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Unterschriftenaktion Appell gegen Massentierhaltung

Mit einem Aufruf wollen mehrere altmärkische Bürgerinitiativen die Landesregierung zur Abkehr von der Industriemast bewegen. Auch andere Initiativen Sachsen-Anhalts sollen mobilisiert werden.

Von Thomas Pusch 28.03.2015, 02:16

Tangermünde l Eberhard Puls zeichnete ein düsteres Bild am Donnerstagabend in der Salzkirche. "In der Landwirtschaft geschieht ein dramatischer Strukturwandel", warnte er. Durch die ruinöse Preispolitik und den Verdrängungswettbewerb nehme sie dramatische Dimensionen an. "Ich erinnere an die erschütternden Bilder aus den Ställen mit Massentierhaltung", sagte er, ersparte den Zuhörern aber den visuellen Eindruck.

Gerne würde er die Nutztierhalter auffordern ihre Ställe zu öffnen, um zu zeigen, woher das Fleisch kommt. Doch darauf würde wohl nicht reagiert werden. Der Tangermünder Puls formulierte zusammen mit Günter Zogbaum von der Bürgerinitiative Stendal einen Aufruf, der die Landesregierung zum Umdenken und zur Abkehr von der Industriemast bringen solle.

Immerhin seien die Verhältnisse in Sachsen-Anhalt besonders dramatisch. Während beispielsweise im Bundesschnitt 500 Schweine in einem Stall untergebracht seien, würden in Sachsen-Anhalt 1600 Tiere eingepfercht.

19 Bürgerinitiativen gegen Massentierhaltung

Verschiedene altmärkische Bürgerinitiativen haben bereits ihre Unterstützung signalisiert, unter anderem aus Cobbel, Schenkenhorst und Binde. Auch die weiteren der insgesamt 19 Bürgerinitiatiben Sachsen-Anhalts gegen die Massentierhaltung sollen mobilisiert werden. In der Salzkirche fiel am Donnerstag der Startschuss, erstmals wurden Unterschriftenlisten und Material verteilt. Am Freitag gab es eine weitere Veranstaltung an gleicher Stelle.

Puls sieht die Haltungsbedingungen in vielen Ställen als ungesetzlich an. "Ich habe im Tierschutzgesetz nachgeschaut, man muss der Landesregierung begreiflich machen, dass viele Tierhalter gegen das Tierschutz- und sogar auch gegen das Grundgesetz verstoßen", lautete sein eindringlicher Appell.

Als Beispiel für die Ausmaße nahm er die geplante Hähnchenmastanlage in Schwarzholz. Insgesamt 460.000 Tiere sollen dort in acht Ställen von 120 Metern Länge und 30 Metern Breite untergebracht werden. "Das sind pro Stall doppelt so viele Bewohner wie in Stendal und in der gesamten Anlage doppelt so viele wie in Magdeburg und das auf engstem Raum", verglich Puls.

Günter Zogbaum meinte, dass es gleichgültig sei, ob die Umgebung nun göttliche Schöpfung genannt werde oder ganz profan Umwelt. "Feststeht, diese Welt gehört nicht uns, sondern wir ihr", betonte er. In der Landwirtschaft tickten chemische und biologische Zeitbomben. "Wenn auf der Autobahn der Vordermann das Warnblinklicht anmacht, weiß man doch was zu tun ist: Fuß vom Gas", malte er ein Bild. Und dieses Abbremsen soll nun mit dem Aufruf erreicht werden, den er verlas.

Kommission soll neue Nutztier-Richtlinien entwerfen

Gefordert wird darin der Stopp für alle genehmigungspflichtigen Mastanlagen in Sachsen-Anhalt. Unter den jetzigen Bedingungen dürfe keine weitere Anlage mehr in Betrieb gehen. Bestehende Anlagen sollen nicht erweitert werden. Zudem wird eine unabhängige Kommission aus Wissenschaftlern, Politikern, Umweltaktivisten und anderen gesellschaftlichen Gruppen gefordert, die Richtlinien für eine ökonomisch, ökologisch, ethisch und sozial zukunftsfähige Nutztierhaltung erarbeiten soll.

"Das ist eine gute Tat, die nun eingeleitet wurde", sagte Puls am Freitag im Gespräch mit der Volksstimme. Es gehe nicht darum, gegeneinander zu agitieren, sondern gemeinsam Wege zu finden, die Umwelt zu erhalten. "Das wollen doch alle", ist er überzeugt.