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Neues Klassenzimmerstück des TdA: Gewalttäter Ed erzählt aus seinem Leben Große Euphorie beim Verprügeln anderer

Von Sibylle Sperling 15.12.2011, 04:25

Aus einer Mülltonne heraus erzählt der Gewalttäter Ed davon, wie er aufblüht, wenn er andere verprügeln kann. Sein Publikum: die 8. Klasse der Privaten Sekundarschule. Die war erstaunlich aufmerksam.

Stendal l Ein Junge stürmt ins Klassenzimmer und stemmt sich mit Händen und Füßen gegen die Tür, hält sie zu. Er dreht den Kopf, blickt gehetzt ins Klassenzimmer und stürzt zwischen die Schulbänke, versteckt sich. Er hat frisches Blut am Mund.

So drastisch ist der Einstieg in das neue Klassenzimmerstück des Theaters der Altmark. Das Einpersonenstück "Softgun" ist am Montag in der 8. Klasse der Privaten Sekundarschule aufgeführt worden. Der Regisseur und TdA-Schauspieler André Vetters hat das Jugendstück des schwedischen Dramaturgen Mats Kjelbye ins Klassenzimmer geholt. Keine Bühne, keine Technik. Da steht nur eine vergammelte Mülltonne vor dem Lehrerpult.

Jetzt fläzt sich Ed auf die Mülltonne und erzählt aus seinem Leben, wechselt dabei die Zeitebenen, ist mal im Jetzt, mal in seiner Kindheit. Oder ist wieder 18 Jahre alt. Da hatte er mit seinen Kumpels Leute geärgert. Doch aus einer Pöbelei konnte schnell mal was Ernstes werden. Denn wenn andere vor ihm Angst hatten, lebte Ed auf. Das provozierte ihn. Einen Jungen attackierten Ed und seine Gang so schwer, dass dieser zwischen Leben und Tod schwebte. "Drei gebrochene Rippen, eine durchstochene Lunge und ein gebrochener Schenkelknochen", erzählt er den Schülern.

Marcus Achatz spielt den Gewalttäter Ed sehr authentisch. Er präsentiert eine schwerverdauliche Kost unterhaltsam und witzig. Keiner der Schüler tuschelt, keiner zückt sein Handy. Sie lachen lauthals, schütteln ihre Köpfe und zucken zurück, wenn plötzlich Eds Fratze auf sie zukommt. "Ey, jetzt sei mal ruhig", zischt Ed einen Jungen in der ersten Schulbank an, als Ed einen selbstgedichteten Hip-Hop-Song preisgeben möchte. Diese Interaktion zwischen Schauspieler und Schülern ist grandios. Achatz packt sie von der ersten bis zur letzten Sekunde. "Wir sind eigentlich eine sehr laute Klasse. Die Ruhe ist schon erstaunlich", sagt der 14-jährige Jonas Schulze schmunzelnd.

Nach dem Stück lässt Dramaturgin Aud Merkel gemeinsam mit den Schülern das Stück Revue passieren. Viele Hände schnellen nach oben.