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Vortrag über die Ausgrabungen im Zuge des Autobahnbaus in Colbitz Archäologen finden Skelette der Listener

Von Burkhard Steffen 06.09.2012, 05:19

Die Ergebnisse der Ausgrabungen im Zuge des Autobahnbaus bei Colbitz stoßen auf großes Interesse. Das bewies der Besucherandrang am Dienstag im Colbitzer Volkshaus. Hier berichteten die Archäologen über ihre Funde.

Colbitz l "Vor mehr als 60 Jahren fanden Colbitzer Kinder beim Rübenverziehen ein altes Vortragekreuz. Sie brachten es zu Erika Scheele, die sich dann gemeinsam mit anderen Colbitzer Heimatforschern intensiv um die Geschichte der wüsten Dörfer kümmerte", sagte Herbert Müller, als er den Vortragsabend im sehr gut besuchten Colbitzer Volkshaus eröffnete.

Einer, der von Erika Scheele angesteckt wurde, ist Hermann Orlamünde. Der ehrenamtliche Bodendenkmalpfleger berichtete von seinen zahlreichen Funden in der Colbitzer Gemarkung. "Unter anderem habe ich einen verwitterten Grabstein entdeckt und ihn mit viel Mühsal geborgen. Er steht heute im Museumshof."

Dann ergriff Ulrike Petersen das Wort. Die Mitarbeiterin im Hallenser Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie koordinierte die Ausgrabungen an der künftigen Autobahntrasse bei Colbitz. "Fünf Teams mit jeweils bis zu acht Mitarbeitern untersuchten von Mai 2011 bis Juni 2012 rund 200000 Quadratmeter Fläche", informierte die Archäologin. Rund 10000 Befunde registrierten die Wissenschaftler dabei. Ulrike Petersen beschränkte sich in ihrem bebilderten Vortrag auf drei Schwerpunkte. "Das sind die Fundstellen unweit des Chausseehauses, die Funde an Kremkaus Loch und die mittelalterliche Wüstung Listen nordöstlich von Colbitz."

Am Chausseehaus fanden die Archäologen Siedlungsreste aus der späten Bronzezeit sowie der römischen Kaiserzeit, die bis in das 3. Jahrhundert unserer Zeitrechnung reicht. "Neben etwa 37000 Einzelfunden, waren wir über 21 Brunnen, Reste von Pfostenhäusern sowie Vorrats- und Abfallgruben erfreut", so Ulrike Petersen. Gefunden wurden auch Reste von Produktionsanlagen, wie Eisenverhüttungsöfen oder eine Knochenhauerwerkstatt.

An Kremkaus Loch stießen die Archäologen auf ein Urnenfeld aus der römischen Kaiserzeit. "Wir konnten etwa 165 Urnengefäße bergen. Sie werden jetzt in Halle eingehender untersucht."

Noch spektakulärer waren die Ausgrabungen des wüsten Dorfes Listen. Auf etwa 30000 Quadratmetern legten die Archäologen unter anderem den Grundriss der Kirche, Brunnen, Keller und Grubenhäuser frei. Rings um die Kirche bestatteten die Listener einst ihre Toten. Die Wissenschaftler fanden 765 Gräber in denen die Skelette noch so lagen, wie sie damals bestattet wurden.

Listen war 1134 erstmals urkundlich erwähnt worden. Um 1450 war das Dorf schon wüst. Warum seine Bewohner es verlassen haben, ist nicht bekannt.

Alle Fundstücke werden jetzt im Hallenser Landesamt eingehend untersucht.