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Interview mit dem Colbitzer Bürgermeister Eckhard Liebrecht zum Jahreswechsel Finanzielle Spielräume sind mehr als eng

03.01.2015, 01:09

Traditionell stellt Redakteur Burkhard Steffen zum Jahreswechsel den Bürgermeistern der Verbandsgemeinde Elbe-Heide einige Fragen. Heute antwortet der Colbitzer Bürgermeister Eckhard Liebrecht (parteilos).

Volksstimme: Was betrachten Sie als die wichtigsten Ereignisse in Ihrer Gemeinde im Jahr 2014?

Eckhard Liebrecht: Im Jahr 2014 waren mehrere Ereignisse für die Gemeinde Colbitz von Bedeutung. Im Hinblick auf die Verbesserung der Unterbringung der Feuerwehr unter den künftig zu erwartenden Einsatzbedingungen war die Grundsteinlegung des neuen Gerätehauses ein Höhepunkt.

Die Einweihung des ersten fertiggestellten Abschnittes der A14-Nordverlängerung (Umfahrung Colbitz) war ein weiterer Höhepunkt. Zwischenzeitlich vorliegende Vergleichszahlen der Landesstraßenbaubehörde (LSBB) aus den Monaten Oktober und November (Vorher-Nachher-Vergleich) zeigen, dass sich der Verkehr durch Colbitz von durchschnittlich 14800 Fahrzeugen pro Tag vor der Einweihung auf 10300 Fahrzeugen pro Tag nach der Freigabe reduziert hat. Ich bedanke mich bei der LSBB für die kurzfristige Auswertung und Übergabe der Daten. Durch den Bau der A14 konnte die Gemeinde im Rahmen des ländlichen Wegebaus Wege übernehmen, die von den Landwirten als Wirtschaftswege aber auch touristisch als Radwege genutzt werden können.

Mitte der 90er-Jahre hatte der damalige Gemeinderat Entscheidungen für den fremdfinanzierten Bau eines Campingplatzes und den Aufbau eines Gewerbegebietes getroffen. Die damaligen Erwartungen traten nicht ein, so dass die Gemeinde heute noch mit den Folgen zu kämpfen hat. Die Gemeinde nimmt das erste Jahr erfolgreich am Teilentschuldungsprogramm teil. Für mich ist dies ein Höhepunkt. Für den normalen Bürger ist diese Kraftanstrengung aber eher nicht offensichtlich.

Trotz dieser enormen Belastungen ist es auch in diesem Jahr gelungen, einige freiwillige Aufgaben erfolgreich umzusetzen. An dieser Stelle seien das Brunnen-, Sommer- und Heidefest sowie der Weihnachtsmarkt genannt. Es war auch möglich, einige ortsansässige Vereine zu unterstützen. Darüber hinaus konnten die Jugendarbeit und der Sport wie in den vergangenen Jahren unterstützt werden. Auch die Pflege der Partnerschaften mit der 3.Kompanie des Gefechtsübungszentrums der Bundeswehr und unserer Partnerstadt Altdorf bei Nürnberg war uns wichtig.

Was erwarten Sie für Ihre Gemeinde im Jahr 2015?

Aus den herausragenden Ereignissen des Jahres 2014 ist ersichtlich, dass sich die Gemeinde Ziele gesetzt hat, die über mehrere Jahre laufen. Tatsache ist aber auch, dass die finanziellen Spielräume im Haushaltsjahr 2015 mehr als eng sind. Die Wehrleiter der Freiwilligen Feuerwehr sowie die Leiterinnen von Kita und Grundschule haben ihr Verständnis zum Ausdruck gebracht, im Haushaltsjahr 2015 keine Zuwendungen von der Gemeinde zu erhalten. Deshalb erwarte ich, dass ein Haushalt aufgestellt wird, der unsere primären Ziele und Pflichtaufgaben voll unterfüttert und trotzdem noch einige freiwillige Aufgaben wie Heimatfeste sowie die Pflege von Partnerschaften auch in schweren Zeiten zulässt.

