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Erste Veranstaltung zur 1000-Jahr-Feier in der Bibliothek Wer mag schon seine Kochrezepte in Stein meißeln?

Von Gudrun Billowie 05.05.2009, 07:02

Wolmirstedt. Es sind noch 27 Tage bis zum off ziellen Beginn der Feierlichkeiten zur 1000-Jahr-Feier. Doch schon gestern erlebten Leseratten in der Stadtbibliothek die erste Veranstaltung in diesem Rahmen. Kinderbuchautor Jens Reinländer erzählte von der Entstehung der Schrift.

" Stellt euch vor, ihr müsst eine Geburtstagseinladung in Stein meißeln ", sagte Jens Reinländer zu den Kindern der zweiten Klasse der Diesterweg-Grundschule. Die Vorstellung war gar nicht so schwer, denn der Kinderbuchautor hatte ein Bild dazu mitgebracht. " Aber das Schlimmste kommt ja noch. Ihr müsst diese Einladung dann auch noch zur Post bringen !"

Auf solch anschauliche Weise ließen sich die Mädchen und Jungen eine Menge über die Entstehung der Schrift erzählen. Der sächsische Schriftsteller schöpfte vor allem aus seinem Buch " Warum ist ein A nicht krumm und ein O nicht so ... ?"

Daraus erzählte er die Geschichte zweier Königreiche. Magere Suppen haben das eine Volk spindeldürr gemacht, Drei-G änge-Menüs fütterten das andere Volk dick und rund. Ein Austausch der Kochrezepte scheint alle zu retten. Also treffen sich die Könige auf einem Berg und verraten sich die Zutaten ihrer Lieblingsspeisen. Doch wie soll man sich die alle merken ? Die Köche meißeln die Bilder in Steintafeln. Für Eisbein stehen ein Eis und ein Bein, die Marmelade erklärt ein Topf. Das Dumme ist nur, dass die Köche vor lauter Rezepte meißeln gar keine Zeit mehr zum Kochen haben. Und so werden die Bilder immer weiter verknappt, bis schließlich die Buchstaben übrig bleiben. Ein O bleibt für die Olive, ein C ist das Rudiment der Chilischote. Die Kinder der Diesterweg-Schule wussten natürlich, wie viele Buchstaben sich schließlich zum Alphabet zusammen fügen und dass schon auf Tafeln geschrieben wurde, bevor Papier als Schriftträger diente. Und sie waren dem Autor auf seiner einstündigen Veranstaltung sehr aufmerksam gefolgt.

Der war danach allerdings ziemlich außer Atem. Kein Wunder, denn Jens Reinländer hatte nicht still am Tisch gesessen und gelesen, sondern war eher in Komikermanier auf und ab gesprungen und hatte die Geschichte quasi mit dem ganzen Körper erzählt. Er nennt sein Programm und sich selbst " Bücherwurmdompteur ", und so lebendig wollte er seine Veranstaltung auch begriffen haben. " Man kann sich in jedem Beruf verschleißen ", sagte er, als die Kinder gegangen waren, " aber bei Kinderveranstaltungen macht es besonders viel Spaß. "

Jens Reinländer hat bisher 13 Kinderbücher im Frankfurter Baumhaus-Verlag veröffentlicht, bestreitet deutschlandweit über 150 Veranstaltungen im Jahr. Bevor er das Schreiben als Beruf begriff, war der 44-J ährige zur See gefahren, war Bergmann gewesen, reparierte Motorräder und hatte im Verlag gearbeitet. Das Schreib-Handwerk studierte er ein paar Semester am Literaturinstitut Leipzig.

" Die Veranstaltung war die ganze Zeit toll ", sagte Laura, nachdem sie sich ein Autogramm geholt hatte. Am Abend erzählte Jens Reinländer seine Geschichten in der Museumsscheune. Da waren ganze