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Bislang gibt es kein neues Bemessungshochwasser für Deichhöhen / Für FFH-Gebiete sind Ersatzflächen erforderlich Die Unwegbarkeiten beim Hochwasserschutz

Von Bernd-Volker Brahms 12.06.2015, 03:17

Stendal l Auch einige grundsätzliche Fragen sind zwei Jahre nach dem Elbhochwasser noch nicht geklärt. Dies sagte Landrat Carsten Wulfänger (CDU) am Mittwoch bei der 2.Hochwasserkonferenz in Stendal. Er nannte vor rund 100Gästen beispielsweise die Frage nach der Bemessung der Deichhöhen. Erst 2016 solle es einen neuen Richtwert geben, der sich aus den Hochwasserereignissen der vergangenen hundert Jahre zusammensetzen wird, sagte Burkhard Henning vom Landesamt für Hochwasserschutz und Wasserwirtschaft (LHW) bei der Konferenz.

Nicht nur die Deichhöhe ist für Schutz entscheidend

Das Bemessungshochwasser werde sich ändern. Man müsse künftig mit höheren Hochwassern rechnen, sagte Henning. Allerdings könne man den Deichbau nicht an dem Extrem aus dem Jahr 2013 ausrichten. Am 10. Juni war in Tangermünde ein Pegelstand von 8,38 Metern erreicht worden, die Deiche waren 8,45 Meter hoch.

"Wir können aber nicht nur durch Deichhöhen regulieren", machte Deichbau-Experte Henning klar. In die Überlegungen seien auch Polder und Deichrückverlegungen zur Schaffung von Auslaufflächen für das Wasser einzubeziehen. "Das dauert aber lange, da viele Gespräche mit den Menschen vor Ort geführt werden müssen, um eine Akzeptanz zu bekommen." Eine Deichrückverlegung wird gerade bei Sandau vorgenommen.

Henning wies darauf hin, dass alle Maßnahmen auch mit anderen Regionen abgestimmt werden müssen. "Wir sind ein Hochwasser-Transit-Land", sagte Henning und verdeutlichte damit, dass es ein Zusammenspiel zwischen Oberliegern und Unterliegern gebe. "Auch andere setzen sich für uns ein", so Henning. Er nannte den Tagebau Zwenkau südlich von Leipzig. Schon 2013 waren dort 20 Millionen Kubikmeter Wasser aus der Weißen Elster gestaut worden. "Und das, obwohl die Stauanlage, noch nicht einmal ganz fertig war und die Verantwortlichen ein großes Risiko eingegangen sind", sagte der LHW-Chef.

Als ein weiteres Problem nannte Landrat Wulfänger das EU-Recht im Zusammenhang mit der Deichsanierung. So gebe es Deiche, die sich in FFH-Schutzgebieten befinden und es dort keine Beieinträchtigungen geben dürfe. Bisher sei man davon ausgegangen, dass die Sanierung als eine "temporäre Beeinträchtigung" zu sehen sei, sagte der Landrat. Dieser Rechtsauffassung habe das Landesverwaltungsamt widersprochen. Dies bedeute, dass Ersatzgebiete geschaffen werden müssten. "Das ist ein Zeit- und ein Flächenproblem", sagte Wulfänger. Letztlich könne dies zu Verzögerungen beim Deichbau führen.

Erhebliche Preissteigerung beim Deichbau möglich

Ein anderes Problem riss Burkhard Henning an, der den rund sieben Kilometer langen Deichbau bei Fischbeck mit Kosten in Höhe von 20 bis 30 Millionen Euro bezifferte. Es gebe bei den Kosten eine erhebliche Planungsunsicherheit, da Kosten für Material schwanken würden. Auch die Kosten für archäologische Maßnahmen müssten übernommen werden. Und diese sind umfangreicher, als ursprünglich angenommen. Es seien schon spektakuläre Funde aus der Bronzezeit gemacht worden.