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Umstrittene Sehenswürdigkeit Panzer als Attraktion und Ärgernis

Panzerfahren auf friedliche Art und sogar in Familie entwickelt sich zum
touristischen Renner für Benneckenstein, die Oberharzstadt und die
Region. Gäste kommen immer öfter deswegen extra von weit her in den
Harz. Für viele werde so ein Traum wahr, heißt es. Für manche Anwohner
aber auch ein Albtraum.

Von Burkhard Falkner 30.03.2015, 03:25

Benneckenstein l Grüne Wiesen und idyllische Wanderwege haben für Touristen schon immer zum Harz gehört. Heutzutage gehören indes auch Western-Shows längst dazu, ebenso Wallrunning an der Talsperrenmauer und - Panzerfahrten.

Seit geraumer Zeit schon sorgen verschiedene ausgediente Militärfahrzeuge bei Abenteuertouren in Benneckenstein, bei Oldtimertreffen in der Region und bisweilen gar in Fernsehshows für Aufsehen. Die friedlichen Fahrten sind beliebt, der Zuspruch wächst Jahr für Jahr, wie Beobachter berichten.

Aus ganz Deutschland und sogar dem Ausland kommen inzwischen Intressierte und haben einen großen Spaß, mit einem schweren Kettenfahrzeug auf vorgegebenen Routen durch eine schöne Landschaft zu rollen. Ein Kindertraum gehe da in Erfüllung, ist von Besuchern nicht selten zu hören, ebenso der Traum mancher Väter. Für manche Anwohner wird es jedoch zum Albtraum.

Hans-Georg Grube und Doris Rossek sehen und hören die Panzer von ihrem Wohnhaus aus, fast wie bei einem Manöver, und sind darüber entsetzt.

"Es ist völlig unverständlich", schreibt Hans-Georg Grube der Volksstimme, dass die zuständige Kreisbehörde das Panzerfahren im Grünen und mitten im ansonsten geschützen Naturgebiet überhaupt zulasse. Erst nur an zehn, jetzt sogar an 30 Tagen im Jahr.

Die Genehmigung der Panzertouren sei völlig rechtens, bekräftigt indes Klaus Frey vom Umweltamt des Harzkreises. Alle Bedingungen die aus Bundes-Immissionsschutzgesetz, Wasserrecht, Baurecht und Naturschutzrecht erwachsen, würden von den Panzerfreunden peinlich genau erfüllt. "Die Genehmigungen waren somit zu erteilen", erklärt Frey. Ein Widerspruch sei von Anwohnern eingelegt, aber abgewiesen worden, so Frey. Eine Nachbarschaftsklage sei anhängig. Die Entscheidung des Verwaltungsgerichtes stehe aus.

Für Panzerfahrer Mario Tänzer ist es seinerseits unverständlich, dass sein "mit viel Elan aufgebautes Tourismus-angebot" so in die Kritik gerät. "Wir haben mehrere Lärmmessungen machen lassen, alle Genehmigungen liegen vor, und das sind nicht wenig", betont Tänzer. Einschränkungen seines Gewerbes würden die Arbeit mit Fahrzeugmuseum, Oldtimertreffen und Märkten für die Region beeinträchtigen. Es gehe um vier Arbeitsplätze, um die Existenz seiner Familie, sagte Tänzer der Volksstimme, und um den Tourismus in der ganzen Region. Hunderte Absagen habe er früher geben müssen, weil die Panzerfahrten beschränkt waren. Das Interesse werde immer größer. Die jetzige Freigabe der Fahrten bedeute nicht, dass nun Panzermanöver stattfänden. "Wir fahren 30 Tage im Jahr, das ist weniger als ein Zehntel des Jahres und unsere Panzerstrecke verläuft 300 Meter vom nächsten Haus entfernt", sagt Tänzer.

Unterstützung bekommt der Mittelständler vom Heimatverein Benneckenstein. "Gartenfreunde müssen auch mit dem Lärm von Kreissäge, Rasenmäher oder Bum-Bum-Musik leben, und mehr als 30 Tage im Jahr", sagt Jürgen Kohlrausch. Er ergänzt: "Die ermittelten Lärmwerte beim Panzerfahren liegen weit unter den erlaubten 70 Dezibel." Für die meisten Ein- und Anwohner sei das kein Problem.

"Wir kooperieren mit den Anbietern der Panzerfahrten, schnüren Angebotspakete, die gut ankommen", sagt Hotelchefin Steffi Gerhard und bestätigt: "Viele Gäste im ,Hotel Zur Brockenbahn` reisen extra wegen der Panzerfahrten an." Das Angebot sei ein Magnet.

Dies stellte auch der Ortschaftsrat Benneckenstein fest. Seine Mitglieder überlegten vor ihrem Ja zu den 30 Panzertouren im Jahr lange hin und her. Tourismusmagnet im Gesamtinteresse der Stadt hier - verständlicher Wunsch nach Wohnqualität dort, wie es hieß.

Einstimmig plädierte der Ortschaftsrat schließlich für die Fahrten - verbunden mit dem Wunsch, wie Bürgermeister Hans-Herbert Schulteß (CDU) es ausdrückt, dass sich alle Nachbarn an der Strecke vertragen mögen.

Ob das gelingt, ist offen.