1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Wernigerode
  6. >
  7. "Hoffe, sie beschließen es nun mal langsam"

EIL

Magdeburger Heraldiker Jörg Mantzsch kritisiert Zögern beim Wappen: "Hoffe, sie beschließen es nun mal langsam"

Von Rainer Marschel 19.11.2010, 04:18

Dem Fachmann Jörg Mantzsch scheinen die Nerven blank zu liegen. Gleich mehrfach hat er während der letzten Monate das neue Wappen für den Nordharz, entsprechend den Wünschen aus der Region, modifiziert. Doch vor Ort stößt er damit auf ein Gemisch aus vorbehaltloser Zustimmung, deutlich vernehmbarer Skepsis und nicht zu überhörender Ablehnung.

Veckenstedt. Dem Heraldiker Jörg Mantzsch ist die Ungeduld deutlich anzumerken. Er entwirft das neue Wappen für den Nordharz. Das Ganze ist eigentlich ein Routinejob - dachte er jedenfalls. Immerhin hat er schon hunderte Wappen für andere Orte entworfen.

Aber ein derart zähes Ringen wie im Nordharz ist ihm nach eigenem Bekunden selten passiert. Zu Beginn dieser Woche trafen Ortsbürgermeister wiederholt aufeinander, um sich auf die beste Variante abschließend zu verständigen.

Die jetzt in Veckenstedt vorgestellte und vorläufig "letzte Variante" ist bereits die vierte aus der Feder des Heraldikers.

Mal passte der farbliche Hintergrund nicht, dann war es die zu voluminöse Darstellung der Prinzessin Ilse. Mantzsch hat sie daraufhin verschlankt. Zumindest scheint es über den blauen Hintergrund einen Konsens zu geben. Die Farben Grün und Rot spielen in der Diskussion praktisch keine Rolle mehr.

Allerdings steckt der Teufel wie so oft im Detail. Und daran scheiden sich die Geister zwischen Abbenrode und Dan-stedt. So hätte der eine links und rechts acht stilisierte Mühlenflügel symbolisch für die acht Nordharzer Gemeinden platziert. Diesen Wunsch kann der Fachmann aber nicht erfüllen, weil es den Regeln der Heraldik widerspreche. Immerhin müssten die Mühlenflügel auch auf einem winzigen Dienstsiegel klar erkennbar sein.

Da genau das ausgeschlossen ist, wäre ein solcher Entwurf wohl kaum durch die zuständige Fachabteilung in der Magdeburger Landesregierung zu genehmigen. Mantzsch: "Dort beginnt man wegen der sich permanent ändernden Vorschläge auch allmählich die Geduld zu verlieren. Tenor: Es gibt doch für uns nicht nur den Nordharz."

"Es gibt doch für uns nicht nur den Nordharz"

So gesehen ist auch die vor Ort gewünschte Variante von vier stilisierten Bockwindmühlen links und vier symbolischen Wasserrädern rechts der Ilse nur eine rein theoretische.

Das wurde auch deutlich angesprochen. Wenn das aber schon nicht möglich sein soll, dann würden die Bürgermeister am liebsten wieder zur ersten Variante von Mantzsch zurückkommen, so das Fazit in Veckenstedt. Wohlgemerkt mit einer schlankeren Ilse und jeweils vier Mühlsteinen zu beiden Seiten. Mindestens zwei Vertreter aus den acht Gemeinden und Bürgermeisterin Hannelore Striewski dürfte das besonders freuen. Sie hatten diese Variante bereits vor Monaten favorisiert.

Bei dieser Gelegenheit räumt der Magdeburger Wappen-Experte auch gleich mit anderen Missverständnissen auf. So beziehe sich die dargestellte Ilse keinesfalls auf Ilsenburg, sondern ausschließlich auf den Fluss. Zudem sei das Argument, wonach die Mahlsteine lediglich für Wassermühlen stehen, unzutreffend. In der Heraldik würden damit sehr wohl beide Mühlenarten symbolisiert, so Jörg Mantzsch, weil es solche Steine bekanntlich in beiden gibt.

"Die Bürgermeister müssen mir endlich mal vertrauen"

Aber der Fachmann nennt auch einen anderen Grund, weshalb die Heraldik Mühlenflügel nicht vorsehen würde. Sie wären zu leicht mit dem Andreaskreuz zu verwechseln. Insofern wären sie allein aus diesem Grund wohl nicht genehmigungsfähig. "Der Handlungsspielraum ist für mich zwar da, aber er ist dennoch begrenzt", so der anerkannte Heraldiker.

"Wunderbar, wenn man sich so viele Gedanken macht"

Der Experte ist vor dem Hintergrund des monatelangen Gezerres bereits hörbar entnervt. "Die Ortsbürgermeister sollten mir endlich auch mal vertrauen. Und sie müssen sich eingestehen, dass sie fachlich an ihre Grenzen stoßen", erklärte Mantzsch.

Allerdings kann er die Gedanken der Volksvertreter in den kleinen Gemeinden auch gut nachvollziehen: "Eigentlich ist es ja wunderbar, wenn sich die Menschen solche Gedanken um ihr neues Wappen machen. Ich hoffe lediglich, dass sie nun auch langsam darüber beschließen".