1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Stendal
  6. >
  7. Muss Ex-Landrat Jörg Hellmuth aussagen?

Sparkassenskandal Stendal Muss Ex-Landrat Jörg Hellmuth aussagen?

Wie geht es weiter in der Auseinandersetzung zwischen der Kreissparkasse und ihrem Ex-Chef Dieter Burmeister, der seine Versorgungsbezüge einklagt. Wird Ex-Landrat Jörg Hellmuth (CDU) vor Gericht aussagen müssen? Für diese Fragen fallen nächste Woche wichtige Weichenstellungen.

13.05.2015, 01:27

Stendal l Es war bereits ein langer Prozesstag am 22. April, bevor Jörg Hellmuth um 15 Uhr als letzter Zeuge Platz nimmt. Der ehemalige Landrat, langjährige Vorsitzende des Sparkassen-Verwaltungsrates und heutige CDU-Bundestagsabgeordnete ist eine der Schlüsselpersonen im Stendaler Sparkassen-Skandal. Doch bislang hüllte er sich in Schweigen.

Das ist bei dem mit Spannung erwarteten Termin vor der Ersten Zivilkammer des Stendaler Landgerichtes nicht anders. Alter? "57 Jahre." Beruf? "Diplom-Agraringenieur." Wohnort? "Wust-Fischbeck." Mehr aber kann die Vorsitzende Richterin Haide Sonnenberg Hellmuth nicht entlocken.

Eigentlich sollte es um Burmeisters häufige Dienstwagenwechsel - bis zu fünf innerhalb von drei Jahren - gehen. Doch der jetzige Bundestagsabgeordnete, der an dem Tag unmittelbar von einer Sitzung des Verteidigungsausschusses angereist ist, zieht aus seiner leuchtend grünen Kladde ein zweiseitiges Papier - eine Verschwiegenheitserklärung, die er als Vorsitzender des Verwaltungsrates unterzeichnet habe. Er könne daher "nicht zu Zahlen und Personen, sondern nur zu Verfahren" Stellung beziehen, erläutert Hellmuth.

Ex-Landrat legt Kopie mit "Max Mustermann" vor

Das Gericht und die Anwälte beider Parteien sind verblüfft. Die Juristen blicken auf die beiden Seiten - und sind erst recht erstaunt. Hellmuth hat nicht eine Kopie seines Dokuments mitgebracht, sondern ein Muster, ausgestellt auf einen "Max Mustermann".

Richterin Sonnenberg, die überaus resolut den Prozess zu führen versteht, lässt hier aber Milde walten und erkennt das Papier an. Nach kurzer Unterbrechung endet damit Hellmuths Auftritt - vorläufig. Gericht und Anwälte halten die Verschwiegenheitspflicht in diesem Fall nicht für anwendbar. Bevor hierüber eine Entscheidung fällt, solle die Sparkasse jedoch erklären, ob sie ihren Ex-Verwaltungsratschef Aussagegenehmigung erteilt, sagt Sonnenberg und schließt die Sitzung.

Mit dieser Frage beschäftigt sich nun am nächsten Montag der Verwaltungsrat. "Derzeit wird geprüft, ob eine Aufhebung der Verschwiegenheitspflicht durch den Verwaltungsrat notwendig und gesetzlich möglich ist. Sollte die Notwendigkeit und gesetzliche Möglichkeit bestehen, werde ich dem Verwaltungsrat vorschlagen, dass für alle Verwaltungsratsmitglieder beziehungsweise ehemaligen Verwaltungsratsmitglieder, die zu den Prozessen geladen werden, die Verschwiegenheitspflicht aufgehoben wird", erklärte Landrat Carsten Wulfänger (CDU) der Volksstimme.

Burmeister: "Hellmuth hat alles gesehen"

Die Konfrontation der beiden einst engen Vertrauten Hellmuth und Burmeister verspricht pikant zu werden. "Herr Hellmuth hat alles gesehen", sagte nämlich der Ex-Sparkassenchef im vorigen Dezember, als er sich erstmals zu seinen zahlreichen Dienstwagen äußerte. Der Ex-Landrat ist daher von ihm als Zeuge benannt worden.

Am nächsten Montag wird das Kontrollgremium der Sparkasse über weitere Weichenstellungen beraten. Dazu hat Wulfänger eigens die Berliner Anwaltskanzlei zur Sitzung eingeladen. So wird es darum gehen, ob neben den Vorwürfen beim Fuhrpark und bei den Bauvergaben auch das Kreditgeschäft weiter unter die Lupe genommen wird.

Bei den Kreditgeschäften vermuten Insider weitaus höhere Brisanz als bei den bislang bekannt gewordenen beiden Fällen, für die ein Millionenschaden festgestellt worden ist. Richterin Sonnenberg hatte am 22. April in einer Art Zwischenbilanz anklingen lassen, dass bei den beiden bislang bekannten Fällen die Grundlage für eine Klageerweiterung nicht ausreichend sei. Sie merkte vielmehr an, dass die Mitglieder des Verwaltungsrates hier stets über Risiken informiert worden seien und Entlastung erteilt hätten.

Nachspiel für die Personalratsvorsitzende

Sparkassenanwalt Bernhard Steinkühler hatte hier aber engagiert widersprochen. Nun soll er die Mitglieder des Verwaltungsrates "über die konkreten Möglichkeiten informieren", so Wulfänger: "Dann entscheidet der Verwaltungsrat über den Fortgang." Gleiches gilt auch für die von der Vorsitzenden Richterin in die Runde geworfene Frage, ob es bei der Burmeister-Klage gegen seine fristlose Kündigung und die Streichung seiner Altersbezüge auch einen Vergleich geben könne.

Am Rande der Sitzung dürfte Wulfänger auch eine bemerkenswerte Randerscheinung des April-Prozesstages aufgreifen: Diesen Prozesstag hatte die Sparkassen-Personalratsvorsitzende und Verwaltungsratsmitglied Cornelia Herbst nach ihrer kurzen Zeugenaussage weiter beobachtet und sich in den Pausen überaus oft und vertraut mit dem eigentlichen Prozessgegner Burmeister und dessen Anwalt gezeigt. Wulfänger will sich nun "diesbezüglich mit Frau Herbst in Verbindung setzen".