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Stadtgebiete sollen noch besser angebunden werden Stadtverwaltung prüft Alternative: Rufsystem als Ersatz für den Linienbus

Von Jens Kusian 18.01.2010, 05:53

Die Haldensleber Stadtbuslinien stehen in der Kritik, weil seit August 2008 die Haltestellen am oberen Waldring, am Stadtpark und an der Bornschen Straße nicht mehr angefahren werden. Im Wirtschafts- und Finanzausschuss wurde die Einführung eines Rufbus-Systems als Alternative zur Stadtbuslinie vorgestellt. Auch der Stadtrat beschäftigte sich am Donnerstag mit dem Thema.

Haldensleben. Rund 60 000 Euro – Tendenz steigend – lässt sich die Stadt Haldensleben im Jahr die beiden Stadtbuslinien kosten. Das ist allerdings nur die Hälfte des Defizits, das die Busse einfahren, die andere Hälfte schultert der Landkreis. Um diese Ausgaben zu senken, hatte der Stadtrat den Beschluss gefasst, zum Busfahrplanwechsel im August 2008 drei Haltestellen – am oberen Waldring, am Stadtpark und an der Jugendherberge – wegfallen zu lassen. Im Gegenzug wurde eine neue Haltestelle am Kreisverkehr Bornsche Straße eingerichtet. Damit sollten pro Jahr rund 11 800 Euro an Stadtzuschüssen eingespart werden.

Dieses Ziel scheint aber mittlerweile überholt. So wurde 2008 für den Zeitraum von August ( Fahrplanwechsel ) bis Dezember der Defizitzuschuss lediglich um rund 5 000 Euro vermindert. Für das Jahr 2009 liege allerdings noch kein finanzieller Abschluss vor, ließ Dorita Schuster, die Geschäftsführerin der OhreBus Verkehrsgesellschaft, die Mitglieder des Finanz- und Wirtschaftsausschusses am Dienstag wissen. " Wir können nur sagen, dass auf beiden Linien im Jahr 2009 rund 115 000 Kilometer gefahren wurden. Das sind gut 30 000 Kilometer weniger als 2008, und das macht in etwa 1000 Stunden bezahlte Arbeitszeit aus, die so eingespart werden konnten ", erklärte sie.

Indes mehrt sich die Kritik aus der Bevölkerung. Anwohner des Süplinger Bergs und der Bornschen Straße fühlen sich mit dem Wegfall der Haltestellen von der Innenstadt abgeschnitten. Mit Unterschriftensammlungen verliehen sie ihrem Wunsch nach der Wiedereinrichtung Nachdruck. Grund genug, dass sich der Stadtrat im vergangenen Jahr einstimmig darauf einigte, das Thema noch einmal im Fachausschuss zu behandeln.

" Die Akzeptanz für die Haltestellen hat einfach gefehlt ", machte Bürgermeister Norbert Eichler noch einmal den Grund für den Haltestellenwegfall deutlich. Im Zeitraum der einwöchigen Verkehrszählung sei die Bornsche Straße täglich 17 Mal angefahren worden, von insgesamt 242 Fahrgästen, die mit der Stadtlinie 2 fuhren, waren es in dieser Woche knapp 20, die die Haltestelle an der Jugendherberge auch nutzen.

" Wir schneiden ein ganzes Wohngebiet vom Stadtkern ab "

" Wir schneiden ein ganzes Wohngebiet vom Stadtkern ab ", monierte der Vorsitzende der HDL-Fraktion, Boris Kondratjuk ( SPD ), die Situation an der Bornschen Straße. " Die jetzigen Busse sind doch viel zu groß und damit unrentabel. In anderen Städten fahren kleinere Busse. "

Als mögliche Alternative zum Busverkehr in Haldensleben stellte Lutz Zimmermann, der Abteilungsleiter Stadtmarketing, ein Cityruf-Bussystem vor, das derzeit in Salzwedel und Gardelegen praktiziert wird. Dabei fahren die Busse auf vorherige Bestellung. " Damit würde der feste Fahrplan aufgelöst, jedoch ein dichteres Haltestellennetz geschaffen, das dann abgefahren wird. Somit könnten zu den großen Bussen, die insbesondere zu den Stoßzeiten und für den Schülertransport fahren, tagsüber kleinere Fahrzeuge eingesetzt werden ", erklärte Zimmermann. Allerdings könne die Stadt nicht allein darüber entscheiden. " Das geht nur in Absprache mit dem Landkreis, der ist für den Öffentlichen Personennahverkehr zuständig ", sagte er.

