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42 Jahre im Dienste der Feuerwehr - der Kamerad Siegfried Schellin aus Güterglück, Kreisverbandsvorsitzender a.D. Von der Pike auf bis zum Ehrenkreuz in Gold

Von Petra Wiese 21.05.2014, 03:20

1972 trat Siegfried Schellin in die Feuerwehr ein. 24 Jahre als Wehrleiter haben ihn geprägt. In drei Kreisfeuerwehrverbänden lenkte er die Geschicke.

Zerbst l Bei der Verbandstagung des Kreisfeuerwehrverbandes Köthen/Zerbst-Anhalt wurde Ende April ein neuer Vorstand gewählt. Tobias Möhsner trat die Nachfolge von Siegfried Schellin als Verbandsvorsitzender an. Für Siegfried Schellin war es von Anfang an klar, dass er den 2011 aus Köthen und Zerbst/Anhalt gebildeten Verband nur die eine, die erste, Wahlperiode führen würde. "Um den Verband ins Laufen zu bringen", so der Güterglücker. Mit 70 Jahren wolle er "langsam an sich denken".

Bis beim Amtsgericht alles ordnungsgemäß geregelt und der neue Vorsitzende unterschriftsberechtigt ist, amtiert Schellin weiter. Das kann sich bis Juli hinziehen. Selbst dann ist für ihn lange noch nicht Schluss mit Feuerwehr. "Ich habe meine Unterstützung auch weiterhin zugesichert", erklärt er. Er wird sowohl dem Vorsitzenden mit Rat und Tat zur Seite stehen, als auch den Vertrieb der Treuedienstmedaillen, Urkunden und Anstecker weiter führen. Wer sich mit Leib und Seele der Feuerwehr verschrieben hat, kommt eben nicht so ohne weiteres los.

In Anerkennung seines vielfältigen, umfangreichen und verantwortungsvollen Engagements wurde Siegfried Schellin zum Abschluss auf der Verbandstagung mit dem Deutschen Feuerwehr-Ehrenkreuz in Gold geehrt. Das ist nicht irgendeine Auszeichnung. Dass es die höchste Auszeichnung des Deutschen Feuerwehrverbandes ist, spricht für sich und für Schellin, der schon auf einige Ehrenzeichen, Ehrenstern und -kreuze stolz sein kann.

Über "Feuerwehr" könnte der Güterglücker ein Buch schreiben, Bände füllen. Zumindest zahlreiche Alben, die Schellins Frau mit Fotos von den Anfängen bis heute gefüllt hat, lassen die Entwicklung erkennen. Im Jahre 1972 trat Siegfried Schellin, der 1944 in Quedlinburg geboren wurde, in die Güterglücker Feuerwehr ein. Schellin absolvierte die Meisterschule und musste seiner "Gesinnung" Ausdruck verleihen. "Ich hatte die Wahl zwischen Kampfgruppe, Zivilverteidigung und Feuerwehr", erinnert er sich. Die Entscheidung fiel leicht: "Für die Feuerwehr habe ich mich schon immer interessiert."

Von der Pike auf erlernte Schellin alles rund um den Brandschutz und die Brandbekämpfung. Er qualifizierte sich zum Kraftfahrer, Maschinisten, Gruppenführer. 1982 löste er Helmut Puls als Wehrleiter in Güterglück ab. Zur Wende war der Meister in der chemischen Industrie, der im Hydrierwerk in Rodleben arbeitete, Unterbrandmeister. Ergänzende Ausbildungen waren nach der Wende notwendig, um die Lehrgänge aus DDR-Zeiten anzuerkennen. Der Zugführerlehrgang kam obenauf.

24 Jahre lang, bis 2006, bestimmte Siegfried Schellin als Wehrleiter maßgeblich die Geschicke der Güterglücker Feuerwehr. "Vier Fahrzeuge habe ich in Güterglück in Dienst gestellt", blickt er zurück. Als Mitglied der Alters- und Ehrenabteilung bleibt ihm heute zu hoffen, dass die jungen Leute, die jetzt bei der örtlichen Feuerwehr dabei sind, bei der Stange bleiben.

Die Feuerwehrleute sollten sich für ihre weitere Qualifikation einsetzen, gibt er den Nachfolgern mit auf den Weg und hofft dabei, dass es organisatorisch künftig vielleicht einfacher werden kann, Lehrgänge zu absolvieren. Vorrangig sieht er ein Problem in der Tageseinsatzbereitschaft bei den Freiwilligen Feuerwehren. Ausrücke- und Ausbildungsverbände bieten die Möglichkeit, die Situation zu entspannen.

Siegfried Schellin war neben seiner Wehrleitertätigkeit Wirkungsbereichsleiter Güterglück, später Abschnittsleiter, stellvertretender Abschnittsleiter und in weiteren Führungsfunktionen zu finden. Er gehörte nach der Wende zu den Initiatoren eines Kreisfeuerwehrverbandes. Nach Niedersachsen, Jever und ins Emsland war er vom Kreis aus zum Erfahrungsaustausch delegiert worden, um sich mit der Organisation der Verbandsarbeit vertraut zu machen.

1991 konnte der Verband Zerbst gegründet werden, neun Feuerwehren waren Gründungsmitglieder, Siegfried Schellin nahm den Vorsitz an. Worum sollte es dem Verband gehen? Schellin: "Um eine Vertretung der Feuerwehren gegenüber der Dienstschiene und darum, die Feuerwehren zusammenzubringen und das Kameradschaftsgefühl zu fördern." Darüber hinaus gehörte Schellin auch zu den Gründungs- mitgliedern des Landesfeuerwehrverbandes 1991, arbeitete sechs Jahre in der Geschäftsstelle des Landesverbandes mit.

