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Exkursion in Theater und ins Landgericht Die Spuren der NS-Justiz

Von Martin Rieß 11.09.2009, 07:01

300 Schüler haben gestern in Stendal die Ausstellung " Justiz im Nationalsozialismus – Über Verbrechen im Namen des Deutschen Volkes " besucht. Damit sich die Anreise lohnt, gab es ein Rahmenprogramm dazu : Prof. Dr. iur. Heiner Lück von der Universität in Halle informierte über die Symbole Deutschlands zwischen 1933 und 1945. Im Theater gab es das Stück " Unkraut vergeht nicht " und ein Gespräch mit dem Zeitzeugen Rudolf Lorfing.

Stendal. " Wir dachten, dass sie wegen Diebstahls verurteilt wird, und nicht dass ihr als, Volksschädling ‘ die Todesstrafe droht. " Rudolf Lorfing erinnert sich an die Zeit, als er acht Jahre alt war. Damals, kurz vor Kriegsende, wurde eine Nachbarin als sogenannter Volksschädling zum Tode verurteilt. " Und das, obwohl die Polizei damals keinerlei Beweise dafür gefunden hatte ", erinnert sich der heute 72-Jährige. Er ist nach Stendal gekommen, um sich das Stück " Unkraut vergeht nicht " des Theaters der Altmark anzuschauen, das auf diesem Fall basiert und das auch seine Erinnerungen eingeflossen sind.

Mit ihm in den Zuschauerrängen hatten 300 Schüler gesessen – aus Osterburg, Tangermünde, Beetzendorf und Premnitz. Sie sind nach Stendal gekommen, um im Landgericht die Ausstellung " Justiz im Nationalsozialismus – Verbrechen im Namen des Deutschen Volkes " zu besuchen. Erläuterungen zur Ausstellung im Landgericht gibt es von Stendaler Schülern. Sie sind eigens dazu geschult, das Gezeigte ihren Altersgenossen zu erklären. Drei von ihnen sind Markus Bock ( 22 ), Manuel Sommerfeld ( 19, beide Berufsbildende Schule I in Stendal ) und der 15-jährige Oliver Wohlt vom Stendaler Winckelmann-Gymnasium.

Jeder von ihnen hat eigene Schwerpunkte. " Ich habe mich beispielsweise auf die Themen Euthanasie sowie Gesundheitsund Rassenpolitik konzentriert ", erklärt Bock. Sommerfeld : " Bei mir sind die Schwerpunkte der Nürneberger Juristenprozess, die Militärgerichtsbarkeit und die Verfolgung der Zeugen Jehovas. " Wie kommt man dazu, als Schüler Gleichaltrige durch die Ausstellung zu führen ? Oliver Wohlt : " Ich habe mich schon immer für Geschichte interessiert, und daraufhin hat mich an der Schule eine Lehrerin angesprochen, ob ich dabei mitmachen möchte. " Die Erfahrung der Schüler : Nur wenige Altersgenossen haben sich bislang ausreichend mit der Zeit des Nationalsozialismus beschäftigt.

Neben dem Theaterbesuch und dem Rundgang durch die Ausstellung ein Vortrag : Prof. Dr. iur. Heiner Lück von der Universität Halle beschäftigt sich mit den " Zeichen des Bösen – Staatssymboluik und Farben des, Dritten Reches ‘". Dort war zu erfahren, dass die Faschisten viele Symbole verwendet haben, die völlig umgedeutet und überbewertet worden waren.

Die Ausstellung, die übrigens noch bis zum 9. Oktober im Stendaler Landgericht zu sehen ist, wird von einer Reihe von Veranstaltungen begleitet ( siehe Infokasten ). Wie Kati Kirpeit, Sachgebietsleiterin am Landgericht, auf Nachfrage der Volksstimme erklärt, sei man froh darüber, wie viele verschiedene Altersgruppen die Ausstellung besuchen.