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Besorgte Anwohner hören sich auf Sitzungen der Ortschaftsräte die Pläne für den Standort Farsleben an Bürger wehren sich gegen Deponiepläne

Von Claudia Labude 29.01.2010, 04:52

Auf den Sitzungen der Ortschaftsräte Mose und Farsleben reichten die Besucherstühle in dieser Woche nicht aus. Wurde auf den Zusammenkünften doch ein Antrag der Firma Papenburg diskutiert, die am Standort der Kiesgrube Farsleben eine Deponie errichten wollen. Zahlreiche besorgte Anwohner und Vertreter einer neu gegründeten Bürgerinitiative wollten hören, welche Meinungen es in den politischen Gremien dazu gibt.

Mose / Farsleben. Seit 1993 betreibt die Firma GP Papenburg in Farsleben eine Kiesgrube. Deren Erweiterung ist schon lange geplant. Ende des vergangenen Jahres reichte die Firma beim Landkreis einen Antrag zur Errichtung einer Deponie der Klasse 1 am Standort Farsleben ein. Das bestätigte Dieter Torka gestern auf Volksstimme-Nachfrage. " Wir befinden uns in der ersten Phase eines Planfeststellungsverfahrens, bei dem die Träger öffentlicher Belange gehört werden ", so der Leiter des kreislichen Umweltamtes. Auch eine Umweltverträglichkeitsprüfung der Stoffe, die in dieser Deponie eingelagert werden sollen, ist Teil des Verfahrens, stünde aber noch aus. Bis die gesammelten Unterlagen öffentlich ausgelegt werden und die Bürger ihre Einwendungen abgeben können, würde es noch einige Wochen dauern.

Anwohner fürchten Gesundheitsschäden
Doch so lange wollen besonders die Anwohner aus Farsleben und Mose nicht warten. " Wir haben am 16. Dezember des vergangenen Jahres eine Bürgerinitiative ( BI ) gegründet ", erklärt Heinz Jasniak. Mehr als 250 Bürger aus Farsleben, Mose, Schricke, Zielitz und Loitsche sind darin schon engagiert, mit den Bewohnern von Lindhorst laufen erste Gespräche. " Wir haben nichts gegen die Firma Papenburg und den Kiesabbau, aber wir wollen die Deponie um jeden Preis verhindern ", so der Sprecher. Die Bedenken der BI " Contra Deponie " sind vielfältig. " Wir befürchten nicht nur die Wertminderung unserer Grundstücke, sondern vor allem eine gesundheitliche Belastung durch die dort eingelagerten Stoffe. Die geplante Deponie der Kategorie D 1 besagt, dass dort mäßig belastete Stoffe eingelagert werden können. Doch mäßig belastet gibt es genau so wenig wie mäßig schwanger ", erklärt Jasniak. Außerdem sei die vorgesehene Abholzung von 70 000 Quadratmetern Waldfläche nicht zu verantworten. Besonders, weil dieser eine natürliche Abgrenzung zur geplanten Streckenführung der Nordverlängerung der Autobahn 14 darstelle.

Zusammen mit den anderen Sprechern war der Farsleber schon bei verschiedenen Ämtern und Behörden vorstellig, hat sich den Antrag der Firma besorgt und durchgearbeitet. Bauchschmerzen haben die Anwohner auch, " weil die Entfernung der Deponie zur Gewerbebebauung 500 Meter, zum Spielplatz 750 und zur Wohnbebauung 800 Meter beträgt ". Die Deponie, die mit einer Laufzeit von 42 Jahren ab 2011 geplant ist, umfasst laut Kiesgruben-Betriebsleiter Carlo Hinze " eine Fläche von 20 Hektar und misst im Baufeld Ost am höchsten Punkt 15 Meter, im Baufeld West maximal 13 Meter mit Abflachungen zu allen Seiten ". Hinze erhielt, genau wie Heinz Jasniak, sowohl im Ortschaftsrat Mose am Montag, im Bauausschuss am Dienstag und am Mittwoch vor dem Ortschaftsrat Farsleben Rederecht und konnte so einige erklärende Worte zum Antrag sagen.

" Wir wollen keine Mülldeponie zur Annahme giftiger Abfälle bauen ", so der Betriebsleiter. " Unser Ziel ist die langfristige Fortführung des Sandabbaus und nach Auskiesung eine ordnungsgemäße Verfüllung mit zugelassenen mineralischen Stoffen, zum Beispiel Boden, Bauschutt und Schlacke ", schrieb Hinze in einem Brief an die Stadt- und Ortschaftsräte. Er verwies darauf, dass sein Unternehmen die Verantwortung für alle Mitarbeiter und die Anwohner ernst nehme und er selbst die Einhaltung gesetzlicher Vorschriften verspreche. Schließlich würde er – wohnhaft in Zielitz und mit Blick auf das Betriebsgelände – auch keinen Giftmüllberg vor der Tür wollen.

