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Grundhafter Ausbau der Schleibank und Umfeldgestaltung St. Nicolai / Architekt Hans-Georg Brosig: "Nicolaigarten soll das Bauwerk würdigen"

Von Thomas Drechsel 06.11.2010, 04:18

Der Bereich zwischen Markt und Heide gilt als bürgerliches Zentrum der Stadt Zerbst und war dies auch über viele Jahrzehnte. Die Zerstörung 1945 beendete diese Funktion. Heute versucht die Stadt, den freien und unwirtlichen Bereich zwischen den Kirchen St. Nicolai und St. Trinitatis angemessen zu gestalten. Den Auftrag hierfür erhielt das Architekturbüro Brosig& Mengewein und Partner. Die "Volksstimme" sprach mit Hans-Georg Brosig zu seinem Gestaltungsentwurf.

Zerbst. Was liegt Hans-Georg Brosigs Entwurf zugrunde? Vor allem hat er einen "Nicolaigarten" entworfen. Dieser bildet "ein grünes und beruhigendes Bindeglied zwischen Markt und Heide. Das Umfeld der Ruine St. Nicolai muss selbständige Raumqualität aufweisen und sich von der Gestaltungsauffassung und Funktionalität des Marktplatzes und der Heide unterscheiden."

Anfang September stellten drei Architektur- bzw. Planungsbüros Gestaltungsvorschläge für den Bereich zwischen Markt und Heide – die Schleibank und der Bereich zwischen St. Nicolai und St. Trinitatis – vor. Hans-Georg Brosig erhielt den Zuschlag. Er hatte bereits ersten Kontakt zum Projekt mit der Denkmalbehörde. "Dort wird der Entwurf als gut und angemessen betrachtet, natürlich vorbehaltlich konkreter Beurteilungen im Planungsverlauf", so Brosig gestern.

Flächeneigentümer sind die Stadt Zerbst, teils mit ihrer Bau- und Wohnungsgesellschaft, und die Ev. Kirchgemeinde St. Trinitatis/St. Nicolai. Deren Intentionen sind ganz wesentliche Maßgaben, doch "ich bin auch an den Vorstellungen der Bürger interessiert. Das kann natürlich kein Wunschkonzert sein, die planerische Grundidee muss erhalten bleiben, manche Details sind unverzichtbar. Dennoch können die Vorstellungen und Wünsche künftiger Nutzer vor allem jetzt Einfluss auf die spätere Ausführung haben." Brosig erwägt eine öffentliche Präsentations- und Diskussions- veranstaltung, zudem aber Einzelgespräche beispielsweise mit den Bewohnern/Besitzern der nördlich an die Nicolaikirche angrenzenden Wohnblöcke.

Nicolaigarten

Symbolische Schatten der Strebpfeiler der gotischen Hallenkirche St. Nicolai sollen mit gebrauchten natürlichen Pflastermaterialien wie Großsteinpflaster und Granitplatten in der jeweiligen Breite der Pfeilervorlagen von 1,20 bis 1,60 Meter streng strahlenförmig den "Nicolaigarten" gliedern und die gewaltige Baumasse der Türme und des Schiffes in den Freianlagen widerspiegeln. Sorgfältig ausgewählte Staudenbeete und Rasenflächen in Verbindung mit einem frei geformten Rundweg sollen das Gebiet um die Kirche harmonisch ordnen.

"Hier ist durchaus auch interaktiv Bürgerengagement gefragt und gewünscht, um gemeinsam mit den Eigentümern und Nutzern sowie dem Architekten an der Gestaltung von Flächen mitzutun. Beispielhaft ist ein Pflanzenlabyrinth vorgeschlagen, dessen Detailgestaltung eine spannende Aufgabe und Herausforderung bedeuten kann", erklärt Brosig.

"Das als Garten gestaltete Umfeld der Nicolaikirche soll das Bauwerk würdigen und die Erlebbarkeit der historischen Baumasse befördern." Dies unterstützt ein geschwungener umlaufender Weg, gesäumt von kleinkronigen Laubbäumen. Er verbindet das Baumkarree des oberen Marktplatzes, den neuen Vor- und Eingangsplatz an den Westtürmen der Nicolaikirche, die Sitzlandschaft und Bushaltestelle hin zur Kirche St. Trinitatis.

St. Nicolai soll künftig für Fahrzeuge nur noch über die Schleibank erreichbar sein. Deren zweistreifiger Ausbau ist barrierefrei und verkehrsberuhigt mit einer Breite von sechs Metern geplant. Eine Verbindung zu Markt und Bäckerstraße ist nicht vorgesehen. Pkw-Stellplätze sind an der Südseite der Straße Schleibank angeordnet und mit separatem Fußweg begleitet.

Zwischen Nicolaigarten und St. Trinitatis, im Bereich des einstigen Spielplatzes, hat Brosig kleine "Berge" zu Sitzen errichtet. Die Bushaltestelle bekommt Überdachungen mit unregelmäßigem Kantenverlauf. Die Haltestelle ist grundhaft und barrierefrei so auszubauen, dass der Bereich nach eventueller späterer Verlegung der Bushaltestelle ohne weitere Umbauten seine Funktion als Übergang zwischen Nicolai-garten und St. Trinitatis erfüllen kann.

Materialien, Technik

Die technische Ver- und Entsorgung des Umfeldes der Nicolaikirche und der aus- zubauenden Verkehrsfläche Schleibank mit Abwasserleitungen und Elektroanschlüssen für Freiflächen- und Straßenbeleuchtung ist gegeben und muss in Teilen erneuert werden, sagt Brosig. Die Beleuchtung im Bereich des Nicolaigartens setzt in seinem Entwurf neben der Wegbeleuchtung auch die Umfassungswände des Langschiffes und die Turmfront der Kirchenruine in Szene. Pollerleuchten entlang der Wegführung und Einbaustrahler in den genannten Pflasterstrahlen sind hierfür vorgeschlagen.

Im Bereich der Schleibank und der Sitzlandschaften sind Lichtstelen mit angepasster Lichtpunkthöhe angemessen. Die freien Überdachungen der Bushaltestelle bekommen am Dachrand integrierte umlaufende Leuchten.

Die Sitzlandschaften zum Verweilen und Besteigen sollten aus Materialien mit ebener Oberfläche wie Sandstein oder auch durchgefärbtem Beton bestehen, um keine optische Konkurrenz zu den Fassaden der beiden Kirchen aufkommen zu lassen. Sitzbeläge aus Holz können Teilflächen ergänzen.

Die Gehwege im Nicolaigarten, die Fläche vor den Nicolaitürmen (künftiger Eingang) sowie die Flächen zwischen den gepflasterten Strahlen im Bereich der Sitzlandschaften sind als sandgebundene Beläge wie aktuell bereits die Baumgruppe hinter dem Roland vorgeschlagen.

Fahrbahn Schleibank

Die Schleibank sollte Asphaltbelag erhalten, allerdings von Natursteinborden und Natursteinpflaster in den Parkbuchten eingefasst. Zur Nicolaikirche hin soll dann Natursteinpflaster eingesetzt werden. Brosig sieht die Möglichkeit, die Höhenunterschiede zum Umfeld der Nicolaikirche auszugleichen. So könnten generelle Barrierefreiheit und Verkehrsberuhigung erreicht werden.