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Geheimer Sanitätsrat Haacke kämpfte im 19. Jahrhundert gegen die Choleraepidemie in Stendal Sperlingsida ehrt "Choleradoktor"

Von Corinne Plaga 19.10.2011, 04:23

Im Jahre 1873 machte sich ein junger Arzt bei der Bekämpfung der Cholera weit über die Grenzen der Altmark einen Namen. Friedrich Haacke zu Ehren errichteten die Stendaler 1906 einen Brunnen in der Innenstadt: die "Sperlingsida".

Stendal l Am 8. August 1873 bricht die asiatische Cholera in Stendal aus und fordert 203 Menschenleben, davon 50 Kinder im Alter von ein bis neun Jahren. Während dieser schrecklichen Epidemie, die durch unsauberes Trinkwasser und mangelhafte Hygiene verursacht wurde, hat sich Dr. Friedrich Haacke als "Choleradoktor" den Kranken und Armen gewidmet. Schlimm muss es den Betroffenen ergangen sein, geplagt von Durchfall, Übelkeit und Erbrechen sowie einhergehenden Schmerzen. In der gesamten Altmark herrschte Angst vor dieser todbringenden Krankheit.

Haacke enthüllt das Kriegerdenkmal

Doch wer war dieser junge Arzt, der in Stendal unermüdlich gegen die Cholera kämpfte? Friedrich Hermann Haacke wurde 1824 in Stendal als Sohn von Dr. Christoph Friedrich Ferdinand Haacke geboren, der von 1808 bis 1854 Rektor am Gymnasium zu Stendal war. Er besuchte ab 1844 die Fakultäten in Berlin und Halle und wurde 1849 zum Doktor und Wundarzt ernannt. Parallel begann er in Stendal zu praktizieren. Sechs Jahre später heiratet der junge Arzt Emilie Antonie Charlotte Krüger. Kinder gehen aus der Ehe nicht hervor. Ab 1864 ist er Leiter am Johanniterkrankenhaus, drei Jahre später wird er zum königlichen Sanitätsrat ernannt. Die Anerkennung unter seinen Kollegen entwickelte sich mit seinem Engagement als Mediziner. Lange übertrugen sie ihm den Vorsitz im Verein der altmärkischen Ärzte. Bis 1894 war Haacke als Kreisphysikus für den Kreis Stendal und "Geheimer Sanitätsrat" im Einsatz.

Eine ehrenvolle Aufgabe ereilt ihn 1876, als ihm die Enthüllung und Übergabe des Kriegerdenkmals an die Stadt zuteil wird. Welchen unglaublichen Einfluss er in der Zeit gehabt haben muss, zeigt sich dadurch, dass Haacke noch zu Lebzeiten 1894 zum Ehrenbürger der Stadt Stendal ernannt worden ist. Neben dem Stifter-Ehepaar Jütting und Otto Fürst von Bismarck fällt ausschließlich Haacke der Ehrenbürgertitel der Stadt zu. Am zweiten Weihnachtstag im Jahre 1899 verstarb Dr. Friedrich Haacke. Die wohl größte Ehre erwiesen die Stendaler dem "Choleradoktor" erst nach seinem Tode:

Sie sammelten Geld und errichteten 1906 auf dem Stendaler Sperlingsberg einen Brunnen, der wegen seiner Mädchenfigur heute nur "Sperlingsida" genannt wird. Am Sockel zeugt eine Gedenktafel von dem Einsatz Haackes: "Dem Gedächtnis des Wohltäters und Ehrenbürgers der Stadt Stendal - Geh. San. Rat Dr. Friedrich Haacke 1824-1899" ist darauf zu lesen. In der Kunstgeschichte stellte dieser Brunnen etwas Besonderes dar, da er als erster bemahlter Steinbrunnen in Deutschland gilt.

Bereits 1853 wurde die Haacke-Stiftung zu Ehren seines Vaters gegründet, der seit 1808 Rektor am Stendaler Gymnasium war. Ehemalige Schüler gründeten diese Stiftung zur Unterstützung der Witwen von Gymnasiallehrern. Sein Vater war es auch, der 1817 das Schulsiegel einführte, und zu Ehren seiner 50-jährigen Amtszeit mit der Ehrendoktorwürde ausgezeichnet wurde.

"Wie der Vater so der Sohne" fällt einem da sofort ein. Beide Männer haben viel für die Stadt getan, ihr Wirken ist bis heute zu spüren. So hat der geheime Sanitätsrat Haacke 1888 den Altmärkischen Museumsverein mitgegründet. Seine wertvolle Münzsammlung schenkte er der Stadt. Sie ist bis heute teilweise erhalten und im Stadtarchiv einsehbar. Mit seiner Frau als Vorsitzende gründete er später den Vaterländischen Frauenverein vom Roten Kreuz.

1893 schenkte Dr. Haacke der Stadt sein Grundstück zwischen dem südlichen Binnengraben und Außengraben am Mönchskirchhof für den Bau des heutigen Winckelmann-Gymnasiums, fünf Jahre später wird die Schule am Westwall eingeweiht. Weitere Tätigkeiten als Mitglied der Stadtverordnetenversammlung und des Magistrats Stendal sowie als Vorsitzender des Verschönerungsvereins verhalfen Haacke zu Anerkennung und Ehre. Der Geburtsort Friedrich Haackes befindet sich in der heutigen Brüderstraße 15.

Mit seiner Ehefrau wohnte er in der heutigen Weberstraße 17. Diese war auch seine Amtswohnung als Sanitätsarzt. Der Haackebrunnen - die "Sperlingsida" - thront weiterhin auf dem Sperlingsberg am südlichen Ende der Breiten Straße. Die rotfarbene Skulptur der Tauben fütternden Ida auf dem Brunnen soll die Wohltätigkeit des Arztes symbolisieren. Künstlerisch umgesetzt wurde das Denkmal durch den Bildhauer Paul Juckoff aus Schkopau, der seiner Zeit als recht bekannter Steinbildhauer galt.

Wirken des Arztes ist bis heute spürbar

Dr. Friedrich Haacke engagierte sich nicht nur für die Cholerakranken, sondern bemühte sich auch um das Leben in der Stadt, um den Schulbau und die kulturelle Identität der Hansestadt. Wohl kaum ein zweiter hat so viel zur Geschichte der Stadt beigetragen und den Titel Ehrenbürger verdient. Die Liebe zu seiner Heimatstadt wurde Haacke mit der Errichtung des Brunnendenkmals wiedergegeben. Die Stendaler können bis heute stolz auf das Wirken des Sanitätsrates sein. Und die Cholera wütete nur begrenzte Zeit in der Altmark. Laut Stadtarchiv wurde 1908, also zwei Jahre nach Errichtung des Haacke-Brunnens, eine Kanalisation in Stendal gebaut, womit sich die hygienischen Verhältnisse in der Stadt deutlich verbesserten.