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Unterwegs im Außendienst mit Marcel Kilz / Nicht nur "Knöllchenschreiben" Ob unerlaubt, ruhestörend oder herrenlos: Das Ordnungsamt kümmert sich drum

Von Manuela Langner 28.02.2014, 02:17

Von der Absperrung von Baustellen über die Obdachlosenunterkunft bis zur Wartung der Parkscheinautomaten sind die Mitarbeiter des Zerbster Ordnungsamtes für weit mehr zuständig als fürs "Knöllchenschreiben". Die Volksstimme begleitete Marcel Kilz einen Vormittag lang beim Außendienst.

Zerbst l Nur rechts abbiegen ist erlaubt. Darauf weist das Verkehrsschild 209-20 in der Straße Altbuchsland ausdrücklich hin. Autofahrer, die der vorgeschriebenen Fahrtrichtung folgen, sehen sich wenige Meter später mit einem Firmenschild konfrontiert, das Unbefugten das Betreten des Geländes untersagt. Wer am Rechtsabbiegen-Schild stehen bleibt und überlegt, auf der Straße vielleicht doch geradeaus weiter zu fahren, sieht in kurzer Entfernung das nächste Fahrtrichtungsschild. Hier ist nur erlaubt, geradeaus zu fahren. Ja, was denn nun?

Dass die Stadt die 209-90 aufgestellt haben könnte, hält Marcel Kilz für ausgeschlossen. Der Mitarbeiter des Zerbster Ordnungsamtes, der an diesem Vormittag im Außendienst unterwegs ist, vermutet viel eher einen unerlaubten Eingriff in den Straßenverkehr. Er fotografiert die unübersichtliche Situation, um sie später im Büro zu überprüfen. Denn für jedes Verkehrsschild, das in Zerbst aufgestellt wurde, muss es im Rathaus eine Unterlage geben, eine sogenannte verkehrsrechtliche Anordnung. Sehr wahrscheinlich ist, dass die 290-90 in Altbuchsland abmontiert wird.

Als "die Knöllchenschreiber" werden Marcel Kilz und seine drei Kollegen in der Öffentlichkeit wahrgenommen. Dessen sind sie sich wohl bewusst, dabei umfasst die Kontrolle des ruhenden Verkehrs nur einen kleinen Teil ihres umfangreichen Aufgabenspektrums. Während das Knöllchenschreiben insbesondere einem speziellen Außendienstmitarbeiter obliegt, kümmern sie sich um alles andere.

Sein erster Weg führt Marcel Kilz an diesem Morgen in den Meinsdorfer Weg. Die Villa an der Ecke Dessauer Straße verfällt immer mehr und wird gern als Abenteuerspielplatz von Kindern genutzt. Die Zahl leerstehender Gebäude, die niemand bewirtschaftet, steigt in Zerbst. Das Ordnungsamt hat zu herrenlosen Grundstücken inzwischen einen eigenen Ordner angelegt. Oft sind die Grundstückseigentümer auch über die Daten des Meldeamtes nicht mehr auffindbar oder in Insolvenz oder die Objekte haben einen Zwangsverwalter, der kein Geld hat.

An der Villa macht Marcel Kilz Beweisfotos, dass Grundstück und Gebäude nicht genügend gesichert sind. Wenn der Eigentümer nicht tätig wird, muss sich die Stadt drum kümmern - mit anderen Worten: der Steuerzahler.

Ein zweiter Problemfall ist im Moment die Ankuhnsche Mühle. "Das Gebäude steht leer und ist ständig offen", erklärt Marcel Kilz. Das verwitterte Absperrband der Polizei hält keinen mehr ab, das Grundstück zu betreten. Die angrenzenden Garagen stehen offen, der Müll sammelt sich, das Dach ist teilweise eingefallen. Der Eigentümer, der weit weg von Zerbst lebt, wird demnächst Post aus dem Rathaus erhalten. Entweder er sichert sein Grundstück endlich ordentlich oder die Stadt geht in Ersatzvornahme. Die Kosten muss er tragen.

