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Landgericht verurteilt Stendaler (31) zu acht Monaten hinter Gittern Herrentagsrunde endet im Gefängnistrakt

Von Wolfgang Biermann 21.04.2011, 04:29

Stendal. "Der Angeklagte ist der vorsätzlichen Körperverletzung schuldig. Er wird zu acht Monaten Gefängnis verurteilt." Mit diesem Urteilsspruch zog die 1. Große Strafkammer am Landgericht Stendal gestern einen Schlussstrich unter den vier Verhandlungstage währenden Prozess um gewalttätige Ereignisse am frühen Morgen nach dem Himmelfahrtstag vor zwei Jahren.

Wie berichtet, musste sich ein heute 31-jähriger Stendaler wegen mehrerer Faustschläge gegen einen der Gäste einer Stendaler Herrentagsrunde am 22. Mai 2009 verantworten. Das Opfer erlitt dabei einen Augenhöhlen- und Wangenknochenbruch. Der damals 19-Jährige, dem Angeklagten körperlich weit unterlegen, musste in Magdeburg notoperiert werden und sich einer wochenlangen Therapie unterziehen.

Während Verteidiger Jan-Robert Funck in seinem Plädoyer von einer "klassischen Notwehrsituation" sprach, weil sein Mandant akut bedroht gewesen sei, sah Oberstaatsanwältin Ramona Schlüter "die Tat nicht durch Notwehr gerechtfertigt". Sie forderte neun Monate Haft für den mehrfach, auch einschlägig vorbestraften Angeklagten.

Die mit zwei Berufs- und zwei Laienrichtern besetzte Strafkammer unter Vorsitz von Richterin Stefanie Hüttermann folgte mit ihrem Urteil weitgehend dem Antrag der Staatsanwaltschaft. Sie wich mit ihrem Urteil nur einen Monat von deren Forderung nach Freiheitsstrafe ab.

"Es war eine schwierige Beweisaufnahme. Fast alle Beteiligten waren an jenem Herrentag 2009 erheblich alkoholisiert", so Richterin Hüttermann. Viele der Zeugen konnten oder wollten sich nicht mehr erinnern. Für das Gericht sei jedoch klar, dass es Streit zwischen dem Angeklagten und seiner damaligen Freundin gab.

Um "Beziehungskram" soll es laut Zeugenaussage der heute 23-Jährigen gegangen sein. Weil der Angeklagte wohl eine drohende Haltung gegen seine Freundin einnahm, "fühlte sich ein Zeuge bemüßigt einzugreifen" und schubste den Angeklagten von hinten. Infolgedessen fiel dieser über einen Tisch und zog sich durch zerborstene Flaschen eine Verletzung an der Hüfte zu. Laut Urteilsbegründung "rappelte sich der Angeklagte hoch und schlug dem vermeintlichen Angreifer mindestens einmal, wohl aber mehrfach mit der Faust ins Gesicht". Indes war der brutal Attackierte nicht der "Schubser", sondern ein unbeteiligter Partygast.

Daraus entwickelte sich eine Schlägerei, bei der die Wohnung verwüstet wurde. Sein Urteil stützt das Gericht auf die im Prozess gehörten Zeugen, auch wenn deren Aussagen Differenzen zu den seinerzeitigen Angaben vor Polizei oder Staatsanwaltschaft aufwiesen. "Das Kerngeschehen ist von den Zeugen dargestellt", so Hüttermann, "es hat sich nicht um Notwehr gehandelt." Für den Angeklagte spreche, dass er durch die erhebliche Alkoholisierung vermindert schuldfähig gewesen sei, gegen ihn seine lange Vorstrafenliste.