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Robert Grzywotz inszeniert die Satire "Das Produkt"/Premiere heute Abend im Kaisersaal Ein Stück, das in die Zeit passt

Von Donald Lyko 09.04.2015, 03:24

Heute Abend hat die Mediensatire "Das Produkt" Premiere am Theater der Altmark. Inszeniert hat das Stück der Theaterpädagoge Robert Grzywotz. In der gut einstündigen Aufführung zu sehen ist der Student Janko Claus.

Stendal l Es waren zwei Wünsche von Robert Grzywotz, die zum heutigen (ausverkauften) Premierenabend geführt haben. Wunsch eins: Seit er vor etwa zehn Jahren in Berlin "Das Produkt" gesehen hat - dessen britischer Autor Mark Ravenhill spielte dort auch die Hauptrolle -, wollte Robert Grzywotz das Stück selbst einmal inszenieren: "Ich fand es sehr mutig und sehr spannend."

"Wir haben es als Kleinsttheater angelegt"

Wunsch zwei: ein Stück gemeinsam mit Janko Claus erarbeiten. Den Magdeburger, der in Stendal Psychologie studiert und derzeit seine Abschlussarbeit schreibt, kennt der Theaterpädagoge seit Jahren. Denn Janko Claus spielte unter anderem die Hauptrolle in "Arsen und Spitzenhäubchen", einer Inszenierung der von Grzywotz betreuteten Junggebliebenen Altmärker. Wegen des Studiums wollte Claus sich nicht für die neue Inszenierung des Spielklubs und die regelmäßigen Proben verpflichten. Er wollte aber der Schauspielerei als Hobby die Treue halten - und nach Möglichkeit zusammen mit Robert Grzywotz etwas auf die Bühne bringen. Was sie gemeinsam machen, war dann - siehe erster Wunsch - bald klar: "Ich habe Janko schnell in der Rolle des James gesehen, er passt da gut rein."

Zu den zwei Wünschen kamen aktuelle Ereignisse in den vergangenen Monaten hinzu: der Anschlag auf das Satiremagazin Charlie Hebdo, Pegida-Demonstrationen und Deutsche, die als Dschihadisten in den Krieg ziehen. Sie gaben den Ausschlag dafür, das Stück noch in dieser Spielzeit auf die Bühne zu bringen. Vorerst sind zwei Aufführungen im Kaisersaal geplant. "Wir haben es als Kleinsttheater angelegt", erklärt Robert Grzywotz: "Das Stück ist eine Satire. Man muss auch gucken, wie es bei den Leuten ankommt."

Janko Claus spielt den Filmproduzenten James. Der versucht, die Schauspielerin Olivia für eine Filmrolle zu begeistern. Sie soll die Geschäftsfrau Amy spielen, deren Freund beim Anschlag auf das World Trade Center ums Leben gekommen ist. Sie verliebt sich aber in den attraktiven Al-Qaida-Kämpfer Mohammed und wird selbst zur Terroristin. James spielt Olivia die Geschichte, die er im Kopf hat, so lebhaft vor, dass er damit sich selbst, die Medienmacher und -nutzer in ihrem Drang nach Sensationsnachrichten entlarvt. "Er hält uns einen Spiegel vor", sagt Robert Grzywotz, "wir gieren ja förmlich nach neuen Skandalen, zu unserer Unterhaltung". Das Stück "Das Produkt" geht dabei der Frage nach, ob es Grenzen dafür gibt, Terrorismus und seine Folgen medial auszuschlachten.

Als Filmproduzent agiert Janko Claus nahezu allein auf der Bühne. "Der Monolog ist für einen Laien eine riesige Herausforderung, aber er schafft das", gibt es vom Regisseur Vorschusslorbeeren. Als (stumme) Anspielpartnerin hat Jasmin Schubert - sie hat als Regieassistentin schon mehrere Stücke am TdA begleitet - in der Rolle der Olivia aber auch einen Platz auf der Bühne.

"Ravenhill spielt mit den Ängsten des weißen Publikums"

Robert Grzywotz mag den bitterbösen Humor Ravenhills, der zu den Vertretern des sogenannten In-Yer-Face-Theaters gehört, das sein Publikum wie eine Faust ins Gesicht treffen will. "In dem Stück spielt Ravenhill mit den Ängsten des weißen Publikums", erklärt der Theaterpädagoge. Er thematisiert die Islamophobie. "Darum ist es ein sehr aktuelles Stück, es passt in diese Zeit."

Für ihn selbst ist die Inszenierung eine ganz neue Erfahrung. "Von der Besetzung her ist es meine bisher kleinste", sagt Robert Grzywotz, der mit dem Theater-Jugendklub, dem Theaterchor oder den Junggebliebenen Altmärkern immer größere Ensembles auf die Bühne gebracht hat. Diese Inszenierung mit nur einem agierenden Darsteller biete aber die Möglichkeit, "intimer mit dem Text zu arbeiten". Diese Arbeit beschreibt Robert Grzywotz als "eine Suche". Und das Stück sei eines, "das mich auch persönlich bewegt".

Die nächste Vorstellung ist am Donnerstag, 16. April, um 20 Uhr im Kaisersaal. Restkarten gibt es an der Theaterkasse, Telefon 03931/635777.