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Derenburger fordern Fahrverbot für Schwerlastverkehr auf ihrer engen Durchgangsstraße Laster lassen Scheiben bersten

Von Jens Müller 01.02.2013, 02:17

Eine Bürgerinitiative fordert, den Schwerlastverkehr aus Derenburg zu verbannen. Die Front der Unterstützer ist breit, da es Alternativen gibt.

Derenburg l Ein mit großen Wannenaufliegern beladener Lkw quält sich durch die Halberstädter Straße in Derenburg den Berg hinauf. Dann kommt ihm ein großer Tanklastzug entgegen. Und benutzt kurzerhand den ohnehin schmalen Fußweg. Es ist die einzige Möglichkeit, dass die beiden Laster unfallfrei aneinander vorbeifahren können.

Dieses Szenario spielt sich dort täglich dutzendfach ab, haben Siegfried und Dorothea Graul beobachtet. Und haben erneut die Initiative ergriffen, um dem Schwerlastverkehr im Ort einen Riegel vorzuschieben. "Wir haben gedacht, mit der B 6n wird es besser. Aber ganz im Gegenteil. Seit Einführung der Maut hat der Schwerlastverkehr durch den Ort sogar wieder zugenommen", sagen sie.

850 Fahrzeuge hat Siegfried Graul schon gezählt - pro Stunde wohlgemerkt. Davon waren mehr als 50 große Lkw. Die Auswirkungen sehen sie tagtäglich in ihrem Textilgeschäft und in der darüberliegenden Wohnung: Fliesen sind gerissen, Fensterscheiben gesprungen, im Mauerwerk haben sich Risse gebildet. Hinzu kommen Lärm und Schmutz sowie eine gebrochene Fahrbahndecke. "Es ist ein unerträglicher Zustand, dem die Anwohner hier ausgesetzt sind", so Grauls, die mit ihrer Meinung nicht allein sind. Mehr als 150 Betroffene haben in einer Unterschriften-aktion gefordert, den Schwerlastverkehr aus Derenburg zu verbannen. Besonders ärgert sie, dass das Durchfahrtsverbot für Lkw über 7,5 Tonnen, das sie bereits 1999 erstritten hatten, von einigen Lkw-Fahrern einfach ignoriert wird. "Auch Tempo 30 fährt hier niemand", so Grauls, obwohl ein Schild deutlich darauf hinweist.

"Derenburg kann von allen Seiten bestens umfahren werden."

"Wenn es keine Alternativen gäbe, müsste man es vielleicht akzeptieren", sagt Siegfried Graul. Doch ein Blick auf Straßenkarten oder Klicks im Internet auf die dort angebotenen Routenplaner zeichnen ein ganz anderes Bild. So müssen seiner Meinung nach Rübenlaster aus Silstedt und Benzingerode nicht zwingend durch Derenburg fahren, um zu den Zuckerfabriken in Wanzleben und Könnern zu gelangen. Und auch die Humustransporter aus Langeln könnten bequem die Straße über Heudeber, Danstedt und Ströbeck nach Halberstadt benutzen. "Derenburg kann von allen Seiten bestens umfahren werden", sagt der Derenburger, der mit seinem Begehren bereits auf eine breite Unterstützung setzen kann.

"Im Fall der Halberstädter Straße sehe ich einen dringenden Überprüfungs- und Handlungsbedarf, da davon auszugehen ist, dass unter anderem Richtwerte überschritten werden", erklärt der CDU-Landtagsabgeordnete Bernhard Daldrup, der den Landesstraßenbaubetrieb um "eindringliche Überprüfung" gebeten hat. Sein Landtagskollege Dr. Ronald Brachmann (SPD) hatte jüngst bei einem Gespräch mit Blankenburgs Bürgermeister Hanns-Michael Noll (CDU) versichert, sich für die Bürgerinitiative im Magdeburger Verkehrsministerium einzusetzen.

"Ein unerträglicher Zustand, dem die Anwohner ausgesetzt sind."

Vom 7. bis 10. Januar gab es außerdem eine Verkehrszählung - veranlasst von der Harzer Kreisverwaltung. Allerdings laufe die Auswertung der Daten noch, teilte die Pressestelle auf Volksstimme-Nachfrage mit.

Die Denkmalschützer sehen ebenfalls akuten Handlungsbedarf. Denn gerade die Halberstädter Straße ist "eindrucksvoll geprägt" durch "eine geschlossene zweigeschossige traufbeständige Bebauung mit wechselnden Gebäudehöhen des 17. bis 19. Jahrhunderts, vorherrschend zumeist ziegel-ausgemauertes Fachwerk mit durchlaufender Profilbohle", heißt es im Denkmalverzeichnis des Landes Sachsen-Anhalt. "Um diese Eigenschaften weiter erhalten zu können, ist die Verbannung des überregionalen Schwerlastverkehrs dringend geboten", empfiehlt Frank Mahnke von der Unteren Denkmalschutzbehörde. Der derzeitige Zustand gefährde seiner Ansicht nach die Ziele der städtebaulichen Sanierung und Erhaltung wertvoller Denkmalsubstanz.