine Freikarte für ein Kind.