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Von Kunstgenuss bis Kriegsgedanken

04.12.2013, 19:09

Im Alten Pfarrhaus Zeppernick hat die "Adventslese" begonnen. Bis kurz vor Heiligabend werden an den Wochenenden kleine literarische Happen gereicht. Am kommenden Sonnabend wird jedoch ausnahmsweise in das Loburger Gemeindezentrum eingeladen.

Zeppernick/Loburg l Wenn der Initiator der Lesereihe, Ludwig Schumann, und der Cellist Jens Naumilkat am Sonnabend, 7. Dezember, gemeinsam auftreten, soll für die interessierten Gäste genügend Platz sein. Daher werden ab 19 Uhr die Texte des Zeppernicker Autoren Schumann, begleitet von dem Musiker, im evangelischen Gemeindehaus vorgetragen. Jens Naumilkat ist der Sohn von Hans Naumilkat, der unter anderem den Titel "Unsere Heimat" verfasst hat.

Der Sohn hat freilich seinen eigenen Weg beschritten, arbeitete mit Barbara Thalheim und Mikis Theodorakis zusammen und leitet in Berlin das "Franz-Grothe-Streichquartett". Außerdem ist er Musiker in dem Ensemble "Amadeuskomplott", welches unter anderem die von Ludwig Schumann vorgetragenen Texte begleitet.

Das Programm in Loburg, in dem Wort und Musik sich ebenfalls mal umspielen, dann abwechseln, trägt den Titel "Träume" und beschäftigt sich mit dem Versuch, in Träumen ein ganzes Leben abzuschreiten. Um dem Titel der "Adventslese" gerecht zu bleiben, verspricht Ludwig Schumann auch zwei kleine Weihnachtsmärchen.

Edlef Köppen vorgestellt

Eröffnet hatten die diesjährige "Adventslese" bereits am vergangenen Sonnabend die Bewohner des Pfarrhauses, Heike und Ludwig Schumann mit Geschichten zum Advent.

Mit einem ungleich ernsteren Thema befasste sich am vergangenen Sonntag im Pfarrhaus der Stendaler Autor Albrecht Franke: Er stellte das unlängst von ihm herausgegebene Werk "Der Krieg brach wirklich aus" vor. Darin befassen sich gleich mehrere Autoren mit einem Buch des Genthiner Schriftstellers Edlef Köppen (1893-1939). Köppen schrieb nach dem 1. Weltkrieg im Jahr 1930 das Antikriegsbuch "Heeresbericht". Geschildert werden die Erlebnisse eines Kriegsfreiwilligen, der durch die Schrecken Krieges psychisch zusammenbricht. Der Roman wurde nach 1933 von den Nationalsozialisten als "schädliches und unerwünschtes Schrifttum" vermerkt.

Anlässlich der 100. Wiederkehr des Beginns des Ersten Weltkriegs luden der Stendaler Schriftsteller Albrecht Franke und der Pfarrer Klaus Peter Köppen - der Neffe Edlef Köppens - nun 36 deutsche Schriftsteller und Prominente ein, eigene Texte zum Buch "Heeresbericht", zum Schriftsteller Köppen oder zum Thema Krieg zu schreiben. Zu Wort kommen unter anderem Erich Weinert, Peter Sodann, Martin Meißner, Ludwig Schumann, aber auch zahlreiche Frauen: "Es sollten nicht nur Männer über den Krieg reden", erklärt Franke. Herausgekommen ist eine umfassende Anthologie mit Essays, Erzählungen, Gedichten, ja sogar Predigten und biografischen Texten, die geeignet ist, den weitgehend unbekannten Schriftsteller Edlef Köppen einer größeren Öffentlichkeit bekannt zu machen.

Die Idee zu dem Buch kam Albrecht Franke bereits in den 80er-Jahren, als ihm der "Heeresbericht" zufällig in die Hände fiel. "Das Buch ist mehr als nur expressionistisch und es steht in einer Reihe mit den Anti-Kriegsromanen von Erich Maria Remarque oder Ernst Jünger", sagt Franke. Mehr noch, es sei authentischer als Remarque, "weil Köppen das Grauen des ersten Weltkrieges tatsächlich erlebte und es sich nicht nur erzählen ließ."

Man könne das Buch "Der Krieg brach wirklich aus" durchaus lesen, ohne den "Heeresbericht" zu kennen, sagt Franke. Aber er sagt auch: "Köppen muss man lesen." Die, die an diesem Abend bei der Zeppernicker "Adventslese" dabei waren, haben Lust auf beide Bücher bekommen.

Albrecht Franke (Hg.) "Der Krieg brach wirklich aus" Gespräch mit und über Edlef Köppen, 382 Seiten. Mitteldeutscher Verlag HalleISBN 978-3-95462-190-3