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12. Altmarktreffen der Heimatvertriebenen Erfahrung: Offener Dialog ist erster Schritt hin zum Verstehen

Von Egmar Gebert 16.05.2011, 06:39

Männer und Frauen, die Flucht und Vertreibung aus ihrer Heimat erlebten und in der Altmark vor fast 66 Jahren ein neues Zuhause fanden, trafen sich am Sonnabend in Stendal. Das 12. Altmarktreffen der Heimatvertriebenen war Erinnern und Mahnen, war Appell zu ehrlichem Dialog und Verständigung.

Stendal. Gern hätte Hartwig von Bach, Kreisvorsitzender des Bundes der Vertriebenen (BdV), am Sonnabend mehr altmärkische Politprominenz als Gäste des 12. Altmarktreffens der Heimatvertriebenen willkommen geheißen. Gekommen war lediglich der Stendaler Landrat Jörg Hellmuth, allerdings mit Grüßen seines Salzwedeler Amtskollegen Michael Ziche und des Stendaler Oberbürgermeisters Klaus Schmotz im Gepäck.

Zeitgleich zum Jahrestreffen der Vertriebenen in Stendal fand das 15. Altmärkische Heimatfest in Arneburg statt, zu dem Hellmuth dann auch einen Bogen schlug. Er halte es für eine gute Idee, wenn sich die Heimatvertriebenen dort einbrächten. Auch mit diesem Fest gehe es um Heimat und um Traditionspflege.

Zum Vertriebenentreffen in Stendal gekommen war Elfriede Hofmann, BdV-Landesvorsitzende und Festrednerin der Veranstaltung. Sie erinnerte an die 14 Millionen Menschen, die nach dem Zweiten Weltkrieg aus ihrer Heimat in Ost- und Westpreußen, Pommern, Ostbrandenburg, Schlesien, dem Sudetenland und anderen Gebieten vertrieben wurden. Etwa 24000 von ihnen fanden in der Altmark ein neues Zuhause. Diese Menschen und ihr Schicksal dürften nicht vergessen werden. Wer darüber den Mantel des Schweigens breite, igno- riere nicht nur eigene Geschichte, sondern auch Flucht und Vertreibung, die es noch heute in anderen Teilen der Welt gebe, mahnte die BdV-Landesvorsitzende.

Ungeachtet ihres schweren Schicksals seien es auch die Vertriebenen gewesen, die beide deutsche Staaten nach dem Weltkrieg wieder aufgebaut hätten, hob sie deren Leistung hervor. Ein Grund, warum der BdV von der Bundesregierung einen offiziellen Gedenktag für die Vertriebenen fordere.

"Was wir geleistet haben, hat mancher Politiker noch nicht einmal gedacht"

Bei allem Für und Wider, mit dem sich die Heimatvertriebenen auseinanderzusetzen hätten, sei es ihr Recht, ihre Heimat auch als solche zu benennen und im Herzen zu behalten. "Das bedeutet nicht, dass ich hingehe und sage: Das gehört mir. Aber ich fahre noch immer in meine Heimat, ins Riesengebirge und freue mich, das Dorf wiederzusehen, in dem ich geboren bin und mit den Menschen dort zu sprechen", sagte Hofmann, die in Waltersburg, dem heutigen Nelestno in Polen, zur Welt kam.

Verkannt werde oft, dass die Heimatvertriebenen die Begegnung mit den Menschen in ihrer alten Heimat suchen, mit ihnen in einen offenen Dialog treten, gerade junge Menschen dazu einladen. Das Rad der Geschichte lasse sich nicht zurückdrehen, hob Hofmann hervor, nahm jedoch für sich und alle, die Flucht und Vertreibung miterlebten, in Anspruch: "Wir haben den Schlüssel zur Verständigung in einem friedlichen Europa in der Hand. Verständigung von Mensch zu Mensch trägt zum gegenseitigen Verstehen bei. Das, was wir da geleistet haben, hat mancher Politiker noch nicht einmal gedacht."

Die Sehnsucht nach der Heimat bleibe und Treffen wie dieses seien ebenso wichtig, wie ein reges Verbandsleben. Einige von denen, die sich darum verdient gemacht haben, wurden während des 12. Altmarktreffens der Heimatvertriebenen ausgezeichnet.