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SPD-Ortsverein Stendal feierte am Freitag 20. Gründungstag / Katrin Budde : "Wir waren damals Teil einer Revolution

Von Reinhard Opitz 07.12.2009, 04:55

Es war am gleichen Tag zur gleichen Stunde wie vor 20 Jahren, als der SPD-Ortsverein Stendal am Freitagabend seinen Gründungstag feierte. Katrin Budde gratulierte mit einer Festrede, Genossen der ersten Stunde schwelgten in Erinnerungen.

Stendal. Es war die erregende Zeit der allabendlichen Runden Tische, der Diskussionsforen und Demonstrationen. Das Neue Forum, in Stendal zu einer starken Kraft herangewachsen, begann sich an der Frage zu zerfleischen, ob es eine breite Bürgerbewegung bleiben oder eine Partei werden sollte. Die SED gelobte einen " radikalen Bruch " mit der Vergangenheit. Doch noch hielt sie an der absoluten Macht fest.

Viel Aufregendes passierte an diesen Tagen gleichzeitig. Vor dem Stasi-Haus in der Thälmannstraße, heute Moltkestraße, fanden sich am Abend des 4. Dezember 1989 Mitglieder des Neuen Forums ein, um zu verhindern, dass weitere Lastwagenladungen mit Akten herausgeschleppt und vernichtet werden. Am nächsten Tag sollten sie den Kreisstaatsanwalt und die Polizei holen, die die Schränke der Stasi versiegelten und das Haus öffneten. 2000 Stendaler strömten am Abend in die Räume des verhassten Geheimdienstes und machten ihrem Ärger Luft.

Da war die Stendaler SPD, damals noch SDP, einen Tag alt. 52 Männer und Frauen hatten am Abend des 4. Dezember, es war ein Montag, im Alten Kloster der katholischen Kirche ihre Mitgliedschaft in der Sozialdemokratischen Partei der DDR erklärt. Der Ortsverein Stendal war geboren. " Wiedergeboren ", wie Vorsitzender Reinhard Weis auf der Jubliäumsfeier am Freitagabend im Hotel am Bahnhof sagte. " Wir haben eine abgebrochene Tradition wieder aufgenommen. " Reinhard Weis wurde damals zum 1. Sprecher gewählt, Reiner Instenberg zum 2. und Martin Busch zum Schatzmeister.

Die drei und viele andere Genossen der ersten Stunde schwelgten am Freitag in Erinnerungen. Zum Beispiel Tilman Tögel, das erste SDP-Mitglied nördlich von Magdeburg. Er hatte zusammen mit Gerhard Miesterfeldt und anderen bereits am 10. November in Uchtspringe eine Initiativgruppe Altmark der SDP ins Leben gerufen. Oder Joachim Kähler, damals Pfarrer in Schwante bei Oranienburg, der am 7. Oktober 1989 sein Pfarrhaus Markus Meckel, Martin Gutzeit, Ibrahim Böhme und den anderen für die Gründung der SDP der DDR zur Verfügung stellte – von der Stasi aus einem Haus gegenüber intensiv beobachtet.

Auch Katrin Budde, heute Fraktionsvorsitzende der SPD im Magdeburger Landtag, gehörte als 24-jährige TU-Studentin zu den Frauen der ersten Stunde in der damaligen Bezirkshauptstadt. Es sei für sie schwer auszusprechen, aber so sei es gewesen : " Wir waren Teil einer Revolution ", sagte sie am Freitag in Stendal. Es habe damals nicht nur das vielbeschworene Wunder von Leipzig, sondern auch das von Magdeburg und Stendal gegeben. Vor allem, weil trotz fertiger Pläne zur Niederschlagung des Aufstands kein Blut geflossen sei. Budde zur gegenwärtigen Lage ihrer Partei : " Die Sozialdemokratie wird noch gebraucht !"