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Nach der Kündigung von 44 Garagen fühlen sich Nutzer wie zwangsenteignet Viele Garagenbesitzer ziehen um

Von Gudrun Billowie 09.10.2014, 03:09

Im Ohrekomplex haben 44 Garagenbesitzer ihre Kündigung erhalten. Das stößt bei vielen auf Unverständnis. Viele Nutzer haben sich inzwischen jedoch andere Objekte gesucht und hoffen nun auf Planungssicherheit.

Wolmirstedt l Rolf Tiwodar gehören vier Garagen im Ohrekomplex. Bei allen vieren hat er die Türen himmelblau angestrichen. "Ich möchte meine Garagen behalten", sagt der Rentner. Derzeit sieht es so aus, als könnte das gehen. Es gibt keine anderslautenden Pläne. Die Zukunft des Areals ist Bestandteil des Flächennutzungsplans, der zurzeit im Rathaus neu aufgestellt wird.

Dennoch hat die Kündigung der 44 Garagen die anderen Besitzer aufgeschreckt. Wieviele der rund 500 Garagen noch genutzt werden, kann niemand genau sagen. Rolf Tiwodar ist oft im Komplex unterwegs, weil er für seinen Block das Stromgeld kassiert. Er schätzt, dass mindestens die Hälfte der Besitzer bleiben wollen. "Wo sonst sollen auch die ganzen Autos hin", gibt er zu bedenken, "so viele Parkplätze gibt es in den Wohngebieten nicht, besonders nicht in der Straße der Deutschen Einheit."

Die Stadt hat das Recht auf ihrer Seite. Als Eigentümerin des Grund und Bodens darf sie nach dem Schuldrechtsanpassungsgesetz die Garagen ohne Angaben von Gründen innerhalb von drei Monaten kündigen. Den Besitzern steht dasselbe Recht zu.

Trotzdem. Die Ungewissheit macht vielen zu schaffen. Am liebsten würde Rolf Tiwodar zusammen mit anderen Garagenbesitzern einen Verein gründen. "Dann könnten wir gegenüber der Stadt mit einer Stimme sprechen und unsere Forderungen besser auf den Punkt bringen." Das würde auch der Stadt entgegenkommen, da sie die Pacht nicht von jedem Einzelnen eintreiben müsste, sondern sich an den Verein wenden könnte. So wie es bei den Kleingartenvereinen läuft. Doch es gibt einen Haken. Noch hat sich niemand gefunden, der den Vorsitz eines solchen Garagenvereins übernehmen möchte. "Das sollen jüngere Leute tun", sagt Rolf Tiwodar. Er würde als Kassierer dabei sein.

Norbert Teichmann kassiert das Stromgeld im Block A, zu dem die gekündigten Garagen gehören. Am vergangenen Wochenende war die Zahlung fällig und bei der Kassierung hat er einen großen Unmut gespürt. "Viele sehen die Kündigung als Zwangsenteignung." Er selbst muss ebenfalls seine Garage räumen. "Zum zweiten Mal übrigens", sagt er. Er hat eine neue im Ohrekomplex gefunden, so wie die meisten anderen Nutzer auch. Ein ungutes Gefühl bleibt. "Hoffentlich wird die in den nächsten zwei Jahren nicht auch abgerissen", sagt Teichmann. Auch er würde die Gründung eines Vereins begrüßen. "Aber viele fürchten die rechtlichen Konsequenzen, wenn sie sich an die Spitze stellen würden", weiß er.

Stadtrat Rudolf Giersch (FUWG) hat selbst eine Garage im Ohrekomplex und das Thema im Rat zur Sprache gebracht. Er möchte die "Sache Garagenkomplex" in den Ausschüssen behandelt wissen. "Wir sollten uns im Stadtrat über ein Zukunftskonzept für den Ohrekomplex unterhalten", sagt er, "und auch herausfinden, worin der Nutzen eines Abrisses von Garagen liegen würde."

Die Garagen im Ohrekomplex bieten ein widersprüchliches Bild. Einige sind ordentlich hergerichtet und in manchen davon sind sogar Autos untergebracht. Andere werden als Lager oder als Werkstatt genutzt. Aber es gibt auch die anderen, deren Türen vernagelt sind oder schief in den Angeln hängen. Büsche wachsen davor und überall liegt Unrat herum. "Manchmal weiß man gar nicht mehr, wer diese Garagen nutzt", sagt Rolf Tiwodar. Ihm bleibt nur übrig, den Strom abzustellen, wenn es niemanden gibt, der ihn zahlt. "Ich würde mir wünschen, dass hier Ordnung gemacht wird", sagt Tiwodar, "damit das Image des Komplexes aufgewertet wird." Er wünscht sich mehr Kontrollen von der Eigentümerin, der Stadt, auf dem Gelände.

Die Stadt hat bereits Pläne geschmiedet, um den Mülltourismus einzudämmen. Nach dem Abriss der 44 Garagen soll die Zufahrt zum Komplex über die Fabrikstraße gesperrt werden, sodass niemand mehr unerkannt durchfahren und Müll entsorgen kann. Vor allem aber wünscht sich Rolf Tiwodar eine bessere Kommunikation, auch wenn es keinen Verein gibt. "Ich möchte, dass jemand mit uns darüber redet, was hier passieren soll."