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Aufgebrachte Anwohner entfernen Knöllchen von Autos / Einigung bahnt sich an Parkplatz-Abzocke erhitzt die Gemüter

Von Julia Bruns 10.08.2013, 03:13

Wernigerode l Der Streit um Parkplätze auf einem privaten Supermarktgelände in Wernigerode droht zu eskalieren. Wenigstens sonntags sollte man kostenlos auf dem Areal an der Minslebener Straße parken dürfen, sind einige Bürger überzeugt. Sie haben in einem Brief das Verhalten des Parkplatzbetreibers angeprangert.

Was war geschehen? Es war Sonntag, 21. Juli. Der Supermarkt ist regulär geschlossen. Zu einer Abschlussveranstaltung des Johannes-Brahms-Chorfestivals in der Stadtfeldhalle war der Andrang groß. Parkplätze sind im Wohngebiet Stadtfeld rar. Einige Besucher stellten ihr Auto auf dem Marktgelände ab. Während des Konzertes erhielten sie Strafzettel von dem Betreiber des Parkplatzes, der Firma Wemax e.K. mit Sitz in Halle.

Außerhalb der Öffnungszeiten ist das Parken nur Stellplatz-Mietern gestattet. Eine Parkkarte ist für 29 Euro pro Monat erhältlich. Wer keine Berechtigung besitzt und sein Auto abstellt, wird zu einer Zahlung von 30 Euro aufgefordert oder kostenpflichtig abgeschleppt.

Einige aufgebrachte Bürger kassierten die Knöllchen während des Konzertes unbemerkt von den Fahrzeughaltern ein.

"Es ist ein Ausdruck der Instinktlosigkeit im Streben nach Gewinn." - Aus einem Brief an die Firma Wemax

"Wir wählten bewusst den heutigen Tag, weil es unserer Meinung ein Ausdruck der Instinktlosigkeit im Streben nach Gewinn ist, so einen Anlass wie das Abschlusskonzert zu wählen, wo ringsherum Parkplatznot herrscht", schreiben sie an Wemax. Da das Wegnehmen der Knöllchen strafrechtlich gesehen ein Diebstahl ist, möchten sie anonym bleiben.

Der Brief liegt der Volksstimme vor und ist auch im Wernigeröder Rathaus eingegangen. Ordnungsdezernent Volker Friedrich: "Ohne dem Privateigentümer zu nahe treten zu wollen, finde ich es vorstellbar, dass der Betreiber auf die Bürger zugeht. Es wäre eine große Geste und im Sinne des Zusammenlebens, wenn die Firma Kulanz walten lässt."

Uwe-Friedrich Albrecht (CDU) wird als Quartiersmanager im Stadtfeld von vielen Anwohnern bei Problemen angesprochen. "Es gibt großen Unmut über das Verhalten der Firma Wemax", weiß er. "Während der Bauphase in der Ernst-Pörner-Straße hatte die Stadtverwaltung einen Kompromiss ausgehandelt, Knöllchen wurden nicht verteilt." Seit dem Ende der Bauarbeiten werde wieder außerordentlich streng gegen Falschparker vorgegangen.

"Es ist ärgerlich, dass wir als Anwohner den Parkplatz nicht nutzen dürfen. Es gibt mehr als genug Parkplätze an dem Kaufmarkt", sagt Madeline Anacker, die im Stadtfeld wohnt. Ihr Bruder Christopher Anacker pflichtet ihr bei: "Uns werden Stellplätze weggenommen, die hier Mangelware sind."

Der Komplex an der Minslebener Straße gehörte bis vor wenigen Monaten dem Unternehmen "Rahlfs Immobilien" in Neustadt am Rübenberge. Pächter des Marktes war zu dieser Zeit Edeka Minden. Die Neustädter Firma verkaufte das Grundstück im Frühjahr einer niedersächsischen Investorin. Neuer Betreiber ist seitdem die Firma PUG aus Salzwedel. "Wir betreiben vier NP-Märkte in Wernigerode und einen in Schierke", sagt Vorstandsmitglied Lothar Seiffert gegenüber Volksstimme. "Die Verträge zur Bewirtschaftung des Parkplatzes hat Edeka Minden abgeschlossen. Wir haben sie übernommen. Den genauen Inhalt kenne ich nicht."

"Wir überlegen, auch den NP-Parkplatz in Schierke so verwalten zu lassen." - Lothar Seiffert, PUG Salzwedel

Änderungsbedarf sehe er nicht - im Gegenteil. Seiffert: "Wir überlegen, auch den NP-Parkplatz in Schierke so verwalten zu lassen." Touristen würden dort die kostenfreien Stellflächen nutzen, die nur für Kunden vorgesehen sind. "Ob durch eine Firma oder eine Schranke, so halten das ja viele Besitzer von Supermarkt-Parkflächen", so Seiffert.

Er verweist auf eine Aussprache mit der Wernigeröder Stadtverwaltung am 22. August, bei der die Nutzung des Geländes in der Minslebener Straße endgültig geklärt werden soll.

Uwe-Friedrich Albrecht nimmt sich gemeinsam mit Kerstin Trute vom Liegenschaftsamt der Angelegenheit an. Er ist zuversichtlich, dass die Parkflächen bald wieder kostenfrei zur Verfügung stehen. "Es zeichnet sich eine positive Lösung ab, aber mehr kann ich noch nicht sagen", so Albrecht.

Patienten der umliegenden Ärzte, Kunden der Apotheke und Besucher von Anliegern konnten noch bis vor drei Jahren auf der Stellfläche kostenfrei parken. Der Platz war städtisches Eigentum. "Rahlfs Immobilien" wollte die Fläche 2010 erwerben, der Stadtrat stimmte dem Verkauf im September 2010 zu. Die Lokalpolitiker baten allerdings, die Stellflächen den Anwohnern weiter zur Verfügung zu stellen.

So heißt es in der Vorlage: "Hierbei sollen zukünftig weiterhin Parkplätze auch für die Anwohner zur Verfügung stehen." Ob kostenlos oder gegen Gebühr wurde in dem Vertrag nicht explizit vereinbart. Jedoch ist im Grundbuch für die Fläche festgehalten, dass mehr als 60 Parkplätze für Anwohner vorzuhalten sind. Darauf könnte sich die Stadtverwaltung bei dem Treffen stützen.

Die Firma Wemax konnte nicht für eine Stellungnahme erreicht werden.