1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Stendal
  6. >
  7. Steinkohlekraftwerk doppelt kontraproduktiv

Volksstimme-Interview mit Björn Klusmann vom Bundesverband Erneuerbare Energie Steinkohlekraftwerk doppelt kontraproduktiv

21.08.2009, 05:01

Auf welche Ressourcen setzen wir in der Zukunft, wenn es um Energielieferungen geht ? Der Geschäftsführer des Bundesverbands Erneuerbare Energie, Björn Klusmann, nennt dabei eine Richtung – Vorrang für Wind-, Wasser- und Sonnenkraft. Im Interview mit Volksstimme-Redakteur Frank Eckert erläutert er, warum dieser Trend unumkehrbar ist.

Volksstimme : Warum gehen Sie jetzt so offensiv auf Sommertour ?

Björn Klusmann : Wir wollen die energiepolitische Debatte in die Region tragen. Das heißt dann hier zum Beispiel, dass sich die Bundestagskandidaten gegenüber der Bevölkerung klar positionieren sollen, wie sie zu Steinkohlekraftwerken stehen, wie zu Laufzeiten von Atomkraftwerken und deren eventuelle Verlängerung, wie zur Einspeise-Problematik in die Netze. Und nicht zuletzt : Wie sieht in deren Augen eine nachhaltige Energieversorgung aus.

Volksstimme : Genau darum gibt es eine große und kontroverse Debatte wegen des geplanten Steinkohlekraftwerksbaus in Arneburg.

Klusmann : Es geht ja letztlich um eine Systementscheidung. Wollen wir den regenerativen Energien weiter den Vorrang einräumen, den sie durch das Gesetz zu erneuerbaren Energien auch gewährleistet kriegen oder wollen wir die zentralen Großkraftwerke im Netz bevorteilen, womit nichts anderes beabsichtigt wird, als die Laufzeitverlängerung von bestehenden Atom- wie Kohlekraftwerken. Im Übrigen werden wir nie die Reduzierung des Kohlendioxidausstoßes hinbekommen, sollten alle geplanten Kohlekraftwerke gebaut werden. Also ist ein Steinkohlekraftwerk in doppelter Hinsicht kontraproduktiv.

Volksstimme : Letztlich wird für den Verbraucher am Ende neben den Emissionen der Preis für Strom und Wärme eine entscheidende Rolle spielen.

Klusmann : Da wird erneuerbare und regenerative Energie immer größere Vorteile in den nächsten Jahren haben. Die Atomkraftwerke sind abgeschrieben, so dass der Preis also in dem Bereich auf absehbare Zeit allein deshalb schon steigen wird. Mal abgesehen davon, dass der Grundstoff Uran für immer mehr Kernkraftwerke nur noch teurer werden kann genauso wie das Rohöl, das nach einer Studie bis 2020 jenseits von 200 US-Dollar pro Fass liegen wird. Also ist klar : Konventionelle Kraftwerke werden schneller teurer, und wir können mit Wind und Sonne da schon bald viel billiger werden, und zwar merklich bis 2020. Natürlich ist es so, dass erneuerbare Energie nicht von sich aus billiger wird, sondern erst die Entwicklung und neue Technologien sie attraktiver, also preisgünstiger machen.

Volksstimme : Dennoch regelt sich das alles über die Akzeptenz, auch bei den Investoren. Wie sieht die Prognose bis zu dem von Ihnen erwähnten Zeitraum denn aus ?

Klusmann : Bereits jetzt wird Strom zu 15 Prozent aus regenerativen Quellen angeboten ; bis 2020 soll der Anteil nach unseren defensiven Berechnungen auf 47 Prozent steigen. Dabei muss der Ausbau nicht mal beschleunigt werden und das Tempo der Entwicklung muss nicht einmal beibehalten werden. Allein dann können wir dieses Ziel erreichen.

Volksstimme : Die Altmark ist Bioenergie-Region, die einzige in Sachsen-Anhalt. Wo sehen Sie angesichts von 362 Windrädern, 48 Biokraftanlagen und 848 Solaranlagen noch Potenziale ? Ist hier nicht schon vieles ausgereizt ?

Klusmann : Im Prinzip zählt Sachsen-Anahlt generell und die Altmark im Besonderen schon zu den Vorreitern auf dem Bio-Energie-Sektor. Als Daumenwert gilt, wenn ein Prozent der Landesfl äche für regenerative Energie-Gewinnung genutzt wird, ist das ein ausreichender Maßstab. Davon sind wir aber in Sachsen-Anhalt noch weit entfernt. Dennoch : Andere Bundesländer haben da größeren Nachholbedarf.

Volksstimme : Nicht so gut sieht es auch in der Wärme-Energiegewinnung aus erneuerbaren Energien aus.

Klusmann : Da liegen wir noch unter unseren Möglichkeiten. Das wird unsere nächste große Baustelle.