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Nach hitzigen Debatten und Protesten in den vergangenen Wochen seitens des Vereins " Alge " Alternative springen über ihren Schatten

Von Mandy Ganske 18.03.2010, 04:53

Der Verein " Alternative Lebensgestaltung " ( Alge ) Oschersleben ist einen Schritt auf seinen Verpächter, die Wohnungsbau- und Verwaltungsgesellschaft Bewos, zugegangen. Dienstagmorgen hat es ein Gespräch gegeben, das beide Seiten als " konstruktiv " bezeichneten.

Oschersleben. " Es bringt nichts, wenn sich die Fronten verhärten ", erläuterte Christopher Grobys, warum sich die Alge dazu entschlossen hat, über ihren Schatten zu springen. Der Vorsitzende des Vereins macht klar, dass die Mitglieder eingesehen hätten, dass sie aus dem Objekt in der Magdeburger Straße 35 raus müssten.

Die Bewos hatte dem Verein Anfang Februar fristgerecht gekündigt. Die Begründung : Das der Alge durch die Bewos verpachtete Objekt wurde vertragswidrig untervermietet. Laut Vertrag hat die Alge ihren dortigen Vereinssitz unentgeltlich, muss Versicherungsbeiträge und Instandhaltungsmaßnahmen

selbst tragen. Für die Untervermietung hätte es derweil einer Genehmigung bedurft.

Nun steht fest, dass die jungen Leute ihren bisherigen Vereinssitz verlassen. Da einige dort auch wohnen, werden sie sich eine neue Unterkunft suchen. Um dabei zu helfen, hatte die Bewos in den vergangenen Wochen und Monaten stets Gesprächsbereitschaft signalisiert, sich aber zurückgezogen, als Mitglieder der Alge nach der Kündigung demonstriert und polemische Beiträge an die Adresse des Geschäftsführers Hans Walker sowie des Bürgermeisters Dieter Klenke im Internet gerichtet hatten. Offensichtlich haben sich die Wogen auf Seiten der Alge geglättet. Grobys betont, dass es ohnehin nie darum gegangen sei, " Revolution zu machen ". Und wenn ein Mitglied sich im Internet geäußert hat, sei es dessen Meinung und eine " Trotzreaktion " gewesen. Nun werden gegenüber der Stadt nach den Vorwürfen der vergangenen Wochen jedenfalls sanfte Töne angeschlagen. " Wir hoffen auf das Wohlwollen der Stadt, in Oschersleben weiter als soziokulturelles Zentrum anerkannt zu werden. "

Bürgermeister Dieter Klenke, der als Stadtoberhaupt auch Bewos-Aufsichtsratsvorsitzender ist, bewertet es als " vernünftigen Schritt in die richtige Richtung ", dass die jungen Alternativen wieder mit ihrem Verpächter an einem Tisch zusammen kommen wollten. Er sagte aber auch : " Diesen Schritt hätten wir uns von Anfang an gewünscht. Dann wäre es sachlich geblieben. Was abgelaufen ist, war doch ganz schön unter der Gürtellinie. " Von Bewos-Geschäftsführer Hans Walker selbst hieß es : " Wir hatten ein vernünftiges Gespräch, und ich helfe den jungen Leuten da, wo ich kann. "

Alge-Vorsitzender Grobys war mit dem Treffen ebenfalls zufrieden. Seine mit dem Gespräch verbundene Hoffnung, eine Verlängerung der verbleibenden Frist bis zum Auszug zu erhalten, könne sich allerdings nur dann erfüllen, sagte er, wenn sich tatsächlich noch rechtzeitig eine neue Heimstatt für den Verein auftut. Offiziell muss das jetzige Domizil bis 31. Juli geräumt sein. Und bis dahin, so sind er und seine Mitstreiter sich sicher, hätten sie eine Menge Arbeit vor sich. Der 18-Jährige : " Wir haben uns auch schon nach etwas Neuem umgeschaut. " Dies geschah unter anderem gemeinsam mit der Bewos. Aber es sei schwierig. Es müsste ein Objekt sein, wo sie wie bisher " einen Freiraum erhalten " könnten, um zum Beispiel weiter Unterkünfte für Menschen in Not vorzuhalten. Sie wollen weiter Konzerte veranstalten und Proberäume für junge Bands anbieten. Der Oschersleber Kay Schlüter ist einer von denen, die regelmäßig für Proben in die Alge kommen. Er kann sich schwer vorstellen, diese Möglichkeit nicht mehr zu haben. " Ich wüsste nicht, wo ich sonst hingehen sollte ", sagte der 20-Jährige als ein Unterstützer der Alge.

Weil sie dieses Angebot die ganze Zeit haben, wollten die Alge-Mitglieder im Gespräch mit der Volksstimme eine wiederholte Kritik aus der zuvor geführten Diskussion schließlich doch nicht ganz auf sich sitzen lassen. Demnach hätten sie sich mit ihrem Verein nicht mehr richtig in das Stadtleben eingebracht, zum Beispiel mit Festen und Veranstaltungen wie zu Beginn des Vereinsbestehens seit dem Jahr 2001. Nun gestehen sie zwar ein, dass es schon seit zwei Jahren keinen Tag der offenen Tür mehr gab. Auch die Idee für einen kleinen Gauklermarkt im Winter mit Ständen und Glühwein für die Öffentlichkeit sei im Sande verlaufen. Grobys hält aber dagegen : Die Mehrheit derjenigen, die sich nun für den Verein einsetzt, sei erst seit dem vergangenen Jahr aktiv – Grobys wurde ebenfalls erst 2009 Vorsitzender. Eine Art Generationenwechsel habe es gegeben, " weil die Alten alle nicht mehr da sind ". Die Unsicherheit, ob sie in der Magdeburger Straße 35 bleiben könnten, sei ebenfalls im vergangenen Sommer aufgekommen. " Wir konnten dadurch keine Ordnung finden. Warum sollten wir zum Beispiel einen Raum renovieren oder die Werkstatt herrichten, wenn wir dann eh raus müssen ", verteidigt Grobys sich und seine Mitglieder.