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Ausgewandert : Ehemalige Haldensleberin und ihren Mann hat es im Rentenalter nach Schweden verschlagen Ein neues Leben im Land der Elche begonnen

Von Ivar Lüthe 29.07.2009, 07:02

Von Haldensleben nach Schweden : Was für so manchen ein Traum ist, hat Helga Knitter wahr gemacht. Gemeinsam mit ihrem Mann Günter ist die ehemalige Haldensleberin im Rentenalter ins Land der Elche ausgewandert und hat ein völlig neues Leben begonnen. Nach gut eineinhalb Jahren spricht sie über die Küste Mittelschwedens bereits von ihrem neuen Zuhause.

Haldensleben / Docksta. Helga Knitter spricht heute noch von ihrem geliebten Haldensleben. Und doch hat sie ein neues Zuhause gefunden – 1700 Kilometer entfernt von Haldensleben. Das kleine Örtchen Docksta direkt am Bottnischen Meerbusen Mittelschwedens ist ihre neue Heimat. Im Rentenalter von 63 und 65 Jahren haben Helga Knitter und ihr Mann Günter den Schritt gewagt und sind ausgewandert. Noch vor kurzem hatten sie sich das überhaupt nicht vorstellen können.

Viele Jahre ( mit eigener Schulzeit eingerechnet mehr als 34 ) arbeitete Helga Knitter, damals noch Zander, an der heutigen Grundschule Otto Boye in Haldensleben. In zweiter Ehe verschlug es sie zunächst ins altmärkische Liesten bei Salzwedel. Damals verließ sie die Rolandstadt schon mit " gemischten Gefühlen ", wie sie sagt. Dass es sie einmal noch viel weiter verschlagen wird, war da längst noch nicht abzusehen.

Den ausschlaggebenden Punkt, auszuwandern, gab ihre Tochter Ina. Sie und ihr Mann fassten 2007 den Entschluss, nach Schweden auszuwandern. Als Mutter kümmerte sich Helga Knitter natürlich auch mit um die ganzen Vorbereitungen. " Wir waren sehr neugierig und verfolgten jeden Schritt ", erzählt Helga Knitter. Als sie und ihr Mann die Häuser, deren Preise und die herrlichen Gegenden im Internet sahen, packte auch sie das " Fieber ". Nach und nach sahen Helga und ihr Mann die Recherchen im Internet " mit ganz anderen Augen ".

Die Auswanderer waren mittlerweile in ihrem Wunschland angekommen, in Deutschland hingegegen nahmen die Tagträume von Helga und ihrem Mann mehr und mehr Formen an. Nach einem Besuch bei ihrer Tochter im Mai 2007 ließ das " Schwedenfieber " die Haldensleberin nicht mehr los. Mit einem deutschsprachigen Makler in Schweden wurden schon Häuser ausgesucht, der nächste Urlaub führte Knitters sowieso nach Schweden. Und dann kam, was augenscheinlich nicht mehr abzuwenden war – der Entschluss, auszuwandern, stand fest. Mit ihren beiden Söhnen Jörg-Henry und Ingolf Zander, die heute noch mit ihren Familien in Haldensleben wohnen, wurde der Familienbeirat einberufen. Begeistert waren sie anfangs zwar nicht gerade, sagt Helga Knitter, aber beide halfen und unterstützten die " Auswanderer ", wo sie konnten. Und so wurde das Haus in Liesten verkauft und ein schnuckeliges rotes Schwedenhaus gesucht.

" Der Hauskauf in Schweden ist unkompliziert. Wir zahlten zehn Prozent an, in unserem Fall sagenhafte 3 450 Euro, alles andere wurde dann beim Einzug erledigt ", berichtet die Haldensleberin. Der 28. Februar 2008 war dann der große Tag : Das Möbelauto vom Umzugsunternehmen kam und " verschluckte " all das Hab und Gut der Knitters. Am darauffolgenden Tag hatten sie dann ihre neue Heimat erreicht : Docksta in Dynäs. Nur knapp 40 Einwohner leben hier. " Ganz Schweden hat nur 9 Millionen Einwohner. Dabei verringert sich die Bevölkerungsdichte erheblich, je höher man nach Norden schaut. Die 40 Dynäs-Einwohner verteilen sich vergleichbar auf einer Fläche, die beinahe halb so groß ist wie Haldensleben ", sagt Helga Knitter.