Stadt gibt Gutachten über Stoffe in Auftrag

" Wenn wir Stoffe annehmen, werden wir Proben fordern, das erledigen Analyse-Institute. Zusätzlich wird es eine Sichtprobe durch den Wiegemeister und eine beim Abkippen geben, und wir werden Rückstellproben nehmen, die aufgehoben werden ", entgegnete Hinze den Kritikern. Albrecht Greiser ( SPD ) hatte auf der Sitzung des Bauausschusses darauf hingewiesen, wie umfangreich beispielsweise im Kaliwerk die Prüfung von Stoffen erfolgt, bevor diese angenommen werden.

Bürgermeister Dr. Hans-Jürgen Zander erlebte am Mittwoch im Farsleber Ortschaftsrat erstmals persönlich die emotionsgeladene Diskussion und versuchte, diese zu versachlichen. Er erklärte den erschienenen Anwohnern, dass man sich derzeit noch vor jedem öffentlichen Verfahren befinde und die Stadt in dieser Angelegenheit nicht der Entscheider sei. " Die zuständige Behörde ist der Landkreis mit seiner Unteren Abfallbehörde. " Dennoch sei die Verwaltung als Träger öffentlicher Belange um eine Stellungnahme gebeten worden, die bis Anfang März abgegeben werden muss. " Momentan liegt schon ein Entwurf vor, den wir in den politischen Gremien diskutieren und die Anregungen dann einarbeiten ", so Zander.

Umleitung vom Kaliwerk zur B 189 wird geprüft

Um die Klassifizierung der im Antrag angegebenen Stoffe nachvollziehen zu können, hätte man ein Gutachten bei einem Magdeburger Experten beauftragt, das bis zur Stadtratssitzung den Mitgliedern zur Kenntnis gegeben würde. Im Entwurf ihrer Stellungnahme versagt die Stadt ihr gemeindliches Einvernehmen zur Errichtung der beantragten Deponie. Einer der Hauptgründe dafür ist, " dass derzeit die planungsrechtlichen Voraussetzungen dafür nicht gegeben sind und der Antrag damit den Zielen der Gemeinde und dem öffentlichen Interesse widerspricht ", erläuterte Zander. Um eine Deponie errichten zu können, müsste der Flächennutzungsplan von Farsleben geändert werden. Das kann allerdings nicht mehr die Stadt in Eigenregie vornehmen, sondern muss vom Stadt-Umland-Zweckverband Magdeburg vorgenommen werden.

Natürlich sind in der Stellungnahme der Stadt auch Bedenken zum Vorhaben geäußert, die über die Formalitäten hinausgehen. So sei die geplante Abholzung von 70 000 Quadratmetern Wald ein enormer und nachhaltiger Eingriff in die Natur. Zu befürchten sei ebenfalls, dass es zu einer erheblichen Zunahme des Schwerlastverkehrs kommt.

Diesen Punkt befürchten vor allem die Moser, rollen doch die Lkw der Kiesgrube schon jetzt überwiegend durch Neumose zur B 189. Die Belastung durch Lärm, Staub und Abgase würde sich nach Realisierung der Pläne vervielfachen. Im Ortschaftsrat Farsleben wurde bereits vor Jahren darüber diskutiert, vom Zielitzer Kaliwerk über die Kiesgrube und Ackerflächen zur B 189 eine Umgehungsstraße zu bauen, welche die angespannte Verkehrssituation und die Belastung mit Staub und Abgasen in Neumose entschärfen könnte. Zander erklärte, dass es mittlerweile schon Gespräche mit dem zuständigen Minister und dem Landkreis gegeben hätte und man derzeit dabei wäre, die Finanzierung zu klären.

Hinze erklärte abschließend, dass man von Seiten des Unternehmens her willens sei, die 12 Hektar Ersatzpflanzungen für die 7 Hektar abgeholzten Wald auch im Bereich Wolmirstedt vorzunehmen. Die Entscheidung darüber fällt aber die Naturschutzbehörde.

Da die anwesenden Bürger laut Geschäftsordnung im Ortschaftsrat Farsleben kein Rederecht erhielten, machte Ulrich Borgsdorf ( UWG ) den Vorschlag, auf Webers Hof eine Bürgerversammlung durchzuführen. Diesem Antrag folgten die Ortschaftsräte einstimmig. Ein Termin für diese Zusammenkunft, auf der dann Fragen gestellt werden können, wird noch festgelegt und bekannt gegeben.