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Kursleiterin Jutta Schulz geht in Rente / Bei Schülern schätzt sie eigenes Schaffen und Fantasie Zur Kunst gehört für sie immer eine Idee

Von Nora Knappe 05.04.2012, 05:15

Seit 1995 ist sie das Gesicht der Kunst im Adam-Ileborgh-Haus - im Sommer geht Jutta Schulz in den Ruhestand.

Stendal l Jutta Schulz geht, aber die Kunst bleibt. Ihre größte Sorge - dass der Kunstzweig im Adam-Ileborgh-Haus vergessen werden könnte - kann sie seit dieser Woche ablegen. Im Hauptausschuss wurde zugesichert, dass es eine Nachfolge geben wird. Und für die hat Jutta Schulz, die nach 17 Jahren Kursleitung in diesem Sommer in den Ruhestand geht, eine Hoffnung: "Dass ein junger Mensch kommt, der völlig neue Prioritäten setzt, etwas macht, das ich nicht konnte oder wusste." Der Computer als Arbeitsmittel der Kunst fällt ihr da ein - ihr, die neben dem Abitur Maurer gelernt, dann Gefäßdesign studiert und Porzellane für die Industrie entworfen hat, kurz: jemand ist, der seiner eigenen Hände Kraft und Motorik einzusetzen weiß.

"Ich hab nichts gegen moderne Kunst, aber bestimmte Kunstrichtungen fallen mir schwer, sie als solche zu betrachten. Das muss wohl an meinem Alter liegen", sagt die 64-Jährige mit einem Augenzwinkern. Zur Kunst gehört für Jutta Schulz ein Anteil eigenen Schaffens, auf jeden Fall eine Idee. "Aber einfach nur etwas zusammenstellen und sagen, das ist jetzt Kunst..." Alles, was sie in einer Lebensphase berührt, etwas in ihr anspricht, das ist für sie Kunst: "Wenn mich ein Werk in eines fremden Menschen Leben, in seine Seele involviert." Diesen hohen Anspruch müssen ihre Schüler gewiss nicht erfüllen. "Ich kann von Berufs wegen vieles anerkennen, ohne dass es mich erfasst. Die Kinder sollen sich an die Kunst und das eigene Vermögen herantasten, sollen sehen lernen. Da ist auch viel Spielerisches dabei, Wissenszuwachs und Lernen beim Kunstschaffen geht viel über Fantasie."

In 17 Jahren Kunstkursen hat Jutta Schulz nicht nur unterrichtet, sondern auch selbst gelernt. Zum Beispiel dass Kunst, die einen anrührt, nicht immer Kunst erster Klasse sein muss. Oder dass Kinder oft erst das Loslassen von Erfolgsdruck und Leistungsdenken lernen müssen, bevor sie mit ihrer Kunst wirklich sie selber sein können. Dass jemand etwas anders macht, als sie es sich vorstellt. Und auch, dass nicht aus jedem Kursteilnehmer mit Talent auch ein Berufskünstler werden muss. "Der eine entdeckt mit der Kunst eine Welt für sich, der andere verliert diese Verbindung wieder", räsoniert Schulz und schaut doch immer noch mit humorvoller Bestürzung auf den Werdegang einer ihrer Schülerinnen: "Meine talentierteste Schülerin - zur Bundeswehr ist sie gegangen! Befehle befolgen ist ja nun das ganze Gegenteil von Kunst." Aber sie stellt dem Ganzen eine milde Betrachtungsweise entgegen: "Ich weiß ja, wie schön es ist, wenn man etwas hat, was man neben dem Beruf betreibt, wo man den Alltag ausschaltet und ein Wohlgefühl spürt, ein Bei-sich-Sein."

Den Werdegang der Schüler möchte Jutta Schulz gern weiterhin mitbekommen. "Das ist sehr interessant. Gerade weil man sich so irren kann." Aber insgeheim hat sie womöglich die Hoffnung, dass es die Kunstsparte im Adam-Ileborgh-Haus schafft, den Kindern eine Betrachtungsweise zu vermitteln, die auch zu Jutta Schulz\' Leben gehört: "Kunst beeinflusst meine Haltung, meine Urteile. Man sieht die Dinge anders, wenn man sich für Kunst interessiert. Kunst ist eine Denkungsart."