Zu Weihnachten 2015 erwarte ich, dass das neue Gerätehaus der Feuerwehr mit einer Punktlandung hinsichtlich Zeit, Qualität und Kosten eingeweiht werden kann. Ich gehe davon aus, dass die Gemeinde am Ende 2015 das zweite von zehn Jahren erfolgreich am Teilentschuldungsprogramm des Landes teilgenommen hat. Der Ausbau des Loitscher Weges einschließlich der Anbindung Fledermausbrücke an die Ortslage Schricke im Rahmen des ländlichen Wegebaus wird die Verbindung von Colbitz zum Elb-Radwanderweg herstellen. Die Planung der Sanierung der Lindenstraße als Hauptverkehrsader in der Ortslage Lindhorst sollte im Jahr 2015 als nächstes primäres Ziel für 2016/2017 in Angriff genommen werden.

Unter Wahrung einer strikten Haushaltsdisziplin erwarte ich einen positiven Saldo im Jahresabschluss 2015 und das Einlaufen in ein ruhigeres Fahrwasser im Haushaltsjahr 2016.

Der Landtag hat das Finanzausgleichsgesetz beschlossen. Die Gemeinden bekommen geringere Zuweisungen. Wie wirkt sich das auf Ihre Gemeinde aus?

Das Ziel der Gemeinde ist es, einen nach den aktuell vorliegenden Daten genehmigungsfähigen Haushaltsplan aufzustellen. Der Gemeinderat folgte in der ersten Lesung nicht der Empfehlung des Finanzausschusses. Zwischenzeitlich liegen aktuellere Prognosen vor, die eine weitere Anpassung des Haushaltes 2015 erforderlich machen.

Das Land Sachsen-Anhalt ist im Finanzausgleich der Länder ein "Nehmer-Land", angesiedelt im letzten Drittel beim Ländervergleich und das seit Jahren. Ich kann jeden Minister verstehen, der Sachsen-Anhalt im Ländervergleich nach vorn bringen will - nein voranbringen muss. Die vier (manchmal fünf) "Geber-Länder" haben ein Recht darauf, einzufordern, dass die "Nehmer" auf eigenen Füßen stehen.

Auch die Gemeinde Colbitz profitierte und profitiert vom Länderfinanzausgleich unter anderem in Form der Schlüsselzuweisungen vom Land. Diese sollen für Colbitz von 624000 Euro im Jahr 2014 auf Null Euro im Jahr 2018 abgeschmolzen werden. Im gleichen Zeitraum bleiben aber unter anderem die Aufwendungen für die Kreisumlage und die Umlage an die Verbandsgemeinde von rund 1,3 Millionen Euro ebenso stabil wie die Aufwendungen für die Pflichtaufgaben der Gemeinde. Da die Schlüsselzuweisungen sinken, die Aufwendungen für Umlagen und Pflichtaufgaben aber nahezu gleich bleiben, müssen Erträge, die die Gemeinde bisher auch für freiwillige Aufgaben einsetzen konnte, anders verwendet werden.

Die prognostizierte Steigerung von Steuern, unter anderem des Anteils an der Einkommenssteuer, ist variabel und von Konjunktur und Demografie abhängig. Es ist fraglich, ob geplante Ertragsverluste dadurch tatsächlich aufgefangen werden können. In der Folge wird sich die Gemeinde in den kommenden Jahren, kaufmännisch vorsichtig kalkuliert, mehr und mehr auf ihre Kernaufgaben konzentrieren müssen. Als weitere Möglichkeit, sich diesem Teufelskreis zu entziehen, bleibt im Haushaltsjahr 2015 beeinflussbare Gemeindesteuern und Abgaben anzupassen (im Klartext - zu erhöhen). Über die anzuwendenden Maßnahmen entscheidet im Januar der Gemeinderat.