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Angler der Region sehen Vorhaben skeptisch / Noch sind keine konkreten Anträge des privaten Investors geplant An der Bode ist Bau einer Turbine geplant

Von Yvonne Heyer 15.01.2015, 02:08

Wenn es um das große Bodewehr bei Gröningen geht, schrillen bei den Anglern des Angelvereins von Oschersleben und Umgebung sämtliche Alarmglocken. Die Erneuerung soll mit dem Einbau einer Turbine einhergehen.

Gröningen l Heimo Reilein ist der neue Gewässerwart des Angelvereins von Oschersleben und Umgebung. Doch noch ehe er in diese Funktion im Dezember des vergangenen Jahres gewählt wurde, hat er bereits viel Freizeit und Nerven in das "Projekt Bodewehr Gröningen" gesteckt. Für ihn wie für die anderen Petrijünger des Vereins ist die Erneuerung des großen Bodewehrs bei Gröningen, die mit dem Einbau einer Turbine zur Stromerzeugung einhergehen soll, völlig unverständlich. "Das Bodewehr Gröningen ist laut Aussage des Landesbetriebes für Hochwasserschutz und Wasserwirtschaft (LHW) baufällig. Es muss daher abgerissen werden. Es gibt jedoch überhaupt keinen Grund ein Neues zu errichten, schon gar nicht in Verbindung mit einer Wasserkraftanlage. Zur Wasserversorgung des angrenzenden Mühlgrabens könnten Sohlgleiten errichtet werden. Diese sind ökologisch durchgängig und entsprechen den Anforderungen der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie (EWRRL)", erklärt Heimo Reilein.

Der Bau einer Wasserkraftanlage (WKA) hätte aus Sicht der Angler schwere ökologische und irreparable Folgen für die Bode und stünde damit im Widerspruch zu den Vorgaben besagter Wasser-Rahmenrichtlinie. "Der Aufstau des Wassers bedeutet auch Erwärmung. Damit wiederum sind Nährstoffeintrag und die Bildung von Algen verbunden, was zu enormen Schwankungen des Sauerstoffgehaltes im Wasser führt", erklärt Heimo Reilein die Folgen. Die Querverbauung würde ein natürliches Geschiebe verhindern, der Fluss würde kein grobes Sediment mehr bewegen und könne Kiesbänke nicht mehr ausbilden. Diese wiederum seien existenziell für Fließwasserfische wie Äsche, Barbe, Elritze und Neunaugen, da sie diese Strukturen zur Fortpflanzung benötigen.

"Wir als Angelverein werden dieses Vorhaben sehr genau im Auge behalten und wenn nötig auf Rechtsmittel zurückgreifen."

Heimo Reilein

"Auch die Errichtung einer sogenannten Fischtreppe gewährleistet die ökologische Durchgängigkeit nicht. Schwimmschwache Arten wie Neunaugen und Groppe können diese nicht passieren. Ein Rechen schützt beim Fischabstieg der wandernden Fischarten allenfalls die erwachsenen Fische, die flussabwärts wandernden Jungfische sterben durch Kollision oder Druckschwankungen im Turbinenraum. Das alles steht für uns im Widerspruch zur EWRRL", so der Gewässerwart. "Wir als Angelverein werden dieses Vorhaben sehr genau im Auge behalten und wenn nötig auf Rechtsmittel zurückgreifen."

Aufgrund der Existenz streng geschützter Arten wäre aus Sicht der Angler eine Turbine nicht genehmigungsfähig, da hier Lebensräume und geschützte Tiere vernichtet werden. Erst recht da in der Bode Neunaugen gesichtet und nachgewiesen worden seien. Neunaugen gehören zu den bedrohten Fischarten und stehen auf der Roten Liste. Auch würde der Einbau einer Wasserkraftanlage den Bemühungen der Angler, die an der Bode ein Äschenprojekt starten möchten, widersprechen. Äschen gehören ebenso zu den bedrohten Arten.

Heimo Reilein verweist in diesem Zusammenhang auf das Bodewehr in Oschersleben. Auch hier solle eine Wasserkraftanlage errichtet werden.

Es ist bereits einige Monate her, dass die Verbandsgemeinde Westliche Börde mit dem Ansinnen eines privaten Investors, eine Turbine an der Bode errichten zu wollen, konfrontiert wurde. Wie Bauamtsleiterin Ines Philipp der Volksstimme bestätigt, hatten die Investoren auch Gelegenheit, ihr Vorhaben in einer Stadtratssitzung zu präsentieren. Seither sind etliche Monate ins Land gegangen, ist ein neuer Stadtrat gewählt und man habe nichts mehr von den Investoren gehört.

Genehmigende Behörde für die Wasserkraftanlage wäre das Landesverwaltungsamt. Die Volksstimme fragte hier ebenso nach und erkundigte sich nach dem aktuellen Sachstand. Die Pressestelle bestätigte die Absicht eines privaten Investors, eine Wasserkraftanlage errichten zu wollen. Gegenwärtig befindet sich das Vorhaben in der Planaufstellung. "Dem Landesverwaltungsamt - Referat Wasser - liegt für das geplante Vorhaben eine Tischvorlage und damit noch kein Antrag vor." Möglich wären zwei Verfahrensweisen: die Planfeststellung oder die Plangenehmigung. "Über die Art des notwendigen Verfahrens kann erst nach Vorliegen des Antrags entschieden werden und dieser liegt, wie eingangs erwähnt, noch nicht vor", teilte das Landesverwaltungsamt weiterhin mit.

Zuständig für die Bode samt Wehr ist der Landesbetrieb für Hochwasserschutz und Wasserwirtschaft (LHW). Leiter Burkhard Henning und Flussbereichsleiter Dr. Christoph Ertl bestätigen die Notwendigkeit der Erneuerung des Wehres bei Gröningen wie das Ansinnen eines privaten Investors, die Wasserkraft zu nutzen und einen entsprechende Anlage zu errichten. Im Zuge des Antragverfahrens sei der Investor über den baulichen Zustand des Wehres informiert worden.

Auf dieser Grundlage hätte der Investor einen Entwurf zur Errichtung einer Wasserkraftanlage beim Landesverwaltungsamt eingereicht, der den Neubau der Wehranlage beinhaltet. In diesem Entwurf seien die durch die beteiligten Fachbehörden vorgegebenen naturschutzfachlichen Belange zu berücksichtigen. Dies betrifft sowohl die hydraulischen Randbedingungen, einschließlich der zu erwartenden Wasserspiegellagen oberhalb des Wehres, als auch die Herstellung der ökologischen Durchgängigkeit am Wehrstandort selber und allgemeine fachliche Vorgaben bezüglich der Eingriffe in Natur und Landschaft.

"Wir als LHW werden als begleitende Behörde das Vorhaben sehr genau prüfen und haben dafür einen Experten gewinnen können, der über die Landesgrenzen hinaus bekannt ist und ähnliche Vorhaben bereits begleitet hat. Darüber hinaus arbeiten wir hinsichtlich des geplanten Vorhabens an der Bode bei Gröningen auch eng mit dem Landesanglerverband zusammen. Wir sehen dies nicht als Kür, sondern als unsere Pflicht an", so Burkhard Henning.