Ein Traum in weiß erwartete die Auswanderer in Schweden. Die Einheimischen gaben den " Neuen " gleich das Gefühl, willkommen zu sein. " Wenn sie merken, dass man sich auch sprachlich versucht, kommen sie auf einen zu und verblüffen mit ihrer Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft. Es ist hier üblich, dass man Hilfe anbietet. Aber nur einmal. Das gilt dann für immer, man muss sich nur melden ", berichtet die Neu-Schwedin.

An so manches mussten sie sich jedoch erst allmählich gewöhnen. Abgesehen vom Erlernen der Sprache (" Wir sind ja auch nicht mehr die Jüngsten "), sei es schon recht gewöhnungsbedürftig gewesen, dass es im Winter erst so gegen 9. 30 Uhr hell wird und schon um 14 Uhr wieder dämmert, was durchaus auch zu Schlafproblemen führt.

In der dunklen Jahreszeit gibt es in Schweden eine bezaubernde Tradition : Mit einsetzender Dunkelheit leuchten in fast allen Fenstern kleine Lämpchen. Damit wollte man früher ( und auch heute ) verirrten Wandersleuten zeigen : " Hier seid ihr willkommen, hier findet ihr Geborgenheit ".

Auch mit Blumen und Gemüse, Helga Knitters Hobby ist der Garten, ist es in Schweden klima- und witterungsbedingt etwas anders als in Deutschland. " Die Kartoffeln kommen erst nach dem 1. Juni in die Erde, mit Blumen ist es etwas ganz Eigenes. Man muss eben geduldig sein ", sagt Helga Knitter.

Auch Winter mit Minusgraden bis 27 Grad Celsius und 80 Zentimeter Schnee im Durchschnitt sind für Mitteleuropäer gewöhnungsbedürftig. " Aber in unserem Holzhaus ist es mollig warm ", sagt die heute 64-Jährige.

Immer wieder fasziniert sind die Auswanderer von der unglaublichen Stille und der sagenhaften Landschaft : viele kleine Fischerdörfer mit idyllischen Häfen und Bootshäusern, fache Felsengebiete mit angrenzenden, vom Sturm zerzausten Wäldern, das offene Meer. " Mit etwas Glück kann man auch Elche, Rentiere, Rehe, Biber oder Luchse beobachten. Auch Bären gibt es hier ", weiß Helga Knitter von ihrem Nachbarn.

All die bangen Gedanken, ob das " Rentner-Abenteuer " auch gut gehen würde, sind längst verflogen. Knitters sind mittlerweile richtige Einwohner von Docksta geworden und fühlen sich pudelwohl. Schnell haben sie sich dem gemächlichen schwedischen Tempo und der Mentalität angepasst. Den Kontakt nach Deutschland und Haldensleben halten sie mit gegenseitigen Besuchen und moderner Technik. Dem Internet sei Dank, kann Helga Knitter mit einer kleinen Webcam so unter anderem sehen, wenn ihr ihre sechsjährige Enkelin Laura in Haldensleben am Keyboard etwas vorspielt.

" Wenn uns jemand fragt, ob wir wieder nach Deutschland zurückkehren würden, dann antworten wir :, Wenn alles so bleibt, dann keinesfalls !‘ Und selbst wenn wir nicht bis zum Ende durchhalten – was wir uns nicht vorstellen können –, dann könnte uns niemand dieses Glück und die herrliche Zeit hier nehmen ", sagt Helga Knitter. " Und wer nicht glauben will, wie traumhaft es hier ist, der kann von Herzen gerne kommen, sich selbst davon überzeugen und sich erholen ", lädt die ehemalige Haldensleberin ein. Denn Knitters vermieten mittlerweile auch Ferienzimmer ( knitter-liesten@arcor.de )

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