Umfangreiche Aufgaben

Zu den Aufgaben des Ordnungsamtes gehört es zu kontrollieren, ob Satzungen wie die Straßenreinigungssatzung oder die Gefahrenabwehrverordnung eingehalten werden. Das Amt gibt vor, wie Baustellen eingerichtet werden: Wie können Fußgänger oder der fließende Verkehr umgeleitet werden? Ob die Baufirmen sich daran halten, wird natürlich auch überprüft.

Morgens werden regelmäßig die Parkscheinautomaten kontrolliert: Läuft der Akku noch? Ist noch genügend Papier vorhanden? Der Wochenmarkt muss mit Wasser und Strom versorgt werden. Parallel dazu haben die Ordnungsmitarbeiter einen Blick auf Hunde, die morgens gerne ohne Leine ausgeführt werden, was im Stadtgebiet nicht gestattet ist.

Immer häufiger muss sich die Stadt um Bestattungen kümmern. Gibt es keine Angehörigen oder weigern sich diese, die Beisetzung in die Wege zu leiten, muss die Stadt aktiv werden. Der Leichnam ist schließlich innerhalb von zehn Tagen zu bestatten. Das Prozedere, etwaige Angehörige ausfindig zu machen, diese anzuhören und notfalls zu zwingen, für die Bestattung aufzukommen, sei sehr aufwendig, berichtet Marcel Kilz. Inzwischen ist er unterwegs nach Jütrichau. Im Protokoll zur Ortschaftsratssitzung wird der schlechte Zustand der Bahnhofstraße beklagt und vorgeschlagen, auf das Zusatzschild "Nur für Lkw" unter dem Tempo-30-Schild zu verzichten. Der zweite Kritikpunkt - in den Verkehrsraum wachsende Sträucher - bestätigt sich nicht. Der Gehweg kann problemlos benutzt werden. Weiter geht es Richtung Straguth. Der Hinweis ist korrekt: Am ländlichen Weg Richtung Bonitz fehlt die Beschilderung. Die großen Entfernungen zwischen den Zerbster Ortsteilen sind der Grund, weshalb der Außendienst des Zerbster Ordnungsamtes häufig im Auto unterwegs und deshalb für den Bürger gar nicht so sichtbar ist.

Einige Aufgaben sind auch saisonabhängig. So treffen allmählich die Anträge für die Osterfeuer in den Ortsteilen ein. Vor allem im Sommer finden größere Veranstaltungen statt, die beim Ordnungsamt anzumelden sind. Je nach Größe und Besucherzahl entstehen Auflagen bezüglich Ordnern oder Rettungswegen, um die Sicherheit der Besucher zu gewährleisten.

Aber auch bei Zwangsräumungen wird das Ordnungsamt einbezogen. Die Betroffenen erhalten Tipps, wo sie Hilfe bekommen können. Kommt es dennoch zur Zwangsräumung und hat der Betroffene keine neue Bleibe gefunden, bleibt die Zerbster Obdachlosenunterkunft, die ebenfalls in die Zuständigkeit des Ordnungsamtes fällt. Derzeit gibt es keinen Bewohner dort.

Marcel Kilz, der während seiner Ausbildung in der Stadtverwaltung alle Ämter durchlaufen hat und seit 2010 im Ordnungsamt arbeitet, macht seinen Job sehr gern. "Jeder Fall ist anders." Er wisse morgens oft nicht, was der Tag alles bringen werde. Beispielsweise einen Anruf, dass ein freilaufender Hund einzufangen sei. Zur Arbeit in der Verwaltung gehört aber auch der Bereitschaftsdienst. Da kann jederzeit in der Nacht das Telefon klingeln, unter anderem wegen ruhestörenden Lärms. "Da fährt man jedes Mal mit einem unruhigen Gefühl hin, weil man nicht weiß, was einem erwartet."