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Ornithologe findet bei Bornum Vogel-Kadaver mit abgeschlagenen Füßen Straftat: Mit Tellereisen auf Habicht-Jagd

Von Thomas Drechsel 20.02.2013, 01:16

In der Nähe von Bornum wurde ein toter Habicht ohne Füße gefunden. Der Vogel war zweifellos in eine Tellerfalle geraten. Deren Benutzung gegen geschützte Arten ist grundsätzlich verboten. Die Polizei ermittelt.

Zerbst l "Wie vor 100 Jahren!", schimpft Ornithologe und Naturschutzhelfer Hartmut Kolbe aus Roßlau. Seit Jahrzehnten schon ist der Mann in der Vogelwelt unterwegs, kennt auch die Region Zerbst wie seine Westentasche.

Vor genau einer Woche fand er nahe Bornum einen toten Habicht auf dem Schnee eines Ackers. "Beim genaueren Hinschauen fand ich einen Junghabicht aus dem letzten Sommer mit abgeschlagenen Füßen." Kolbe wusste sofort, woher die Verletzung stammt: "Das ist das Ergebnis für den beabsichtigten Fang eines Greifvogels mit einen sogenannten Tellereisen, wie es Ornithologen aus südlichen Ländern kennen."

Fang war kein Zufall: Tellereisen aufgestellt

Kolbe ist sich recht sicher, dass jemand aus dem nahen Bornum das Schlageisen ausgelegt und mit einem lebenden oder toten Haustier beködert hat. "Dem anfliegenden Habicht werden durch die Wucht der zuschlagenden Bügel die Beine durchschlagen, zumindest aber gebrochen. Vermutlich hat sich der Vogel in seiner Todesangst die Sehnen zerrissen und ist zum nahen Feld abgeflogen, wo er dann verblutet oder verhungert ist", schildert Kolbe den letzten Teil der verbotenen Angelegenheit.

Das Anwenden von Trittschlageisen ist in Deutschland strafrechtlich verboten. Laut Bundes-Naturschutzgesetz ist "das Nachstellen, Fangen, Verletzen oder Töten von wildlebenden Tieren der besonders geschützten Arten (dazu gehört auch der Habicht) verboten, zählt Andreas Rößler auf. Er leitet das zuständige Amt für Naturschutz, Forsten und Abfallwirtschaft des Landkreises. Einen derartigen Fall habe er persönlich bislang noch nicht erlebt. Rößler ist selbst Ornithologe, und er ist auch Jäger. Er weiß, was hier und dort in den Dörfern gemunkelt wird. "Ich kann mir gut vorstellen, dass auf den Bauernhöfen hier und da noch immer die alten Fallen vom Großvater vorhanden sind. Solange jedoch kein konkreter Tatverdacht gegen eine konkrete Person besteht, darf keine Personengruppe pauschal beschuldigt werden. Es kann aber grundsätzlich nicht sein, dass jemand ein Tier einer streng geschützten Art einfach so auf die althergebrachte Art tötet. Das ist eine schwere Straftat." Der Amtsleiter wird Strafanzeige stellen. Verstöße wie dieser sind mit Freiheitsentzug von bis zu fünf Jahren belegt. "Vielleicht gibt es ja Hinweise aus der Bevölkerung." Diese können an das Naturschutzamt, Telefon (0 34 96) 60 13 10, gerichtet werden.

Rößler spricht aber auch von Kompromissen, wie sie Angler und Jäger ständig finden müssen, um ihre Hobbys auf überschneidenden Gebieten dennoch ausüben zu können. Und wie sie auch Geflügelhalter eingehen. Erst recht Geflügelzüchter, bekräftigt Hermann Stephan. Der Vorsitzende des Rassegeflügelzuchtvereins Zerbst und Umgebung 1881 e. V. ist ganz rigoros: "Es gibt keinen berechtigten Grund, Raubvögeln nachzustellen. Wenn jemand ein Tellereisen aufstellt, um eine Ratte zu fangen, dann muss sie so sicher sein, dass kein anderes Tier sich darin verfängt."

Wenn Geflügelzüchter ihre Tierbestände schützen wollen, dann müssen sie das mit baulichen Mitteln machen. "Oder sie setzen optische und akustische Mittel ein, um die Tiere zu vergrämen", plädiert Stephan für die gute alte Vogelscheuche, vielleicht aufgepeppt mit knatternden oder wackelnden technischen Rafinessen. Der Geflügelzüchter kann sich nicht vorstellen, dass ein Vereinsmitglied sich altüberlieferter Fang-Praktiken bedient.

Mensch und Natur müssen Kompromisse finden

Offenbar hat mindestens einer im Bereich Bornum keine Lust auf Kompromisse. Der tote Habicht ist deutlicher Beweis für den Verstoß gegen Gesetzlichkeiten. Was meint Ortsbürgermeister Mario Rudolf? "Gutheißen kann man das nicht. Ich sehe keine Notwendigkeit für solch drastische Maßnahmen." Rudolf weiß, dass nicht jeder seine Meinung teilt. Das Zusammenleben mit dem Biber wäre ein Beispiel. "Ich habe schon beschädigte Biber-Dämme gesehen. Ich finde, man muss immer einen Weg suchen, wie die Natur und die Menschen miteinander leben können", findet er. Grundsätzlich seien Konflikte bei den Landwirten und sicherlich auch unter den Geflügel- und Taubenhaltern unterschwellig immer Thema.