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Nacktwandern, Frau am Steuer und Schönheitswahn - bei Premiere nichts ausgelassen Spinnesänger nehmen Tourismus aufs Korn

Von Herbert Schlame 14.05.2012, 03:28

Blankenburg l Viele haben im Saal des Hotels "Gut Voigtländer" die Premiere des neuen Programms "Tour is Muss" der Spinnesänger erlebt.
Vor der gemalten Harzkulisse (Tilo Brensing) saß auf einer Art Regiestuhl Märchenerzähler Thomas Baldovski und las zwischen musikalischen Darbietungen die eigene Variante der Geschichte der zwei Königskinder. Als Liebespaar, das sein Glück im Tourismus sucht, will es für die Region und für das Jubiläum der Stadt werben, die auch durch Tourismus geprägt wird.
Die Melodie der Ballade von den Königskindern zog sich als Leitmotiv durch das Programm. Immer neue Facetten wurden dem Lied durch geschickte Bearbeitungen (Torsten Michel) abgewonnen. Im zweistündigen Programm nahmen die fünf Spinnesänger mit Spielfreude und genauem Gespür für treffende musikalische Gestaltung alles aufs Korn. Vom Schlankheitswahn, über die neuentdeckte FKK-Kultur beim Wandern bis zu Konsumrausch und Frauen am Autosteuer - nichts wurde ausgelassen. Einen gelungenen Gag bot die "Verkleidung" als Nudisten mit den von Brensing gestalteten Schürzen. Volkslieder, moderne Pop- und anspruchsvolle Chormusik mussten für Parodien herhalten. Typisch war der sorgfältige Umgang mit Originalen. Ehe die zum Teil komplizierten, harmonisch anspruchsvollen Bearbeitungen mit frechen, eigenwilligen Texten dargeboten wurden, erklang oft das Original im gewohnten Satz. Die beiden Tenöre (Thomas Riede/Counter und Harald Hohmann) gaben den Melodien den nötigen Glanz, bemühten sich aber besonders um Textverständlichkeit - notwendige Voraussetzung für solch ein Programm.
Romantische Chorsätze von Brahms und Mendelssohn-Bar-tholdy zu hören, wurde zum Genuss wie die Wiedergabe des "Lindenbaums". Selbst die Klavierbegleitung von Schubert wurde gekonnt und musikalisch sauber parodiert. Rückungen in den Tonarten und Modulationen wurden ebenso scheinbar mühelos bewältigt wie präzise a-capella- Einsätze. Klangmalerei und ein geradezu artistischer Umgang mit dem Text waren ebenfalls wesentliche Gestaltungsmittel. Die Zuhörer, die singend, klatschend und bei "Laurentia" körperlich mitwirkten, dankten mit Applaus.