Gern denkt Schellin an den 1. Kreisfeuerwehrtag 1992 zurück, der in Güterglück stattfand: "Ein riesengroßes Zelt aus Armeebeständen wurde aufgebaut, es gab Vorführungen und Wettkämpfe." Natürlich durfte das gemütliche Beisammensein mit Tanz nicht fehlen. "Es gab eine Pfannkuchenverlosung", weiß Schellin noch wie heute. In den Pfannkuchen waren Lose, der Hauptpreis war eine Wochenendreise.

Fast regelmäßig, einmal im Jahr, fanden die vom Verband organisierten Kreisfeuerwehrtage statt, in Loburg, Zerbst und Ladeburg, meist zu Jubiläen der Wehren.

Das Bestreben, in allen Belangen die Dienstschiene mit ins Boot zu holen, hat Siegfried Schellin bis zum Abschluss beibehalten. Mit der Bildung des Landkreises Anhalt-Zerbst 1994 musste sich auch der Kreisfeuerwehrverband verändern.

Es konnte eine Fusion der Verbände Roßlau und Zerbst erfolgen, der Wörlitzer Winkel kam hinzu. Wieder war Schellin Vorsitzender, nun des Kreisfeuerwehrverbandes Anhalt-Zerbst. Ein größeres Gebiet, mehr Mitglieder gehörten dazu, die Bereiche Roßlau und Wörlitzer Winkel waren komplettes Neuland. "Gemeinsam mit Kreisbrandmeister Otto Reichert sind wir zu allen Feuerwehren gefahren, um uns und unser Anliegen bekannt zu machen", so Siegfried Schellin. Mit Erfolg.

Es gab gute Kontakte untereinander, die Vorstandsmitglieder des Verbandes kamen aus allen Bereichen. Die Feuerwehren des Landkreises wuchsen zusammen. Kreisfeuerwehrtage wurden in Weiden, Vockerode, Wörlitz und der letzte in Garitz durchgeführt. "Alle Dinge, die wir angeschoben haben, wirken zum Teil heute noch", ist Schellin zufrieden.

Der Anhalt-Zerbster Verband musste nach der neuerlichen Gebietsreform aufgelöst werden, eine Fusion war diesmal nicht möglich. Der Zerbster Bereich schloss sich Köthen an, Siegfried Schellin wurde stellvertretender Vorsitzender. Wenn er von einer "heißen Phase" spricht, meint er das Bestreben, das es gab, die Verbände Köthen und Bitterfeld zusammenzuschließen zu einem Kreisverband Anhalt-Bitterfeld. Doch der Versuch, der fast drei Jahre dauerte, scheiterte am Veto der Mitgliedsfeuerwehren.

Der Verband Köthen-Zerbst/Anhalt gab sich eine neue Satzung, und Siegfried Schellin erklärte sich bereit, für die besagte erste Wahlperiode den Vorsitz zu übernehmen und wurde gewählt. Entsprechend der Satzung gehört neben der Pflege des Gedenkens des Freiwilligen Feuerwehrwesens, der Abhaltung gemeinschaftlicher Veranstaltungen und der Herstellung enger kameradschaftlicher Verbindungen unter den Feuerwehrmitgliedern, auch die Zusammenarbeit mit anderen Feuerwehrverbänden und allen am Feuerwehrwesen Interessierten und für diese verantwortlichen Stellen und Organisationen dazu.

Einen besonderen Stellenwert nimmt die Förderung und Betreuung von Kinder- und Jugendfeuerwehren ein. "Kinder- und Jugendarbeit sind unabdingbare Faktoren für den Erhalt der Feuerwehren", so Schellin. Der größte Teil des Nachwuchses komme aus diesem Bereich. Viele Kameraden in heutigen Führungspositionen sind aus der Jugendwehr hervorgegangen. Nicht zu vergessen, unterstützt der Verband auch die Förderung der Traditionspflege, der Feuerwehrhistorik, des Feuerwehrsportes und der Feuerwehrmusik.

Schnell ging die Amtszeit von Siegfried Schellin vorüber. Doch da der Abschied von Anfang an geplant war, konnte Schellin ohne Wehmut aufhören. Umso mehr freut es ihn, dass mit dem Kameraden Tobias Möhsner, der vorherige Verbandsjugendwart in seine Fußstapfen tritt.

Die Feuerwehr hat sein Leben bestimmt und geprägt. "Wenn ich nicht die Unterstützung und das Verständnis von meiner Frau und meinem Sohn gehabt hätte, hätte ich das nie machen können", ist der 70-Jährige dankbar. Welcher enorme Zeitaufwand dahinter steckte, ist nur für Gleichgesinnte nachvollziehbar. Privat baute die Familie 1978 ein Haus, das nicht wenig Arbeit machte. Schellin war später in der Gemeinde und in der Verwaltungsgemeinschaft Zerbster Land beschäftigt.

Wenn er die Entwicklung zurückverfolgt, denkt er an den Papierkram, der früher per Hand oder mit der Schreibmaschine erledigt werden musste. Dafür war vieles einfacher, was Vorschriften und Auflagen anging. Heute beherrscht Schellin die Computertechnik. Einen Lehrgang besuchte er dafür privat. Mit Internet und Mail geht heute alles schneller. Nun ist es an dem Güterglücker Kameraden und Kreisfeuerwehrverbandsvorsitzenden a.D., die Homepage des Verbandes zu betreuen, fortzuführen und regelmäßig zu aktualisieren - siehe www.feuerwehrverband-koethen-zerbst-ev.de.