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Stadtverwaltung bedauert "riesigen Imageschaden" und treibt neuen Bebauungsplan voran Plagiatsskandal um den Küchengarten könnte große Chance für das Areal sein

Von Julia Bruns 14.11.2013, 02:04

Der Plagiatsskandal um eine Wernigeröder Planerin überschattet den Architektur-Wettbewerb "Mut zur Lücke". Ein "riesiger Imageschaden" sei für die Stadt entstanden, heißt es im Rathaus. Für das Küchengarten-Gelände könnte der Fall dagegen ein Gewinn sein.

Wernigerode l Es ist das Aushängeschild der Architektenkammer Sachsen-Anhalt: der landesweite Wettbewerb "Mut zur Lücke". 79 Architekten und Stadtplaner haben sich an der dritten Auflage beteiligt und Ideen entwickelt, um Baulücken in sieben Städten zu schließen. Darunter auch die Wernigeröderin Skadi Giertz, die ein Konzept für das brachliegende Küchengarten-Gelände einreichte - und damit im Juli gewann.

Dass sie diesen ersten Preis samt Urkunden zurückgeben muss, hat die Wernigeröder Verwaltung am Dienstag mitgeteilt (Volksstimme berichtete). Für Baudezernent Burkhard Rudo gilt es mittlerweile als erwiesen, dass Giertz sich gestalterisch bei einem bereits verwirklichten Hamburger Immobilienprojekt bedient hat.

"Bedauerlich ist, dass sich dadurch die Bebauung des Küchengartens verzögert", so Wernigerodes Bau-Chef. Derweil werde gemeinsam mit dem Zweitplatzierten, Planungsring aus Wernigerode, an einem neuen Bebauungsplan gearbeitet. Eine Wiederholung von "Mut zur Lücke" für das Gelände der ehemaligen Gorki-Schule sei ausgeschlossen.

"Wir haben ein Berufsrechtsverfahren gegen Frau Giertz eingeleitet."

Nancy Eggeling, Architektenkammer

Das bestätigt auch Nancy Eggeling von der Architektenkammer. Die Kammer hatte am gestrigen Mittwoch zur "Mut zur Lücke"-Abschlussveranstaltung nach Bad Lauchstädt geladen. Dort wurde eine Broschüre mit den 21 Sieger-Entwürfen präsentiert - keine Erwähnung findet darin Skadi Giertz. "Aus Wernigerode sind nur der zweit- und der drittplatzierte Entwurf erschienen", bestätigt Nancy Eggeling. Dass ein Preis eines Plagiats wegen aberkannt wird, sei einmalig. "Wir haben ein Berufsrechtsverfahren gegen Frau Giertz eingeleitet. Das kann sich aber hinziehen", informiert die Sprecherin. Bestätigt sich in dem Verfahren, dass Skadi Giertz ihre Berufspflichten verletzt hat, drohen ihr ein Verwarnungsgeld bis zu 15000Euro und die Aberkennung der Mitgliedschaft in den Gremien der Kammer, was den Ausschluss nach sich zieht.

"Der Vorfall ist auch ein riesiger Imageschaden für die Stadt Wernigerode", betont Pressesprecher Andreas Meling. "Es ist schade, dass der Wettbewerb dadurch ¿Geschmäckle\' bekommen hat." Solche Wettbewerbe seien eine Chance, eine Bandbreite an Ideen zu sammeln.

Besorgt um das Ansehen der Architektenkammer ist auch Mario Kowalsky vom zweitplatzierten Büro Planungsring. "Das bringt den ganzen Wettbewerb in Misskredit", sagt der Wernigeröder. "Die Aufklärung des Falls zeigt aber, dass so etwas Konsequenzen nach sich zieht."

Freuen könne er sich nicht darüber, dass sein Büro auf diese Weise an den Planungen für das Gorki-Areal beteiligt wird. "Skadi Giertz hat früher in unserem Büro als Architektin gearbeitet, und das erfolgreich", betont er. Er erinnert daran, dass einer von zwei Wettbewerbsteilen auf der eigenen Leistung von Skadi Giertz beruhte. "Die Anordnung der Gebäude auf dem Küchengarten, einem sehr speziellen Gelände, ist definitiv von ihr", sagt er. "Aber der zweite Teil, die Gestaltung der Gebäude, wohl nicht." Diese war laut Wettbewerbsausschreibung ebenfalls von den Architekten selbst zu erbringen.

Mario Kowalsky zufolge haben die Geschehnisse in der Bevölkerung "eine intensive Debatte um den Küchengarten entfacht" - und das sei per se nichts Schlechtes.

"Unser Entwurf ist parkähnlich, lässt mehr Raum für Grünflächen."

Mario Kowalsky, Planungsring

Giertz\' Entwurf sah 89 Wohnungen auf dem Gelände vor. Mario Kowalsky: "Wir haben mit nur 55 Wohnungen geplant. Unser Entwurf ist parkähnlich, lässt mehr Raum für Grünflächen." Der Entwurf von Skadi Giertz sei für einen Investor, der wirtschaftlich rechnen muss, möglicherweise attraktiver gewesen. "Allerdings zeigt sich jetzt, dass die Anwohner der Walther-Rathenau-Straße lieber einen lockeren Bebauungsplan sähen", so Kowalsky. Am Montag, 25. November, findet zur Zukunft des Areals eine öffentliche Versammlung in der Liv-Ullmann-Schule statt.

Skadi Giertz hatte bislang selbst noch nichts zu den Vorwürfen und zu der Aberkennung des Preises gesagt. Sie erklärte am Dienstag gegenüber der Volksstimme, sie wolle sich am Mittwoch äußern, doch hielt ihr Versprechen nicht ein.