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Aus der Chronik des Philharmonischen Kammerorchesters Wernigerode – die Jahre 1989 bis 1995 Wendezeit und schwieriger Neubeginn mit Leiter Thomas Brezinka

Von Karl-Heinz Albrecht 15.02.2010, 04:52

Wernigerode. Das turbulente Jahr 1989 ging am Orchester nicht spurlos vorbei. Der langjährige Leiter und Dirigent MD Ulrich Schwinn wurde ein Opfer der politischen Wende und von den Orchestermitgliedern unter Einfluss eines neuen Demokratieverständnisses abgewählt. So gab es dann einige Konzerte ohne Dirigenten – das erste " ohne " in der Abbenröder Kirche.
Am 1. Oktober 1990 wurde das Orchester in " Kammerorchester Wernigerode " umbenannt. 1990 schrieb das Kulturamt die Dirigentenstelle aus – es meldeten sich über 30 Bewerber aus den verschiedensten Ländern ( CSFR, SU, Türkei, Bulgarien, Japan, Kanada, USA, Taiwan, Deutschland ). Thomas Brezinka aus Österreich wurde - während das Verfahren lief – vom Orchester vorgeschlagen. Unter seiner Führung begann die partnerschaftliche Zusammenarbeit mit dem Orchester des Stadttheaters Hildesheim und der Kantorei Wernigerode.
Schwerwiegende Konflikte zwischen Dirigent und Orchester führten im Oktober 1990 zur Kündigung des gesamten Orchesters. Zahlreiche Proteste, der Einsatz der Gewerkschaft und des am 4. Februar 1991 protokollarisch gebildeten " Fördervereins Kammerorchester Wernigerode " führten dazu, dass die Kündigung im Juli 1991 zurückgenommen wurde. Eine Unterschriftenaktion und viele konstruktive Gespräche mit den Verantwortlichen der Kreisverwaltung, der Stadt und den Orchestermusikern trugen maßgeblich dazu bei.
Nachdem sich die Zusammenarbeit mit dem Orchester nicht besserte und mit einer sehr umstrittenen Abstimmung gegen ihren Dirigenten einen Höhepunkt erreichte, verließ Brezinka das Orchester zum 31. Juli 1993. Am 30. Oktober 1993 dirigierte Brezinka auf eigenen Wunsch sein eigenes Abschiedskonzert in der Johanniskirche. Unbestritten bleibt jedoch die qualitative Leistungssteigerung des Orchesters unter der Leitung Brezinkas.
Im September 1993 entschieden sich die Kammerorchestermitglieder nach einem langwierigen Auswahlverfahren und Probedirigieren für Christian Fitzner als neuen Dirigenten. Im November 1993 erfolgte der Vertragsabschluss mit Christian Fitzner als " Künstlerischer Leiter " und Dirigent ab 1. Januar 1994.
Am 19. Januar 1994 beschloss der Kreistag eine Verkleinerung des Orchesters von derzeit 29 auf 16 Stellen sowie die Bildung einer Arbeitsgruppe unter der Leitung von Pfarrer Heinrich Hamel – mit dem Ziel der künstlerischen und wirtschaftlichen Konsolidierung des Orchesters über mehrere Jahre. Hamel hat mit großem persönlichen Einsatz die positive Entwicklung zum Fortbestehen des Orchesters vorangetrieben. Die von ihm geleitete Arbeitsgruppe entwickelte nach intensiven Beratungen konkrete Vorschläge zur Zukunft des Orchesters, darunter die Empfehlung, das Orchester in eine GmbH umzuwandeln – das sicherte die Flexibilität bei Vertragsverhandlungen.
Als sich 1994 definitiv das Ende des von der Kreisverwaltung getragenen Orchesters andeutete, erklärte sich der Förderverein als dritter Gesellschafter neben Stadt und Landkreis bereit, in die zu gründende GmbH einzutreten – anders wäre das Orchester nicht zu retten gewesen. Nach ausführlichen Gesprächen erklärten sich die Musiker zu einem Gehaltsverzicht von bis zu 25 Prozent bereit. Damit wurde ein wichtiger Schritt Richtung GmbH-Gründung vollzogen.
Von November 1993 bis Juli 1994 fanden 54 Konzerte statt. Eines der Höhepunkte war jedoch Carl Orffs " Carmina Burana " mit dem Hildesheimer Orchester und den Männerchören im Wernigeröder Lustgarten.
Im Februar 1995 wendete sich der Vorstand des Fördervereins an die Staatskanzlei des Ministerpräsidenten mit der Bitte, das Kammerorchester Wernigerode in die Landesförderung aufzunehmen. Im April bereits erfolgte die schriftliche Zusage des Ministerpräsidenten, Reinhard Höppner, dass eine " anteilige Bezuschussung " durch das Kultusministerium fest eingeplant wurde. Erstmals seit 1993 gab es wieder ein Konzertprogramm, nun mit neuem Logo. Auch sollte es erstmals eine Konzertcard geben, mit der dann zum halben Preis speziell ausgewiesene Konzerte erlebt werden konnten.
Im Mai 1995 wurde eine engere Zusammenarbeit mit dem Kloster Michaelstein Blankenburg vereinbart. Im gemeinsamen Konzertprogramm wurden 56 Konzerte, wissenschaftliche Veranstaltungen und Gastspiele für den Zeitraum Januar bis Juni 1996 in Blankenburg und Wernigerode aufgeführt.
Der Name " Kammerorchester Wernigerode " wurde in " Philharmonisches Kammerorchester Wernigerode GmbH " umgewandelt. Es wurden kleine Ensembles gebildet : " Streichquartett ", " Bläser-Trio ", " Bläser-Quintett ", " Salon-Orchester Charmaine ", " Swingensemble ".
Die Orchesterstärke betrug jetzt 20 Musiker, deshalb wurden mehrere Stellen ausgeschrieben, um den vorgesehenen Stellenplan abzudecken. Auch die Stelle des 1. Konzertmeisters sollte besetzt werden.