1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Stendal
  6. >
  7. "Das ist keine geschäftliche Beziehung"

Bernd Fischer ist seit elf Jahren ehrenamtlich im Hospiz tätig / Männliche Helfer sind noch viel zu selten "Das ist keine geschäftliche Beziehung"

Von Nora Knappe 02.08.2012, 05:16

Bernd Fischer ist einer von 65 ehrenamtlichen Begleitern im Stendaler Hospiz. Er hilft, weil der Mensch eine Würde hat.

Stendal l Leben bis zuletzt - das wünscht sich Bernd Fischer. Gemeint ist damit ein würdiges Leben mit professioneller Begleitung, wie sie die Mitarbeiter des Stendaler Hospizes anbieten - ambulant oder stationär. Etwa 65 Ehrenamtliche - darunter gerade einmal fünf Männer - unterstützen die Hospizarbeit, geben Schwerkranken das Gefühl, dass da jemand ist in ihren letzten Wochen, Tagen, Stunden... Und zu diesen Freiwilligen gehört Bernd Fischer.

Der 53-jährige Agraringenieur hat vor elf Jahren einen Kurs für ehrenamtliche Hospizbegleiter mitgemacht. Ein bisschen aus Zufall, ein bisschen aber auch aus der Gewissheit heraus, "unterstützend wirken zu wollen in der Gesellschaft". Fischer hat sich damit für eine Tätigkeit neben seinem Beruf entschieden, die ihm erlaubt, "über Dinge zu sprechen, die sonst vielleicht Tabuthema sind". Und er kann dabei seinem Credo gerecht werden, dass die Würde des Menschen eben bis zum Schluss besteht. "Der Mensch wird heute immer nur leistungsbezogen betrachtet. Aber es spielt doch genauso eine Rolle, was er im Leben gemacht hat, wem er geholfen hat. Es kommt nicht nur auf die Leistungsphase im Leben an."

Was Fischer macht, nennt sich Begleitung und hat nichts mit professioneller Pflege zu tun. Er unterstützt pflegende Angehörige, hilft Schwerkranken bei Alltagsverrichtungen. "Da geht es auch nicht immer um Krankheit", sagt Fischer, manchmal geht es einfach nur darum, zu reden, den Hund oder die Hühner zu versorgen. "Einmal wollte einer meiner Betreuten unbedingt nochmal auf seinen Kartoffelacker. Da hab ich ihm eben geholfen, die Kartoffeln aus der Erde zu holen." Die Entlastung der Angehörigen spielt in der Hospiz-Arbeit manchmal sogar eine viel größere Rolle als die Umsorgung der Sterbenden. Denn die haben sich mit ihrem Schicksal oftmals längst abgefunden, während ihre Familie mit dem nahenden Tod hadert, nicht loslassen kann, sich überlastet.

Die ehrenamtlichen Begleiter müssen zwei Dinge mitbringen: Offenheit und Einfühlungsvermögen. Alles andere lernen sie in einem mehrwöchigen Kurs des Hospizes. "Es wird genau darauf geachtet, ob Begleiter und Betreuter zueinander passen, man geht schließlich eine sehr vertrauensvolle Beziehung ein", sagt Gundis Gebauer, Koordinatorin im Stendaler Hospiz. Feste Regeln aber für den Umgang mit den Betreuten und deren Angehörigen, die gibt es nicht. Da ist das Gespür des Begleiters gefragt.

Bernd Fischer erwartet nichts für seine Hilfe, ihm genügt das Gefühl, bei den Menschen, die er unterstützt, willkommen zu sein. Und er zieht viel Kraft aus den Begegnungen. "Das ist keine geschäftliche Beziehung, sondern eine menschliche. Ohne Soll und Haben."

Ein Info-Abend für ehrenamtliche Hospizhelfer findet am 13. September, 19 Uhr, im Mutterhaussaal statt. Der nächste Ehrenamtlichen-Kurs beginnt am Donnerstag, 20. September.