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Amtsgericht Zerbst verhandelt sexuellen Missbrauch eines Kindes Was geschah zwischen Vater und Tochter in dieser Nacht?

Von Tobias Dachenhausen 02.11.2010, 05:18

Hat ein 61-jähriger Zerbster mit seiner Tochter geschlafen? Waren es nur Streicheleinheiten oder ist gar nichts passiert? Diese Fragen musste sich das Amtsgericht Zerbst bei der gestrigen Verhandlung stellen. Zum Teil widersprüchliche Zeugenaussagen erschweren die Urteilsfindung, die auf den 19. November verschoben wurde.

Zerbst. Zu Beginn der Verhandlung machte Richterin Katrin Benedict dem Angeklagten klar, dass er seinen Kindern viel Kummer ersparen könnte, wenn er sich schuldig bekennt. "Ich gebe nichts zu, was ich nicht getan habe", verteidigte sich der Zerbster.

Was war geschehen? In der Nacht zum 20. September 2009 hatte der Angeklagte Besuch von seinen beiden Kindern Sarah* und Christoph sowie von seiner Stieftochter Janin und ihrem Freund Karsten. Allesamt haben in der Wohnung des 61-Jährigen übernachtet. Aufgrund von Platzproblemen musste die damals 14-jährige Sarah bei ihrem Vater im Bett schlafen. Hier sei es, laut Anklageschrift, zu einvernehmlichen sexuellen Handlungen gekommen.

"Ich saß in meinem Zimmer und habe ferngeschaut, da kam sie rein und hat mich abgeknutscht. Danach habe ich sie zurechtgewiesen. Sie war sehr betrunken", erklärte der Angeklagte. Vor dem Vorfall haben die Jugendlichen ein paar Bier und Mixgetränke getrunken, davon habe der Zerbster aber nichts mitbekommen. Eigentlich sollte es ein fröhliches Treffen werden, das die Familie zusammenführen sollte. Sowohl die leiblichen Kinder als auch die Stieftochter sind in Heimen untergebracht und besuchen nur ab und zu ihren Vater.

Auch das Opfer, welches in Abwesenheit des Angeklagten befragt wurde, bestätigte im weitesten Sinne die Angaben im Vorfeld des Geschehens. Im Schlafzimmer, sagte sie aus, schlief ihr Vater bereits auf der Seite, sie hatte sich daneben gelegt und ist später wieder aufgewacht, drehte ihren Vater um, küsste ihn und streichelte seinen Bauch. "Nein", sagte sie auf die Nachfrage der Staatsanwaltschaft Dessau-Roßlau ob es zum Sex gekommen sei. "Ich weiß, ich habe einen Fehler gemacht", gestand sie ein.

"Ich weiß, ich habe einen großen Fehler gemacht."

Publik wurde der Vorfall durch die Stieftochter, die das Gespräch zwischen Sarah und ihrem Vater belauschte, es ihrer damaligen Pflegemutter mitteilte und die brachte es dann zur Anzeige. Schon der ganze Tag kam Janin merkwürdig vor. "Sarah hing an ihrem Vater wie eine Klette", sagte sie. In der Nacht konnte sie dann das Gespräch der beiden belauschen. "Keine Angst, ich werde schon nicht schwanger" oder "Wo hast du die Kondome?", hätte sie durch die Zimmertür gehört. Zwischendurch sei Sarah durch das Durchgangszimmer ins Bad und habe etwas geholt. Was, konnte die Zeugin allerdings nicht erkennen. Vom Angeklagten hörte sie nur: "Ich kann das nicht." Am nächsten Morgen konfrontierte Janin ihre Stiefschwester mit dem Gehörten. Sie hat gleich angefangen zu weinen und gefragt, ob ich sie jetzt hasse."

Der Psychologe Dr. Steffen Donner, der für Janin ein Glaubwürdigkeitsgutachten erstellen sollte, konnte keine Lügen feststellen. "Sie war auch in der Verhandlung ruhig und sachlich und verwendete keine Klischees", erklärte er und gab den Hinweis, die Aussage für die Urteilsfindung zu nutzen. Nach einem kurzen Rechtsgespräch zwischen Verteidigerin, Richterin und Staatsanwaltschaft kam man zu dem Schluss, den Sohn des Angeklagten und die ehemalige Pflegemutter von Janin noch anzuhören. Somit wird das Urteil erst bei der Fortsetzungsverhandlung am 19. November verkündet.

*(Namen der Betroffenen und Beteiligten v. d. Red. geändert)