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Von Mythen umrankt streben die Freimaurer seit Jahrhunderten vor allem nach innerer Reifung Geschlossene Gesellschaft der Sinn-Sucher

Von Daniel Schlechter 20.11.2013, 01:10

Sie treffen sich seit Jahrhunderten im Geheimen, sind Gegenstand unzähliger Verschwörungstheorien und Persönlichkeiten wie Goethe, Mozart oder Churchill sollen dazugehört haben. Worum es den Freimaurern wirklich geht, erklärten sie jetzt bei einem Stammtisch.

Haldensleben l Wenn von Freimaurern die Rede ist, denken viele Menschen an einen Geheimbund. Doch welcher Geheimbund hält einen offenen Stammtisch ab, bei dem den Gästen erklärt wird, was hinter den Kulissen geschieht? So sind Freimaurer aus Magdeburg, Helmstedt und Gardelegen nach Haldensleben gekommen und haben den Gästen den Freimaurischen Gedanken erklärt.

"Freimaurer sind eine Gemeinschaft von ungleichen Gleichgesinnten", erklärt Gerhard Teuber von der Freimaurerloge "Drei Türme im Hopfenfeld" aus Gardelegen. "Es geht uns nicht darum, die Gesellschaft zu verändern. Freimaurern geht es vor allem um eins: Erkenne Dich selbst."

Ralf Große Wortmann von der Magdeburger Freimaurerloge "Harpokrates" hatte zuvor in einem Vortrag die fünf Grundsätze der Freimaurerei erklärt, die größtenteils aus dem Zeitalter der Aufklärung stammen: Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit, Toleranz und Humanität. Was genau bedeuten sie für die Freimaurer?

Freiheit des Geistes sei die Grundvoraussetzung für die individuelle Verwirklichung der Freimaurer, Gleichheit meint die Abwesenheit von Klassenunterschieden und Gleichheit vor dem Gesetz. Brüderlichkeit sollen die Freimaurer leben, indem sie füreinander einstehen und immer versuchen, einander zu verstehen. Innerhalb der Logen soll Toleranz herrschen, indem jeder seine Meinung sagen darf, ohne unterbrochen oder dafür verurteilt zu werden. Humanität als ethischer Grundsatz meint Nächstenliebe gegenüber anderen Menschen.

"Wir alle glauben an diese Grundsätze, aber wir diskutieren sie auch ständig neu. Bei den Freimaurern geht es um einen Prozess der inneren Reifung", erklärt Daniel Görke, Stuhlmeister der Magdeburger Loge "Ferdinand zur Glückseligkeit". So gesehen scheinen die Freimaurer in erster Linie ein philosophischer Salon zu sein. "Wir wollen keine Kirche sein und wir haben kein politisches Programm. Wir wollen auch nicht Einfluss oder Zwang auf unsere Brüder ausüben, sondern sie dabei unterstützen, sich selbst zu reflektieren und den Menschen in sich selbst zu suchen." Warum halten Freimaurer dann streng geheim, was sie innerhalb der Loge tun? "Es geht um Vertrautheit. Heutzutage wird alles breitgetreten, aber für uns ist es ganz wichtig, dass wir sagen können, was wir wollen und sicher sein können, dass es immer unter uns bleiben wird", erklärt Gerhard Teuber. "Außerdem würde ein Außenstehender gar nicht verstehen, wie unsere Rituale funktionieren." Bei den Freimaurern gibt es drei Erkenntnisgrade: Lehrling, Geselle und Meister und sie alle wiederholen immer wieder bestimmte Rituale, die der eigenen Reflektion dienen sollen.

"Wo ist denn dann der Haken?", ertönte es aus dem Reihen der Gäste. "Nun, man wird sehr deutlich mit sich selbst konfrontiert und das muss man erstmal aushalten", so Daniel Görkes Antwort. "Wir werben niemanden und es kann auch nicht jeder mitmachen. Wer glaubt, er müsste sich selbst keine Fragen mehr stellen, der ist bei den Freimaurern falsch. Interessierte können gern zu einem unserer Gäste-Treffen kommen. Meistens braucht es mehr als ein Jahr Zeit und mehrere Gespräche, bevor klar ist, ob jemand sich wirklich damit identifizieren kann."