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Wernigerode: Behörde muss erneut für Eigentümerin einspringen Müllhalde Argenta - Versteckspiel beendet

Tonnenweise Bauschutt und Müll türmen sich in Fabrikhallen und auf dem
Gelände der ehemaligen Schokoladenfabrik in Wernigerode, vor und hinter
den Gebäuden. Verantwortungslos, kritisieren Anwohner. Behörden sind
tätig geworden. Das Versteckspiel hat ein Ende.

Von Julia Bruns und Regina Urbat 08.03.2014, 01:20

Wernigerode l Den Worten sind Taten gefolgt. Die Stadtverwaltung hat den Zugang zu den Müllbergen auf dem Gelände der alten Schokoladenfabrik in Hasserode vor gut einer Woche mit Bauzäunen versperrt. Die behördliche Anordnung ist Resultat einer Besichtigung von Ordnungsamtsleiter Gerald Fröhlich Anfang des Jahres. Immer wieder war Unmut aus der Nachbarschaft über die Zustände auf der Industriebrache in der Burgmühlenstraße, Ecke Amtsgasse laut geworden. Anwohner kritisierten die Verantwortungslosigkeit und sprachen von Umweltsünden.

Den Zaun hätte die Eigentümerin aufstellen lassen müssen. Sie war laut Aussage aus dem Ordnungsamt zunächst "nicht aufzufinden". Mittlerweile ist das Versteckspiel beendet. "Wir haben der Wernigeröderin mit Unterstützung der Polizei das Schreiben persönlich ins Haus gebracht", sagte Dezernent Volker Friedrich auf Nachfrage. Die Absicherung des Geländes umzusetzen, lehnte die Eigentümerin jedoch ab. "Wir haben das Geld nicht. Das hat meine Frau der Verwaltung schriftlich mitgeteilt", sagte der Ehemann gegenüber der Volksstimme.

So sind auf Kosten der Steuerzahler die Sperren errichtet worden, um den Müll-Tourismus auf dem Argenta-Gelände zu stoppen. Den ganzen Abfall zu entsorgen, "das können und wollen wir nicht leisten", sagte Jeannette Götz von der Unteren Abfallbehörde der Kreisverwaltung. Rechtlich gesehen sei der Bauschutt, der sich vor den Gebäuden türmt, "ungefährlich". Mit ihrem Vorgesetzten Torsten Sinnecker sowie den Rathausmitarbeitern Torsten Friedrich (Bauhof), Ulrich Eichler (Umweltamt) und Iris Mendritzki (Ordnungsamt) wurde das Fabrikgelände noch einmal gründlich besichtigt.

Das Fazit der Begehung: "Wir werden uns hier nicht zum letzten Mal gesehen haben", so Torsten Sinnecker. "Uns gefällt der Zustand überhaupt nicht. Wir sind seit Jahren an diesem Objekt dran." So habe die Kreisverwaltung in den zurückliegenden drei Jahren Kühlschränke, asbesthaltige Baustoffe sowie Farben und Altöle abtransportieren lassen. Kosten: 3000 Euro. Damit ist die Kreisverwaltung - wie im "Zaun-Fall" die Stadtbehörde - in Vorleistung gegangen, weil die Eigentümerin "die Rechnungen nicht bezahlen kann", sagt Sinnecker.

Wie Volksstimme vom Ehemann erfuhr, sei ein Insolvenzverfahren "in Arbeit". Ein Zwangsverwalter betreut das 22000Quadratmeter große Argenta-Gelände im Auftrag des Gläubigers, der Nord LB. Mehrere Hunderttausend Euro hatte die Bank der Eigentümerin geliehen, um das Projekt "Wohnbebauung Schokoladenfabrik" umzusetzen. Bis auf eine Teilerschließung und zwei Einfamilienhäuser wurde nichts realisiert. Die Immobilie soll im Auftrag der Bank versteigert werden. Der genaue Termin steht nach Auskunft von Amtsgericht-Direktor Ulrich Baumann noch nicht fest. Ein Gutachter besichtigte im Vorjahr das Gelände, um den Verkehrswert festzustellen. Das Wertgutachten ist laut Baumann der Eigentümerin sowie der Nord LB zugegangen.

Im Mai 2007 hatte die Eigentümerin das Areal gekauft. 2008 gab der Stadtrat einer Investorengesellschaft grünes Licht, um elf Einfamilienhäuser, 40 Mietwohnungen sowie Altenpflegeheim und Café zu bauen. Mitglied der Investorengesellschaft war der Ehemann der Besitzerin. Heute erinnert nur noch eine Aufschrift an die "SLOFT Concept GmbH Co. KG", die am 27. Mai 2013 aus dem Handelsregister gelöscht wurde.

Zwei frühere Partner des geschäftigen Ehepaares haben Volksstimme gegenüber unabhängig voneinander gesagt, dass in der Fabrik Schrott und Bauschutt entsorgt wurde. Der Großteil soll aus anderen Immobilien stammen, die der Wernigeröder unterhält. "Es ist immer dieselbe Masche: Er beutet die Grundstücke systematisch aus, skelettiert sie", sagt einer der Männer, der sich in einem laufenden Verfahren gegen den Wernigeröder befinde. Er habe sich von "eindrucksvollen Briefköpfen, ausgefeilten Projektentwürfen, Kontakten ins Bankwesen und selbstbewusstem Auftreten blenden" lassen.

"Alles Quatsch", entgegnet der Beschuldigte auf Nachfrage. Der Bauschutt stamme von den Abrissarbeiten auf dem Argenta-Gelände. Immerhin sollten 5,4 bis 7,5 Millionen Euro investiert werden. Da sich jedoch die Geldgeber für den Umbau zu einem modernen Seniorenheim nicht einigen konnten und absprangen, "standen wir plötzlich allein da."