1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Wolmirstedt
  6. >
  7. Für Windräder wird exakt gearbeitet

EIL

In der Werkstatt für behinderte Menschen entstehen Schaltschränke Für Windräder wird exakt gearbeitet

Von Gudrun Billowie 25.07.2014, 03:22

In Wolmirstedt, Barleben und der Niederen Börde leben viele interessante Menschen. Wir begleiten einige von ihnen eine Stunde lang bei der Arbeit oder bei ihrem Hobby. Folge 2: In der Werkstatt für behinderte Menschen des Bodelschwingh-Hauses.

Wolmirstedt l Obwohl 19 Beschäftigte in der Werkstatt arbeiten, ist es ruhig. Im Hintergrund dudelt leise Musik. Jeder folgt einem Plan: Männer und Frauen stecken Buchsen, schneiden Kabel oder kleben Etiketten. Das Endprodukt sind Schaltschränke für Windkraftanlagen. Zwölf verschiedene Varianten werden hier produziert. "Wir organisieren die Arbeit und sorgen dafür, dass sich die Beschäftigten wohl fühlen", sagt Mario Rehfeldt, einer der beiden Gruppenleiter.

Jörg Barnack ist ein kräftiger Mann mit wasserblauen Augen und einer noch blaueren Latzhose. Er steht an der Werkbank und holt graue und grüne Klemmen aus einer Kiste. Nach einem bestimmten Muster fügt er sie auf Hutschienen ein. "Ich bestücke Leiterplatten für Rotorschränke", erklärt der 41-Jährige, "an diese Klemmen werden später die Leitungen angeschlossen." Das Anschließen übernehmen die Elektrospezialisten bei Enercon.

Jörg Barnack schaut sich draußen gern Windräder an. "Das ist saubere Energie", sagt er und ist stolz, seinen Teil dazu beizutragen. Das tut er ruhig und konzentriert. Ab und an vergewissert sich Jörg Barnack, ob das Muster seiner Klemmen mit der Vorgabe übereinstimmt. "Wir müssen auch bei kleinen Sachen auf Qualität achten, sonst würden wir beizeiten unsere Aufträge verlieren."

So ruhig wie Jörg Barnack arbeiten alle in der Werkstatt. "Es ist unsere Aufgabe, den Druck von den Beschäftigten zu nehmen", sagt Mario Rehfeldt, "manchmal sind wir Motivator." Motivation ist gefragt, wenn jemand schlechte Laune hat. "Ist ein Mitarbeiter morgens schon mit dem falschen Fuß aufgestanden, bleibt diese Stimmung oft den ganzen Tag über bestehen. Das fangen wir auf", sagt Rehfeld.

In der Werkstatt arbeiten Menschen mit ganz unterschiedlichen Behinderungen, mit physischen und psychischen. Druck von außen mögen sie alle nicht.

"Wir müssen auch bei kleinen Sachen auf Qualität achten."

Jörg Barnack

Jörg Barnack gehört nicht zu denen, die motiviert werden müssen. "Ich möchte mindestens acht Platten pro Tag schaffen", sagt er, "mir macht die Arbeit Spaß."

So sieht das auch Ingo Gietz. Der 47-Jährige zieht Kabel von einer Rolle, so viel, wie es die Spannbreite seiner Arme zulässt. Jedes Stück misst er auf einem Maßband nach und schneidet es an der richtigen Stelle ab. Die geschnittenen Teile legt er sich um den Hals, und als ein ordentliches Bündel über seinen Schultern bis zur Brust baumelt, macht er sich auf den Weg zu den Schaltschränken und befestigt die "Schlangen" an der vorgegebenen Stelle. Der Bau von Schaltschränken scheint ihn zu erfüllen. "Ich könnte die Arbeit im Schlaf machen", sagt er. Inzwischen klebt er winzige beschriftete Etiketten in die Schränke hinein. "Damit die bei Enercon wissen, wo was hingehört."

Bis vor vier Jahren hat Ingo Gietz in der Landschaftspflege gearbeitet, dann wechselte er in die Schaltschrankwerkstatt. "Das gefällt mir besser, hier kann ich gut mit dem Fahrrad herfahren." Der Magdeburger ist sogar nach Wolmirstedt gezogen. "Wegen der Liebe", sagt er. Seine Frau arbeitet ebenfalls im Bodelschwingh-Haus.

"Wenn wir pfuschen, funktionieren die Windkraftanlagen nicht."

Wilfried Schwaneberg

"Die bei Enercon" sollen sich auf die Arbeit aus der Werkstatt des Bodelschwingh-Hauses verlassen können. Das sieht auch Wilfried Schwaneberg so. "Ich muss die Verschraubungen hier zusätzlich festkleben", zeigt der 59-Jährige, "damit sich bei Wind nichts aus den Windrädern löst. Wenn wir pfuschen, funktionieren die Windkraftanlagen nicht." Schwaneberg kann auch Gabelstapler fahren, aber er mag das genaue Arbeiten am Schaltschrank, genießt das Gefühl, mit dem Finger die Dichtung entlang zu fahren und diese dabei exakt gerade zu formen.

Punkt 11 Uhr legen die Werkstattmitarbeiter jedoch ihre Klemmen oder Kabel beiseite. Eine reguläre Trinkpause ist angesagt. Mario Rehfeld weiß: "Ein verlässlicher Zeitplan ist für alle Mitarbeiter sehr wichtig."