" Wir können doch auch die Verkehrsgesellschaft damit beauftragen, dass sie die Stadttouren an Privatunternehmen mit Kleinbussen vergibt, anstatt selbst mit ihren großen Bussen zu fahren ", schlug Kondratjuk vor. " Bei den 8- und 9-Sitzern bekommen wir Probleme mit der Barrierefreiheit ", entgegnete Dorita Schuster. " Außerdem haben wir ja auch Fahrzeuge und Angestellte, die beschäftigt werden müssen. Die kosten tagsüber auch Geld, selbst wenn sie nur zu den Stoßzeiten im Einsatz sind. Eine Kostenersparnis kann es nur geben, wenn wir überhaupt nicht mehr mit eigenen Fahrzeugen und Mitarbeitern fahren. " Zudem sieht die Geschäftsführerin mit dem Rufbussystem die Gefahr, zur Konkurrenz für die Taxiunternehmen zu werden.

" Mit dem Anrufsystem stehen wir schlechter da als mit dem, was wir jetzt haben ", meinte Eichler. " Das jetzige System funktioniert, aber lohnt es sich, wieder Haltestellen wegen einzelner Personen einzurichten ?" Immerhin müsste die Stadt etwa 6 000 Euro aufwenden, damit die Bornsche Straße wieder angefahren wird. " Können wir uns diesen Luxus leisten ?", fragte er. " Oder ist es zumutbar, dass sich die betroffenen Personen ein Taxi rufen ?" Zudem müsse die Stadt künftig auch in der jetzigen Konstellation einen höheren Zuschuss zahlen, da Kraftstoffpreise und Personalkosten stetig steigen.

Ähnlich sah es auch Ausschussvorsitzender Stefan Gratzke ( CDU ). " 6000 Euro sind ein Zehntel des Gesamtzuschusses, die wir dann für einige Bürger ausgeben, von denen wir nicht einmal wissen, ob sie die neue Haltestelle auch annehmen. Außerdem besteht dann die Gefahr, dass auch andere Bürger diesen Anspruch stellen, wenn eine Bushaltestelle weiter als 500 Meter entfernt ist, und das müssten wir ja dann auch realisieren ", warnte er vor noch weiteren möglichen Kosten. " Es ist logisch nicht nachvollziehbar, wenn wir durch den Wegfall der Haltestellen 5000 Euro eingespart haben und jetzt für eine Haltestelle zusätzlich 6000 Euro ausgeben ", sagte Gratzke.

" Diese Strecke ist für die Anwohner zu Fuß

nicht zumutbar "

Seinem Vorschlag, dass die Verwaltung das Rufsystem sowie eine Alternative prüfen solle, die Haltestellen Süplinger Berg und Bornsche Straße mit dem Fahrplanwechsel zum August 2010 in die Stadtlinie einzubinden, aber lediglich drei Mal am Tag anzufahren, folgte der Ausschuss mehrheitlich.

Nur zwei Tage später stand das Thema im Stadtrat auf dem Programm, da die HDL-Fraktion den Antrag gestellt hatte, dass die Verwaltung mit Taxiunternehmen verhandeln sollte, um den Nahverkehr zwischen der Jugendherberge und dem Markt um 10, 13 und 18 Uhr abzusichern. " Diese Strecke ist für die Anwohner zu Fuß nicht zumutbar, ebenso ist es nicht akzeptabel, bis zum Fahrplanwechsel im August zu warten. Zur Finanzierung können die 5000 Euro aus der Pauschale für EDV-Lizenzen verwendet werden ", untermauerte Regina Blenkle ( HDL / FUWG ) den Antrag aus ihrer Fraktion. " Man könnte die Haltestelle an der Bornschen Straße doch auch im Hinblick auf die neue Jugendherberge einbinden ", schlug Marlis Schünemann ( CDU ) vor, und Dr. Ulrich Schulze ( CDU ) warf ein, dass auch die Kämmer-Schule an der Bornschen Straße ein Interesse an einer Bushaltestelle habe. " Für die Stadtentwicklung wäre sie gut ", meinte er.

Der Hinweis des Stadtratsvorsitzenden Guido Henke ( Die Linke ), dass der Fachausschuss schon eine Empfehlung zu dieser Problematik gegeben hätte, sorgte zwar nicht dafür, dass die HDL-Fraktion ihren Antrag zurückzog, allerdings wurde er umformuliert. In der neuen Version sollte die Verwaltung sicherstellen, dass ab dem 1. März ein Pendelverkehr zwischen Jugendherberge und Marktplatz wochentags um 10 und 16 Uhr eingerichtet wird – als Zwischenlösung, bis eine Haltestelle an der Bornschen Straße mit dem Fahrplanwechsel ab August wieder angefahren wird.

Er fand jedoch keine Mehrheit, denn Lutz Zimmermann zweifelte daran, dass die Verwaltung diesen Antrag auch so umsetzen könnte. " Zum einen ist das an eine Vergabe gebunden, für die es eine Ausschreibung geben muss. Und zum anderen ist der Landkreis und nicht die Stadt dafür zuständig, so dass es nach dem Personenbeförderungsgesetz auch erst eine Anhörung geben muss. Ich glaube nicht, dass das alles in dieser Zeit zu schaffen ist. "