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Ehemalige Japan-Austauschschülerin Claudia Chwalisz im "Szene-Treff"-Interview "Ich fühle mich so hilflos"

06.04.2011, 04:35

Claudia Chwalisz war für ein Jahr als Austauschschülerin in Japan. Seit Beginn des Jahres ist sie wieder in Deutschland. Volksstimme-Volontär Fabian Laaß sprach für den "Szene-Treff" mit der Haldensleberin über die Naturkatastrophe in Japan, deren Folgen und wie sie damit umgeht.

Szenetreff: Wie verfolgst Du die derzeitigen Ereignisse in Japan?

Claudia: Ich sitze täglich fassungslos mit meiner Familie vor dem Fernseher und informiere mich natürlich auch über die Live-Ticker im Internet.

Szenetreff:Hast Du Kontakt zu Deinen Gasteltern in Japan?

Claudia: Ja. Wir halten vor allem über E-Mails Kontakt. Alle zwei Wochen telefonieren wir übers das Internet.

Szenetreff: Wie geht es Deinen Gasteltern, und wie haben sie die Naturkatastrophe und deren Folgen aufgenommen?

Claudia:Der Süden Japans hat ja Gott sei Dank nicht viel von der Katastrophe abbekommen. Meine Gasteltern leben in Nagasaki. Allerdings wohnen meine drei Gastgeschwister in Tokio. Aber mittlerweile ist die gesamte Familie in Nagasaki in Sicherheit.

Szenetreff: Wie gehen Deine Gastgeschwister damit um, dass sie nicht mehr in Tokio sein können?

Claudia: Sie machen sich sehr große Sorgen und wissen nicht, ob und wann sie wieder zurück können und wie es für sie überhaupt weitergeht. Zurzeit müssen sie wegen der außergewöhnlichen Umstände nicht arbeiten.

Szenetreff:Wie geht es Dir mit all den Meldungen aus dem Land, in dem Du noch vor Kurzem noch gelebt hast?

Claudia: Direkt nach dem Erdbeben und dem Tsunami habe ich das ganze Ausmaß noch gar nicht realisieren können. Danach hatte ich sehr große Angst um meine Gastfamilie. Jetzt, wo ich weiß, dass es ihnen gut geht, bin ich etwas beruhigter.

Szenetreff: Hast Du in Deinem Austauschjahr selbst ein Erdbeben miterlebt?

Claudia: Nein. Erdbeben sind im Süden Japans eher selten.

Szenetreff:Wie beurteilst Du das Verhalten der Japaner im Hinblick auf die Atomkatastrophe?

Claudia: Ich finde es faszinierend, wie ruhig die meisten Japaner bleiben. Durch diese Haltung können sicherlich einige schlimme Dinge verhindert werden. In Deutschland wäre ganz bestimmt schon eine Massenpanik ausgebrochen.

Szenetreff: Du warst selbst schon in Tokio. Kannst Du Dir vorstellen, dass man die Stadt evakuieren könnte?

Claudia: Nein. Ich denke, das ist bei 35 Millionen Einwohnern unmöglich.

Szenetreff: Sollte es zu einem Super-GAU kommen und Deine Gastfamilie müsste evakuiert werden, würdest Du sie zu Dir nach Deutschland holen?

Claudia:Definitiv. Wir haben uns für diesen Fall auch schon bei der japanischen Botschaft erkundigt. Wir haben dort auch angeboten, andere betroffene Japaner bei uns aufzunehmen.

Szenetreff: Was macht Ihr außer diesem Angebot noch, um zu helfen?

Claudia: Wir spenden Geld und versuchen moralische Unterstützung zu geben. Etwas anderes ist derzeit ja nicht möglich. Deswegen fühle ich mich auch so hilflos, weil ich nichts machen kann, um die Situation dort zu ändern.

Szenetreff: Wenn jemand helfen möchte, was sollte er machen?

Claudia: Es gibt viele Hilfsorganisationen. Diese können genaue Auskunft darüber geben, was man machen kann. Spenden sind sicherlich die beste Variante, um zu helfen.

Szenetreff: Sind Dir in Haldensleben Aktionen für Japan bekannt?

Claudia: An meiner Schule, dem Professor-Friedrich-Förster Gymnasium, veranstalten die 5. Klassen täglich ein Kuchenbüffet. Das Geld, das sie einnehmen, spenden sie Hilfsorganisationen, die in Japan im Einsatz sind. Es wäre schön, wenn noch mehr Leute akitv werden würden. Hoffentlich gibt es bald auch mal wieder positive Nachrichten aus dem Land der aufgehenden Sonne.