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Erste Zeitung erschien in Stendal zu napoleonischer Zeit / "Ältmärkisches Intelligenz- und Leseblatt" Lieder und Erlasse an das Volk

Von Frank Eckert 28.08.2010, 04:15

Die Volksstimme feiert Geburtstag; heute einen außergewöhnlichen. Sie wird dieser Tage 120 Jahre alt, und Sie, liebe Leser, dürfen an diesem Sonnabend zusammen mit uns in Barleben diesen Anlass feiern. Mit der Zeitung begann 1890 eine Erfolgsgeschichte. Hingegen ist die Zeitungsgeschichte in Stendal älter. Ihre Anfänge gehen auf das Jahr 1814 zurück.

Stendal. Die erste Seite der ersten Ausgabe zierten Verse. Es waren "Lieder für die altmärkische Landwehr" zum neuen Jahr, veröffentlicht am 3. Januar 1814. Aufmunterungen, wie sie heute via Neujahrs- oder Weihnachtsansprachen an die Menschen üblich sind, waren auch damals groß in Mode. Man blickte zurück und voraus und sprach über die Medien Mut für die Zukunft aus; nicht anders zum Jahreswechsel 1813/1814.

Das "1. Departement der königlich-preußischen Provinzen zwischen Elbe und Weser" erließ noch am 27. Dezember 1813 ein Dekret, wonach es künftig regelmäßig Veröffentlichungen über Verordnungen zu geben hätte. Man lebte in der Zeit der französischen Besatzung, noch unter napoleonischem Diktat. Unterzeichnet war das Dekret durch den Verwaltunsbeamten von Köpke.

Aus der Weberstraße hinter der damaligen Hausnummer 360, was der heutigen Nummer 12 in etwa entspricht, kamen künftig die Exemplare jener ersten Zeitung, des "Amts- und Intelligenzblattes". Der Verlag Franz und Große hatte dort seine Druckerei und bediente fortan zweimal wöchentlich die Leser mit den neuesten Verfügungen des Militärgouvernements.

1815 hieß die regelmäßige Depesche dann "Altmärkisches Amts- und Intelligenzblatt", ab 1817 "Altmärkisches Intelligenzblatt", und 1818 wurde daraus das "Altmärkische Intelligenz- und Leseblatt". Dienstags und freitags kamen so neue Nachrichten unters Volk. Es hieß in der erlassenen Verfügung zu dem Blatt, hier sollten "Bekanntmachungen der öffentlichen Behörden unentgeltlich" verbreitet werden. Für alle anderen Hinweise musste Pekuniäres über die Druckerei-Theke gereicht werden. Die Geburtsstunde von regelmäßigen Anzeigen-Einnahmen, eines der wirtschaftlichen Standbeine von Zeitungen neben dem Verkaufspreis bis heute. Damals lieferte man das Vierteljahresabo zu dem stolzen Entgelt von acht Groschen aus. Viel Geld zu damaliger Zeit.

So blieb das "Altmärkische Intelligenz- und Leseblatt" über Jahre ein Platzhirsch in Stendal – bis zur Geburtsstunde der neuen Zeitung "Der Altmärker". Er startete als "Sonntagsblatt für Stadt und Land", kostete 1 Mark 25 für drei Monate. Die Probe-Ausgabe erschien am 25. Juni 1888. Wenig später folgte die Nummer 1 am 8. Juli 1888. Wie schon beim etablierten ersten Amtsblatt erschien auf Seite 1 ein Lied – "Reisebilder" –, ein lyrischer Ausblick auf die Ferien; erst auf Seite 2 wurde des verstorbenen Kaisers Friedrich Wilhelm gedacht, jenes deutschen 90-Tage-Herrschers. Zudem ging es um die Fürsorgepflicht des Staates, ein bis heute aktuelles Thema.

Aus Stendal meldeten sie die Vorbereitungen auf die "herrlichsten Luther-Festspiele" des kommenden Herbstes, bei denen reichlich Bürger als Darsteller mitwirkten. Zudem verwahrte sich in jener Premieren-Ausgabe der Geflügelzuchtverein Stendal "gegen die Verwechslung mit dem "Geflügel- und Vogelschutzverein". Man wird, hieß es weiter, "seinen Grund dafür gehabt haben". In Tangerhütte erwarteten sie an jenem Juli-Tag 1888 Luftschiffe aus Berlin am Himmel. Der Kommentator schien begeistert und schrieb: "Eisenbahn ist Mumpitz." Also war die Luftfahrt nicht mehr aufzuhalten; so wie die Zeitungen.