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"Neue Fassaden – alte Geschichten" (Teil 51) / Grüne Straße 48 Einstige Fleischerei beherbergt heute Gäste

Von Andreas Fischer 16.03.2011, 04:30

In der Serie "Neue Fassaden – alte Geschichten" stellt die Harzer Volksstimme regelmäßig historisch interessante Häuser in Wernigerode vor. Der Rundgang führt heute zur Grünen Straße 48.

Wernigerode. Das Haus in der Grünen Straße 48 hatte einst ein Vorgängergebäude. Es wurde vermutlich 1666 von Jochen Hoppe errichtet und ab 1700 von Michel Germer bewohnt. Zwei weitere Generationen der Familie Germer wohnten dort, ehe es 1760 vom Ackermann Andreas Simon und 1784 vom Fuhrmann Martin Gottlieb Honnecke und dessen Frau Friederike übernommen wurde. Es folgten der Arbeiter Ludwig Baake (1847) sowie der Stellmacher Christian Hoppe (1877) und der Zimmermann Carl Grimmecke (1897).

"Im Jahr 1906 brannte dieses Gebäude völlig ab", weiß der jetzige Besitzer Bernd Gellert zu berichten. Das Haus sei, wie aus Unterlagen des Bauamtes hervorgeht, 1907 aufgebaut worden und erhielt im Erdgeschoss ein Ladengeschäft, zuletzt die Fleischerei Grimmecke. Das breite, auffällige Fenster, das von der Größe her von allen anderen Fenstern des Gebäudes abweicht, war einst Teil der ehemals dort vorhandenen Ladentür.

Als Bärbel und Bernd Gellert das Haus im Jahr 1987 erwarben, um in dem leerstehenden Laden eine Autosattlerei einzurichten, ahnten sie nicht, dass es nur kurze Zeit einen Bedarf für solchen Service geben werde. "Kurz nach der Wende, als viele Wernigeröder ein neues Auto kauften, ging die Nachfrage für Autosattlerarbeiten sprunghaft zurück. Wir überlegten, was nun werden sollte", erzählt Bernd Gellert. "Wir richteten in dem Laden zunächst ein Café ein und schufen in den Räumen darüber 1991 die ersten drei Gästezimmer." 1989 wurde im benachbarten Gebäudeteil ein Fitnessstudio eröffnet, das sich aber wegen der relativ geringen Raumgröße schließlich als zu klein erwies.

So entschied sich das Ehepaar nach zehn Jahren, auf den Flachbau ein weiteres Stockwerk zu setzten und dort zusätzliche Pensionszimmer einzurichten. Der Fitnessbereich wurde aufgegeben. Dafür entstand die Altstadt-Pension. Das nur 378 Quadratmeter große Grundstück ist jetzt voll bebaut, so dass auf einer gegenüber liegenden Fläche Parkmöglichkeiten für die Urlauber angemietet werden mussten.

"Die Investition hat sich gelohnt", schätzen die beiden 64 Jahre alten Hausbesitzer ein. Ans Aufhören denken Bärbel und Bernd Gellert noch nicht, obwohl sich beide danach sehnen, gemeinsam wieder einmal einen zweiwöchigen Urlaub unternehmen zu können. Das letzte Mal sei dies 1994 gewesen, sagt Bernd Gellert etwas bedauernd. Freie Zeit verbringt er damit, sich um seine Gäste zu kümmern und das nun 102 Jahre alte Gebäude zu erhalten, um auch mit seinem Haus in der traditionsreichen Grünen Straße den Spaziergängern einen Hingucker zu bieten. Das ist das schön gepflegte Haus mit der so wechselvollen Geschichte ganz gewiss.