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Am kommenden Wochenende besucht Blankenburger Delegation den Partnerkreis Ostrzeszow /Benefizkonzert für Sanierung barocker Kirche Kantor spielt ehemals deutsche Orgel in polnischem Kloster

Von Katrin Schröder 08.10.2014, 03:03

Blankenburg l Unter Freunden muss man auch einmal verlieren können - zum Beispiel beim Tennis. "Natürlich haben uns die Polen geschlagen", sagt Hanns-Michael Noll (CDU) mit einem Lächeln. Vor zehn Tagen waren die Sportler aus dem polnischen Ostrzeszow zu Besuch in Blankenburg. Wenn am kommenden Wochenende eine Delegation aus Blankenburg in den Partnerlandkreis fährt, steht die Musik im Vordergrund. Der Blankenburger Kantor Josef Opfermann gibt drei Gastspiele, unter anderem im ehemaligen Bernhardinerkloster der Stadt.

Die Idee hatte Hanns-Michael Noll bei einem vorhergehenden Besuch. "Wir haben bei einer Führung im Kloster viel über dessen Geschichte erfahren", sagt der Bürgermeister. Der Bernhardinerorden wurde um 1630 nach Ostrzeszow gerufen. Die barocke Klosteranlage wurde in der zweiten Hälfte des 17.Jahrhunderts gebaut und in den Jahren 1833/34 von Preußen enteignet. Als die Schwestern der Heiligen Familie von Nazareth 1933 einzogen, war die Anlage bereits stark beschädigt. Der Zweite Weltkrieg tat ein übriges. "Als die Schwestern 1946 zurückkehrten, war das Kloster unbewohnbar. Es gab keine Türen, keine Fenster, kein Wasser oder Strom", erklärt Schwester Elwira Prokopek von den Nazaretaner-Schwestern.

Nach Jahrzehnten, in denen nur das Nötigste repariert wurde, läuft seit 2010 eine umfassende Sanierung. Im ersten Schritt wurden mit EU-Hilfen von rund 3,5 Millionen Euro das Dach instandgesetzt, wie Schwester Agata Podniesienska mitteilt. Modernisiert wurden zudem die Heizung und die Beleuchtung in der Kirche und in dem Teil des Klosters, der seit 2012 öffentlich zugänglich ist.

Seit zwei Jahren wird mithilfe des Kulturministeriums die Fassade saniert. "Derzeit verfolgen wir eine Politik der kleinen Schritte", sagt Schwester Agata. Kostspielig ist etwa die Sanierung wertvoller Fresken aus dem 18. Jahrhundert, die sich an Wänden und Gewölben von Klosterkirche und Kloster befinden. Diese wurden übermalt und müssen restauriert werden. Seit Juni 2013 wird an den Malereien im Chor hinter dem Altar gearbeitet.

Die Blankenburger wollen nun helfen, Geld für die Sanierung aufzubringen - mit einem Benefizkonzert, das am Sonnabend, 11. Oktober, in der Klosterkirche stattfindet. "Mich haben die sechs Jahre deutscher NS-Herrschaft bewegt. Wir wollen ein Zeichen setzen", sagt Noll. Die Idee hat auch den Kantor begeistert. "Ich habe sofort Ja gesagt", so Josef Opfermann. Sein Konzertprogramm steht - eine halbe Stunde bestreitet er am Sonnabend im Rahmen der Klosterkonzertreihe "Perlen der Krone". Hinzu kommen Kurzprogramme nach den Messen in den Kirchen von Ostrzeszow und Kobyla Gora am Sonntag.

Darbieten wird Opfermann unter anderem Werke von Bach, Händel und Buxtehude. Das Instrument, auf dem er spielen wird, hat eine lange Reise hinter sich. Es wurde 1959 in Worpswede gebaut und diente bis 2011 der evangelischen Gemeinde im Ort. Seit 2012 steht die 5,30 Meter hohe und 4,30 Meter breite Orgel in der Klosterkirche.

Über das Gastspiel freut sich auch der Landrat des Kreises Ostrzeszow, Lech Janicki. "Für uns ist das ein großes kulturelles Ereignis", sagt er. Die Partnerschaft mit Blankenburg sei für die Polen von großer Bedeutung, betont Janicki: "Unsere Zusammenarbeit blüht." Er selbst erinnert sich gern an seinen ersten Besuch in Blankenburg vor 40 Jahren. "Damals war ich 14 Jahre alt und habe am Leichtathletik-Meeting teilgenommen." Für den bevorstehenden Besuch habe man aber nach einem kulturellen Akzent gesucht.

Hanns-Michael Noll könnte sich vorstellen, die Zusammenarbeit auf dem Gebiet zu erweitern. "Vielleicht könnten polnische Restauratoren, die international einen guten Ruf genießen, im Blankenburger Schloss tätig werden", schlägt er vor. Was die beiden Städte unternehmen, wird in der Harzer Kreisverwaltung aufmerksam verfolgt. "Wir überlegen, ob wir uns mehr einbringen, wenn das gewünscht wird", sagt Jennifer Heinrich, beim Harzkreis zuständig für Städtepartnerschaften. Noll und Janicki hätten nichts dagegen.