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Dr. Thomas Ruppel auf dritter heimatgeschichtlicher Konferenz: Schnabelhaube für Tracht der Börde absolut prägnant

Von Klaus Dalichow 10.11.2010, 04:18

Gutenswegen. Der Vortrag über die Trachten der Magdeburger Börde auf der dritten heimatgeschichtlichten Konferenz der Niederen Börde war der letzte von insgesamt sieben, quasi das "Sahnehäubchen". Fragen blieben am Ende offen. Zum Beispiel, wann die ländliche Bevölkerung ihre Festtagskleidung getragen hat – auf dem Kirchgang, zu Hochzeiten oder Kindstaufen oder beim Begräbnis von Angehörigen? Dr. Thomas Ruppel referierte mehr als eine Stunde lang über das Thema Trachten, konnte sich zur Illustration seiner Ausführungen zahlreicher Dias bedienen. Der Leiter des Bördemuseums Ummendorf stellte Ergebnisse eines neuerlichen Forschungsprojektes vor, das mit Unterstützung der Deuregio Ostfalen zustande gekommen war. Die Historiker konnten für ihre Forschungszwecke auf 540 Exemplare weiblicher und zehn Stück männlicher Bekleidung aus den umliegenden Museen zurückgreifen. Deren Schnitt, Farbe und Zusammenstellung lassen die Zugehörigkeit ihrer Träger zur ländlichen Bevölkerung erkennen. Was in den Magazinen lagert, ist durchweg Festtagskleidung. Arbeitskleidung ist dorthin nicht gelangt. Gesicherte Erkenntnis ist, dass Frauen die prägnante Schnabelhaube in Grün, Schwarz oder Lila mit den daran befestigten Bändern, Mieder und Tausendfaltenrock mit dem Boom der Zuckerrübenindustrie ab 1870 abgelegt haben. Es spricht auch vieles für die Tatsache, dass die zu Wohlstand gekommenen Landleute ihre Kleider nicht selbst hergestellt haben, sondern durch entsprechendes Handwerk oder Fabrikanten versorgt wurden.

Neben Mieder und Tausendfaltenrock zählten das drei-eckige Schultertuch mit floralen Motiven und die fast um den gesamten Köper herum gebundene Schürze zu den typischen Ausstattungsmerkmalen von Kopf bis Fuß. Das Mieder aus Seide oder Baumwolle mit den hakenförmigen Ärmelaufschlägen war in der Regel innen mit Leinen gefüttert, der Rock aus unzähligen Falten und quer verlaufenden Streifen mit derbem Wollstoff. Die Schürze war je nach Anlass einfach oder festlich mit Stickerei oder Schmucklitze versehen. Das gleiche galt für die Haube. Diese war oftmals mit Perlen bestickt und schmückte somit die Trägerin, die häufig eine Kette aus Bernsteinperlen oder Halbedelsteinen um den Hals trug. Eine Handtasche mit aufgesticktem Muster bildete ein komplettierendes Accessoires. Unterm Rock trug Frau viele Unterröcke bzw. Beinkleider. Weiße Strümpfe waren die Regel, aber auch rote oder blaue. Das Schuhwerk hatte eine extrem dünne Sohle, was in der kalten Jahreszeit Überschuhe erforderlich machte.

Die Männer kennzeichneten mantelartige Röcke mit knallroter Fütterung oder Kurzjacken. Hinzu gesellten sich Weste und Brusttuch. Alle trugen kurze Hosen und Strümpfe. Die Hose bestand oftmals aus Leder, war aber immer nur knielang. Auf dem Kopf hatte der Mann einen Dreispitz, auch Zylinder aus Rauhhaar oder Fellmützen waren als Kopfbedeckung denkbar.